KANBrief 2/14

Consultants warten auf erneuten Startschuss

Seit Anfang dieses Jahres ist das System der CEN/CENELEC-Consultants ausgesetzt. Die europäischen Normungsorganisationen und die Europäische Kommission konnten sich bisher nicht über die Fortführung des Rahmenabkommens über ihre Zusammenarbeit einigen, zu dem auch die Vereinbarungen zu den Consultants gehören. Damit fehlt ein wichtiger Baustein in der Qualitätssicherung für harmonisierte europäische Normen.

Auf der Grundlage eines Mandats der Europäischen Kommission erstellt, sollen harmonisierte europäische Normen die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der EU-Binnenmarktrichtlinien konkretisieren. Damit die Normen diesem Anspruch auch gerecht werden, unterstützen unabhängige Berater, die CEN/CENELEC-Consultants (Guide 15: Tasks and responsibilities of the New Approach consultants und KANBrief 3/10), die technischen Komitees (TCs) bei der Normerarbeitung (in Umsetzung von Artikel 10 (5) der EU-Normungsverordnung 1025/2012). Erläuterungen zur Richtlinie gehören ebenso dazu wie das Aufzeigen von Mängeln in den vorgeschlagenen Normanforderungen. Die Consultants prüfen, kommentieren und bewerten jeden Normentwurf, der auf ein Mandat zurückgeht. Besonderes Augenmerk richten sie darauf, dass der Anhang Z wie gefordert auflistet, welche Abschnitte der Norm welche grundlegenden Anforderungen der entsprechenden Richtlinien behandeln. Sowohl den TCs als auch der EU-Kommission sollen sie als Ansprechpartner bei Fragen zur Normerstellung zur Verfügung stehen.

Die Europäische Kommission veröffentlicht im EU-Amtsblatt nur Titel und Referenzen von harmonisierten Normen, die eine positive Beurteilung der Consultants erhalten haben. Diese Listung ist Voraussetzung für die Vermutungswirkung der harmonisierten Normen: Bei Erfüllung einer harmonisierten Norm wird die Erfüllung der durch die Norm abgedeckten Richtlinienanforderungen angenommen.

Die Erfahrung zeigt, dass die Arbeit der Consultants ein wichtiges Element der Qualitätssicherung der Normen darstellt und sie damit einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren des Neuen Ansatzes leisten. Normen im Schwebezustand – und nun? Die Consultants haben einen Vertrag mit CEN/ CENELEC, werden jedoch über eine Förderung der EU-Kommission finanziert. Die Vereinbarungen über ihre Arbeit sind Teil eines bilateralen Rahmenabkommens zur Zusammenarbeit zwischen den Normungsorganisationen und der Kommission. Dieses Abkommen muss jährlich erneuert werden. Zur Umsetzung der seit 2013 geltenden EU-Normungsverordnung 1025/2012, die zum Beispiel die Finanzierung stärker an die Einhaltung vorgegebener Erarbeitungszeiten knüpft, wurden auch Änderungen an dem Abkommen notwendig. Allerdings konnten sich die beiden Partner bisher nicht auf eine neue Regelung verständigen. CEN erwartet eine Einigung zu den Consultant-Verträgen frühestens im September.

Bereits Ende Januar hatte CEN/CENELEC die Technischen Komitees aufgefordert, die Consultants nicht mehr in die Normenerarbeitung einzubeziehen, da ohne das Rahmenabkommen ihre Finanzierung nicht gesichert sei. De facto heißt das: Die Arbeit der Consultants ruht! Da die Erarbeitung von Normen dennoch fortgeführt wird, wird CEN/CENELEC der Europäischen Kommission Normen melden, die nicht die bisher übliche Prüfung durch die Consultants durchlaufen haben.

Offen ist, wie die Kommission nun weiter verfährt. Langfristig denkt sie darüber nach, das System der Consultants generell zu überarbeiten. Dazu gehört die Idee, die Consultants direkt bei der Kommission anzubinden statt wie bisher lediglich ihre Finanzierung bei CEN/CENELEC sicherzustellen.

Schnelle Lösung notwendig

Was fehlt, ist eine kurzfristige Lösung. Entweder werden in den nächsten Monaten keine neuen Listen harmonisierter Normen veröffentlicht oder die Prüfung wird anderweitig durchgeführt oder die Normreferenzen werden ohne weitere Kontrolle so veröffentlicht wie von CEN/CENELEC geliefert.

All diese kurzfristigen Alternativen würden eine deutliche Änderung der bisherigen Praxis darstellen – vermutlich auf Kosten der Qualität und damit auch der Sicherheit. Die KAN und die französischen Arbeitsschutzinstitutionen EUROGIP und INRS haben in ihrer Gemeinsamen Erklärung zur Normungspolitik betont, dass die bewährten unabhängigen Prüfungen durch die Consultants unabdingbar sind, damit auch in Zukunft qualitativ hochwertige Normen veröffentlicht und gelistet werden. Damit das System nicht noch weiter ins Stocken gerät, sollten sich die Beteiligten so schnell wie möglich einigen.

Dr. Michael Thierbach
thierbach@kan.de