KANBrief 3/10

Im Dienste der Normenqualität: Die CEN/CENELEC-Consultants

Um sicherzustellen, dass harmonisierte europäische Normen die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der EG-Richtlinien angemessen konkretisieren, greifen CEN/CENELEC und die Europäische Kommission auf ein System von unabhängigen Beratern zurück. Diese sind vertraglich an CEN/CENELEC gebunden und leisten durch die Überprüfung der Normen – allein im Bereich Maschinen ca. 570 – einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung des Normungssystems.

CEN/CENELEC-Consultants beraten die Technischen Komitees (TC) und die EU-Kommission in allen Fragen der Ausfüllung der grundlegenden Richtlinienanforderungen. Darüber hinaus geben sie auf Anforderung des CEN/ CENELEC-Management-Centers (CCMC), der TCs oder Arbeitsgruppen (WG) schriftliche Beurteilungen (Assessments) zu Normentwürfen ab.

Die Beurteilung wird den Normungsorganisationen in Form der für Kommentare vorgesehenen Tabelle vorgelegt. Bei Normenschlussfassungen enthält sie zusätzlich den Vermerk„Positiv“/„Negativ“: Spätestens zu diesem Zeitpunkt trifft der Consultant die Aussage, ob der Normentwurf geeignet ist, die Anforderungen der betreffenden EG-Richtlinie zu erfüllen.

Die Kommentare können technischer, grundlegender oder redaktioneller Art sein. Technische Kommentare müssen durch die Grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der entsprechenden EG-Richtlinie begründet sein, zum Beispiel eine fehlende Anforderung für feste Wartungszugänge an Maschinen. Grundlegende Kommentare beziehen sich zum Beispiel auf einen mangelhaften oder fehlenden Anhang ZA beziehungsweise ZZ. Allein ein fehlender Anhang Z löst bereits eine negative Beurteilung aus.

Das Vetorecht ist nur Legende

Nach den Regularien über die Aufgaben und Pflichten der CEN/CENELEC-Consultants (Guide 15: Tasks and responsibilities of the New Approach consultants (pdf) gibt es kein formales Vetorecht. Eine Normenschlussfassung wird jedoch in ihrem weiteren Prozess gestoppt, wenn der Consultant sie als mangelhaft erachtet. Das Dokument geht dann zurück an das TC zur Überarbeitung. Erst wenn der Consultant eine positive Beurteilung vorlegt, wird der Normentwurf zur formellen Abstimmung zugelassen. In den sehr seltenen Fällen, in denen es nicht zu einer Einigung zwischen Consultant und TC kommt, muss das Technische Büro von CEN/CENELEC zur Einleitung weiterer Schritte angerufen werden.

Frühzeitiger Kontakt

Die TCs sollten bei Normvorhaben möglichst frühzeitig mit dem zuständigen Consultant Kontakt aufnehmen. Die jeweils zuständigen Consultants können bei der CEN/CENELEC-Administration erfragt werden: CEN.consultants@cencenelec.eu. Denn leicht werden spezielle Anforderungen aus EG-Richtlinien übersehen und ein nachträgliches Ändern der Norm führt schnell zur Frustration, insbesondere wenn im TC bereits Konsens erzielt wurde. Zu empfehlen ist es, den Normentwurf dem Consultant mindestens zu den Stadien CD, prEN/DIS, FprEN/FDIS vorzulegen (siehe Tabelle weiter unten).

Internationale Normen

Gerade bei internationalen Normungsprojekten unter der Dresdner oder Wiener Vereinbarung ist es wichtig, dass das TC die Kommentare des Consultants in die Zusammenstellung der Kommentare der Komiteemitglieder mit aufnimmt. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch die außereuropäischen Mitglieder des Komitees über dessen Einwände informiert werden. Eine separate Verhandlung der Kommentare des Consultants nur auf europäischer Ebene führt in der Regel zu sogenannten „Gemeinsamen Abänderungen“, das heißt zu einer von der internationalen Norm abweichenden Europäischen Norm. Dies ist nicht zielführend.

Beteiligung aller interessierten Kreise

Leider ist zu beobachten, dass sich Betreiber von Maschinen und Geräten und Behördenvertreter mehr und mehr aus der aktiven Normungsarbeit zurückziehen. Dies erschwert die Arbeit des Consultants, da er die Arbeitsschutzanforderungen der EG-Richtlinien oft allein vertreten muss. Werden Beschwerden über Mängel in Normen erst eingebracht, wenn die Kommentierungsphasen bereits abgelaufen sind, führt dies zu Formellen Einwänden, die ein Normungsvorhaben mitunter um Jahre zurückwerfen. Hier sei sowohl an die Technischen Komitees als auch an alle Experten appelliert, ihre Rolle in der Normung frühzeitig wahrzunehmen (siehe auch Krakauer Memorandum von Euroshnet. Normung für sichere Produkte).

Anforderung einer Beurteilung beim Consultant
Status der Norm automatisch durch CCMC empfohlen zusätzlich durch TC
CD (Komitee-Entwurf) Nein Ja
prEN/DIS(Norm-Entwurf) Meistens Ja
FprEN/FDIS (Schlussfassung) Ja Ja (um Verzögerung durch negatives Assessment zu vermeiden)