KANBrief 3/12

EUROSHNET-Konferenz schmiedet am Schlüssel zur Produktsicherheit

Helsinki, geografisch am nördlichen Rand, aber wirtschaftlich und technisch mitten in Europa gelegen, war Veranstaltungsort der EUROSHNET-Konferenz zu „Zusammenspiel aller Akteure – der Schlüssel zur Produktsicherheit“. Dass sichere Produkte in Europa nur erreicht werden können, wenn alle Akteure von der Planung bis zur Nutzung ihre Erfahrungen miteinander teilen, diskutierten rund 150 Teilnehmer aus 20 überwiegend europäischen Ländern.

Staat neben Forschung, Hersteller neben Normungsexperten, Arbeitnehmer neben Arbeitgebern: Die Teilnehmer der vierten von EUROSHNET organisierten Europäischen Konferenz spiegelten die ganze Bandbreite der Akteure in der Produktsicherheit wider und lieferten in Vorträgen und Diskussionen wertvolle Anregungen für die Zukunft.

Anwendern Gehör verschaffen

Das rechtliche Fundament der Produktsicherheit erläuterte Giuseppina Bitondo für die Europäische Kommission. War das Neue Konzept noch auf den Hersteller fokussiert, richtet der jetzige Neue Rechtsrahmen (NLF) den Blick auch auf die Akkreditierung, die Marktüberwachung sowie weitere Wirtschaftsakteure: Produktsicherheit soll so in allen Teilen der Lieferkette verwirklicht werden.

Unter der Moderation von David Bosworth diskutierten Anwender und Hersteller auch die Anwendung der Produkte. Eine Beteiligung der Anwender bei der Auswahl der zu beschaffenden Arbeitsmittel sei wünschenswert, so die Meinung vieler Teilnehmer. Soll der Einkauf die spezifische Arbeitssituation des Anwenders berücksichtigen, ist Unterstützung notwendig. Diese sehen Dr. Jochen Appt, DGUV, und Raphaël Haeflinger, EUROGIP, z.B. in der Beratung durch Arbeitsschutzinstitutionen, in verlässlichen Zertifizierungszeichen und für Anwender verständlichen Herstellerinformationen. Immer wieder wurde betont, dass es den Anwendern an Möglichkeiten mangelt, ihr Feedback zu Produkten abzugeben.

Der Charme der Normung besteht darin, dass sie grundsätzlich allen interessierten Kreise offen steht. Zu diesem Schluss kamen Vertreter der Behörden, der Normung sowie der Prüfung und Zertifizierung in einer von Michael Koll, BMAS, geleiteten Podiumsdiskussion. Dennoch: In der Praxis müssen Anwender, Behörden und insbesondere die Marktüberwachung die Chance zur Beteiligung noch stärker nutzen.

Angela Janowitz, Harri Vainio
janowitz@kan.de, Harri.Vainio@ttl.fi

Produktsicherheit in 10 Jahren

Die „Mission Produktsicherheit“ ist noch nicht erfüllt. Zwar funktioniert die Regelsetzung aus Sicht von Ian Fraser, Europäische Kommission, mit dem NLF im Grundsatz gut. Verbesserungen sind aber notwendig, wenn es z.B. um die Vollständigkeit von Normen oder die Beteiligung aller Kreise geht. Ernst-Peter Ziethen bestätigte als CEN-Vizepräsident, dass sich die Normung der Vorgabe „Einfacher, schneller, besser und flexibler“ stellen muss, ohne jedoch die Erwartungen der Akteure und die Qualität der Normen aus den Augen zu verlieren.

10 Thesen für die Zukunft von Prüfung und Zertifizierung stellten Karl-Heinz Noetel und Henning Krüger, deutsche Unfallversicherung, auf. Da sich Hersteller zunehmend gegen drohende Produkthaftungsansprüche absichern, werden Prüfung und Zertifizierung immer bedeutsamer. Tests werden künftig verstärkt virtuell und digital durchgeführt. Prüfaspekte wie Ergonomie, Energieeffizienz oder Umweltverträglichkeit werden wichtiger. Die Akkreditierung, die Prüfzeichen und die notifizierten Stellen werden internationaler, die Vernetzung mit anderen Akteuren dringender.

Dass die Marktüberwachung ein bedeutsamer Akteur in der Produktsicherheit ist, zog sich wie ein roter Faden durch die Konferenz. Phil Papard, HSE/ADCO Maschinen, stellte jedoch klar: Die Marktüberwachung steht vor dem Dilemma steter Aufgabensteigerungen bei reduzierten Ressourcen. „Durch intelligentes Handeln aus weniger mehr machen“ – dies kann nur durch verstärkte Zusammenarbeit gelingen Marktüberwachung in 10 Jahren.

Didier Baptiste stellte die künftigen Themenschwerpunkte von PEROSH, dem europäischen Forschungsverbund der Arbeitsschutzinstitute, vor. Hierzu zählen insbesondere die multifaktorielle Entstehung von arbeitsbedingten Muskel- Skelett-Erkrankungen (MSE), psychosoziale Risiken, aber auch Risiken durch neue Technologien.

In allen Diskussionen wurde deutlich, dass nur mit einer stärker ausgebauten europaweiten Kooperation aller Akteure den Herausforderungen begegnet werden kann, die sich durch neue Produkte, die Globalisierung, verminderte Ressourcen oder die Überalterung der Gesellschaft stellen.

Angela Janowitz         Harri Vainio  

janowitz@kan.de  Harri.Vainio@ttl.fi