KANBrief 3/12
Normen im Bildungswesen berücksichtigen vor allem ergonomische Aspekte und tragen dazu bei, den Lernort „Schule“ hinsichtlich der Gesundheit und der Arbeitsbedingungen zu optimieren. Allerdings muss genau geprüft werden, welche Aspekte in Normen behandelt werden können und welche anderen Regelungen unterliegen. Die Möglichkeiten und Grenzen der Normung wurden im DGUV-Projekt „Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer“ deutlich.
Die Selbstverwaltung der DGUV nennt im Positionspapier „Prävention lohnt sich“ die Normung als ein wichtiges Instrument zur Unterstützung der Prävention. Bei der Entwicklung sicherer und ergonomisch gut konstruierter Arbeitsmittel, die in vielen Lebensbereichen genutzt werden, erfüllt die Normung eine wichtige Aufgabe, indem sie arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse und den Stand der Technik dokumentiert. Bei der Erarbeitung von Normen setzen sich die Unfallversicherungsträger gemäß ihrem gesetzlichen Präventionsauftrag dafür ein, dass Risiken für die Sicherheit und Gesundheit berücksichtigt werden.
Anders als bei Büroarbeitsplätzen werden ergonomische Gestaltungsanforderungen in Klassenzimmern oftmals vernachlässigt. Deshalb hat die DGUV gemeinsam mit den Unfallkassen Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie der KAN das Projekt „Gesundheits- und lernförderndes Klassenzimmer“ durchgeführt. Es wurde untersucht, wie die Gestaltung von Klassenräumen die Gesundheit und das Lernen beeinflusst. Dazu wurden ergonomische Faktoren wie Beleuchtung, Farbe, Lüftung, Akustik, Fußbodengestaltung und Möblierung jeweils in einem Klassenzimmer einer Dresdner Grundschule (Sachsen) sowie einer Hauptschule in Hennef (Nordrhein-Westfalen) beispielhaft optimiert. Der Umbau erfolgte auf Basis von Empfehlungen des für den Bildungsbereich zuständigen Fachgremiums der DGUV.
Schule und Normung
In dem DGUV-Projekt wurde für die ergonomische Gestaltung des Schulmobiliars die DIN EN 1729-1 „Möbel – Stühle und Tische für Bildungseinrichtungen“ herangezogen. Sie gibt Funktionsmaße und Größenklassen mit Farbkennzeichnung für fest eingestellte und verstellbare Tische und Stühle an. Im Gegensatz zur älteren DIN ISO 5970 berücksichtigt sie das dynamische Sitzen, das heißt den aktiven Wechsel von Sitzpositionen, und führt außerdem eine zusätzliche Größenklasse für sehr große Schüler ein. Ergonomisches Schulmobiliar trägt zu einem bewegungs- bzw. gesundheitsförderlichen Lernklima bei.
Zur Verbesserung der Raumakustik wurde die DIN 18041 „Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen“ angewendet. Sie schreibt unter anderem Referenzwerte für die Nachhallzeit in Unterrichtsräumen fest. Maßnahmen zur Reduktion des Schallpegels im Klassenzimmer fördern das aufmerksame Lehren und Lernen.
Im Zusammenwirken beider Gestaltungsaspekte werden moderne Unterrichtsformen wie z. B. Gruppen- und Projektarbeit oder bewegte Pausen ermöglicht. Diese Beispiele zeigen, dass eine auf Objektivität (z. B. Lärmmessungen) und Produkte (z.B. geprüfte Akustikmaterialien) gerichtete Normung im Bildungsbereich zur Schulqualität beitragen kann.
Nicht alles ist normbar
Die im Projekt berücksichtigten Gestaltungsfaktoren beziehen sich nur auf einen Teilbereich des in komplexen Zusammenhängen funktionierenden Lern- und Lebensorts „Schule“. Wenn es um den Schutz der Beschäftigten geht, stößt die Normung an ihre Grenzen. Hier gelten nach Art. 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU Festlegungen in Europäischen Richtlinien und deren nationaler Umsetzung, z.B. des Staates oder der Unfallversicherungsträger. Auch der Gemeinsame Deutsche Standpunkt (GDS) unterstützt diese Position. Demnach sollen betriebliche Anforderungen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten nicht Bestandteil von Normen sein, sondern werden national geregelt. Im Bereich der Schulen zählen hierzu beispielsweise Aspekte wie Beleuchtung, das Anbringen von Sicherheitskennzeichen oder die Unterweisung der Lehrer.
Das Projekt hat bestätigt, dass Normung einen wichtigen Beitrag leisten kann, wenn es darum geht, Klassenräume gesundheitsorientiert zu gestalten. Dabei sind allerdings die oben erwähnten Begrenzungen zu beachten. In diesem Sinne werden die Experten der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes in Schulen gemeinsam mit der KAN auch weiterhin die Normung im Bereich des Bildungswesens begleiten.
Andrew Orrie Bettina Palka
andrew.orrie@dguv.de