KANBrief 3/14

Koordinierung der Marktüberwachung in der EU

In der EU müssen Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte in der Regel nicht behördlich geprüft oder zugelassen sein, bevor sie verkauft werden dürfen. Es wird grundsätzlich darauf vertraut, dass Wirtschaftsakteure (dazu gehören Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Händler) nur Produkte auf den Markt bringen, die mit den Vorschriften übereinstimmen. Dieser europäische Ansatz des freien Warenverkehrs kann langfristig aber nur Erfolg haben, wenn es eine funktionierende Marktüberwachung gibt.

Wenn einzelne Wirtschaftsakteure Vorschriften nicht einhalten, führt dies nicht nur zu einem unfairen Wettbewerb, sondern bedroht vor allem die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten und Verbraucher. Anstatt jedes einzelne Produkt vor dem Marktzugang zu kontrollieren, muss die Marktüberwachung daher über gezielte Stichproben und geeignete Sanktionen die Wirtschaftsakteure davor abschrecken, sich unlauter zu verhalten.

So wie die Vorschriften für das Bereitstellen von Produkten auf dem Markt überall in Europa gleich sind, sollte im Idealfall auch die Marktüberwachung in allen 28 Mitgliedstaaten der EU die gleiche Wirkung erzielen. Andernfalls verlagern unlautere Wettbewerber ihr Tun lediglich in die Regionen, in denen sie den geringsten Widerstand verspüren. Marktüberwachung des Binnenmarktes funktioniert also nur, wenn sie europaweit koordiniert ist. Wünschenswert wäre zudem, die Marktüberwachung an den Außengrenzen der EU so zu intensivieren, dass mehr nichtkonforme Produkte schon bei der Einfuhr entdeckt werden.

Marktüberwachung braucht europäische Koordinierung

Die Marktüberwachung ist jedoch europaweit nicht so weitgehend vereinheitlicht wie die Vorschriften für das Inverkehrbringen. Zwar verpflichtet die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 die Mitgliedstaaten dazu, Marktüberwachungsprogramme aufzustellen und ihre Behörden mit den Ressourcen auszustatten, die notwendig sind, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips bleibt es den einzelnen Mitgliedstaaten aber sehr weitgehend überlassen, mit welchen Schwerpunkten und Maßnahmen sie ihren Markt tatsächlich überwachen.

Wenn die Wirklichkeit von dem oben an die Marktüberwachung formulierten Anspruch einer wirksamen Kontrolle zu stark abweicht, besteht die Gefahr, dass das Vertrauen der Marktteilnehmer in das System sowie der Mitgliedstaaten untereinander verloren geht. Aus diesen Gründen haben die für die Marktüberwachung zuständigen Behörden für einige Produktbereiche (Z.B. Maschinen, Persönliche Schutzausrüstung, Niederspannungsbetriebsmittel, Druckgeräte, ATEX) Gruppen gebildet, in denen sie länderübergreifend zusammenarbeiten.

Diese AdCo (Administrative Co-operation) genannten Arbeitsgruppen entwickeln gemeinsame Strategien und Positionen und teilen angesichts knapper personeller Ressourcen die Vielfalt der anfallenden Aufgaben untereinander auf. Unter anderem verständigen sie sich auf Produktfelder, die vertieft beobachtet werden sollen, vereinbaren Maßnahmen, wie auf bestimmte Produktmängel zu reagieren ist oder erstellen arbeitsteilig Vorlagen für Risikobeurteilungen. Darüber hinaus erarbeiten die AdCo- Gruppen gemeinsame Positionen, wie das europäische Regelwerk zur Marktüberwachung weiterentwickelt werden sollte.

Die Arbeit der AdCo-Gruppen ist nicht nur auf die Absprache von Maßnahmen der Marktüberwachung im engeren Sinne begrenzt. Eine Task Force der AdCo-Gruppe für Maschinen beschäftigt sich auch mit der Frage, wie die Marktüberwachung mehr Einfluss auf Norminhalte gewinnen könnte, um sicherzustellen, dass ihre Erkenntnisse dort möglichst schnell Eingang finden.

Marktüberwachungs-Verordnung liegt auf Eis

Die Europäische Kommission hat Anfang 2013 einen Vorschlag für eine Verordnung über die Marktüberwachung von Produkten (pdf) vorgelegt, um sie effektiver zu machen. Ursprünglich war vorgesehen, sie gemeinsam mit einer Verordnung über die Sicherheit von Verbraucherprodukten noch in diesem Jahr zu verabschieden. Über einige Details dieses Pakets konnte sich der Rat bisher jedoch nicht verständigen.

Dies ist bedauerlich, da die Marktüberwachungsverordnung nicht nur dazu führen würde, die derzeit in den verschiedenen Sektoren recht zersplitterten Rechtsgrundlagen stärker zu vereinheitlichen. Auch stünden dann der Kommission für eine effektivere europäische Koordinierung mehr finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten wären verpflichtet, einheitliche Maßnahmen durchzuführen und Ressourcen zuzuweisen. Nicht zuletzt wäre die bisher freiwillige Kooperation in den AdCo-Gruppen danach verpflichtend.

Corrado Mattiuzzo
mattiuzzo@kan.de