KANBrief 3/14
Laborabzüge sollen Beschäftigte unter anderem vor Gefahrstoffen bei der Arbeit schützen. Die Leistung einzelner Abzüge ist allerdings in bestimmten Situationen unbefriedigend, obwohl sie normkonform sind. Die Normung muss hier nachbessern: Eine laborübliche Lüftungssituation darf die Sicherheit von Abzügen und anderen lufttechnischen Sicherheitseinrichtungen nicht gefährden. Hier gilt das Primat der Personensicherheit!
Zur Ausstattung von Laboratorien gehören lufttechnische Einrichtungen wie Abzüge, Sicherheitswerkbänke, Punktabsaugungen, Sicherheitsschränke oder Unterflurabsaugungen. Sie sollen Gefahrstoffe absaugen, je nach Typ und Bauform aber auch weitere Schutzziele erfüllen: Laborabzüge sollen etwa den Schutz vor Explosionen durch Spülung des Abzugsinneren sowie einen Spritz- und Splitterschutz gewährleisten.
Die wesentliche Herausforderung besteht darin, die Vielzahl der Abluft- und gegebenenfalls Zuluftströme so zu regeln und zu führen, dass die Sicherheit, das Raumklima (Zugluft, Temperatur, Raumfeuchte), die Flexibilität der Labornutzung und die Energieeffizienz ausreichend berücksichtigt werden.
Weiterhin muss die Laborlüftung der zunehmenden Verdichtung von Geräten auf Laborplätzen, der steigenden Zahl und Leistung elektrischer Geräte (Wärmelasten) sowie der in der Praxis häufigen Mischnutzung (z. B. mehr Schreibarbeitsplätze) Rechnung tragen.
Es sind Fälle bekannt geworden, in denen das Rückhaltevermögen von Abzügen in bestimmten Laborsituationen (z. B. Glasfassaden, spezielle Luftauslässe, sehr kalte Zuluft, Verbauung) trotz eingehaltener Volumenströme und bestandener Typtests unbefriedigend war. Die daraufhin vereinzelt erhobene Forderung, alle lufttechnischen Einrichtungen nach Installation vor Ort unter Betriebsbedingungen zu prüfen oder mit Hilfe von computergestützten Verfahren (3D-CFD) zu testen, ist jedoch fragwürdig – nicht zuletzt aufgrund der Unmöglichkeit, alle möglichen Betriebsbedingungen vor Ort in kurzer Zeit effizient zu simulieren.
Lufttechnische Störungen – Lösungsansätze
In Normung und Regelsetzung werden derzeit verschiedene Ansätze verfolgt, um lufttechnische Störungen an Abzügen zu vermeiden:
1. Die Normenreihe DIN EN 14175 (Abzüge 1 Begriffe, 2 Anforderungen an Sicherheit und Leistungsvermögen, 3 Baumusterprüfverfahren, 4 Vor-Ort-Prüfverfahren, 5 Installation und Wartung, 6 Abzüge mit variablem Luftstrom, 7 Abzüge für hohe thermische und Säurelasten [Abrauchabzüge]) charakterisiert die Eigenschaften von Laborabzügen durch Baumusterprüfungen und Vor-Ort- Prüfverfahren. Dazu wurde u. a. ein lufttechnischer „Robustheitstest“ entwickelt: Eine große Platte wird mit einer Geschwindigkeit von 1m/s entlang der Abzugsfront bewegt, wobei Schwächen des Abzug-Rückhaltevermögens durch den Austritt von Spürgasen erkannt werden.
2. Die CEN/TC 332/WG 4 „Laboratory Equipment“ diskutiert unter anderem, wie vertikale Störungen der Luftströmung des Abzugs in weiteren Robustheitstests und bereits in der Phase der Laborplanung berücksichtigt werden können.
3. Die VDI 2051 „Raumlufttechnik in Laboratorien“ soll in Ergänzung der DIN 1946-7 „Raumlufttechnische Anlagen in Laboratorien“ novelliert werden. Daneben beschäftigen sich auch die Berufsgenossenschaften in den Laborrichtlinien BGI/GUV-I 850-0 mit diesem Thema.
Problemverschärfung durch Abluftreduzierung
Aufgrund der hohen Energieverluste bei der Lüftung werden auch Versuche unternommen, die Laborabluft drastisch zu reduzieren. Allerdings kann dies – etwa bei geschlossenem Frontschieber am Abzug – dazu führen, dass die Wärmelast im Labor gerade im Sommer so ansteigt, dass eine Kühlung nur noch mit hohen Temperaturdifferenzen (störende Fallwinde) möglich ist. Zudem steigt die Gefahr, dass eine explosionsfähige Atmosphäre im Abzugsinneren entsteht, etwa beim Umgang mit Lösemitteln. Deutlich radikalere Konzepte wie der Ersatz der Abluft durch gefilterte Umluft oder aber der Rückgriff auf Abluft nur im Falle einer messbaren Luftkontamination sind aus Sicht des Arbeitsschutzes grundsätzlich ungeeignet.
Aufgaben für Normung und Regelsetzer
Damit Laborlüftung gut funktioniert, sollte die Normung sowohl die lufttechnischen Qualitätskriterien weiter entwickeln als auch praxistaugliche Mindestanforderungen an die Planung und Ausführung der Lüftung in Laboren entwickeln. Dies gilt insbesondere für das Ziel einer störungsarmen Zuluftführung. Wünschenswert ist, dass der Arbeitsschutz der Normung mit seinem Sachverstand zu Gefahrstoffen und Arbeitsabläufen zur Seite steht.
Dr. Albrecht K. Blob
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