KANBrief 4/25
Rund um Feuerwehr und Brandschutz gibt es viele Normen: vom Atemschutz für Feuerwehrleute über smarte Schutzausrüstung, Feuerlöscher oder Brandbegrenzungsdecken für Elektrofahrzeuge. Tim Pelzl, Leiter des Fachbereichs Feuerwehren, Hilfeleistungen, Brandschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, spricht darüber, weshalb Normen für den Arbeitsschutz bei der Feuerwehr eine besonders große Rolle spielen.
Ein großes Thema sind Brände von Hochvoltspeichern, die in Fahrzeugen, aber auch in häuslichen Anwendungen oder Laptops vorkommen. Brände dieser Lithium-Ionen-Batterien bedürfen spezieller Feuerlöscher. Aktuell laufen Normungsvorhaben, damit z. B. bei der Beschaffung die Wirksamkeit verschiedener Feuerlöscher objektiv verglichen werden kann. Gleiches gilt für Brandbegrenzungsdecken, also große textile Stoffe, die man über ganze Fahrzeuge legen kann, wenn dort zum Beispiel der Hochvoltspeicher beschädigt ist und man verhindern will, dass sich ein eventueller Brand auf die Umgebung ausbreitet.
Persönliche Schutzausrüstung ist natürlich immer ein großes Thema für die Feuerwehr, bei welchem auch auf internationaler Ebene viel genormt wird. Außerdem gibt es Themen, an die man vielleicht nicht sofort denkt, zum Beispiel Führungsmanagementsysteme für grenzüberschreitende Großeinsätze oder der Trinkwasserschutz, wo es darum geht, dass Fahrzeuge und Armaturen so gestaltet sind, dass ein Rückfluss von verschmutztem Wasser in das Trinkwassernetz verhindert wird. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was in der Normung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gerade aktuell ist.
Smarte PSA ist in der Tat ein großes Thema. In Helmen, Schuhen oder Jacken für die Brandbekämpfung ist dabei Sensorik oder andere Technik integriert, die die Einsatzkräfte unterstützen soll. Das reicht von LED-Warnlichtern, die sich automatisch ein- oder ausschalten, über Sensorik, die Körperfunktionen oder die Umgebungsbedingungen überwacht, z. B. giftige Gase erkennt, bis hin zu Augmented Reality, bei der in Atemschutzmasken oder Schutzbrillen Informationen eingeblendet werden, die die Einsatzkraft benötigt, etwa Wärmebilder oder Informationen zur Orientierung in Gebäuden.
In diesem Bereich wird bereits sehr viel geforscht, richtig marktfähige Lösungen kenne ich aber noch nicht. Die technischen Herausforderungen sind zum Teil sehr groß. Zudem ist nicht immer klar, welche gesetzlichen Anforderungen neben der PSA-Verordnung für die Kombination aus PSA und Elektronik gelten und was das für die Konformitätsbewertungsverfahren bedeutet. Wenn ich biometrische Daten von Menschen erfasse, ist außerdem der Datenschutz ein ganz großes Thema. Vielleicht möchten die Menschen eine bestimmte PSA auch nicht benutzen, weil sie kein Vertrauen in die Technik und den Datenschutz haben.
Man muss auch ganz klar sagen, dass es noch an Normung fehlt, zum Beispiel wie an Schnittstellen Datenformate übergeben werden, aber auch ganz handfeste Dinge. So muss etwa Brandbekämpfungskleidung hohe Anforderungen hinsichtlich Beflammung und Temperatur aushalten. Die Elektronik, die in smarte PSA integriert wird, muss dabei mitgeprüft werden und den gleichen Anforderungen entsprechen. Auch das muss sich in der Norm widerspiegeln.
Es ist schon sehr vieles geregelt in der Normung, manchmal vielleicht sogar ein wenig zu detailliert. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder neue Technik auf dem Markt, zu der wir gerne eine Norm hätten, weil es ansonsten zu Wildwuchs kommt. Ein Beispiel sind die inzwischen sehr üblichen Rollcontainer für Ausrüstung, die man schnell auf Fahrzeuge aufladen und an der Einsatzstelle abladen kann. Es gibt da allerdings vieles auf dem Markt, das nicht mehr sinnvoll erscheint: Die Rollwagen werden teils zu hoch oder zu schwer und können dadurch umkippen, es gibt Quetschstellen, und sie müssen auf Fahrzeugen auch ordentlich gesichert werden. Damit sind wir jetzt an dem Punkt, an dem genormt werden muss, damit wir ein einheitliches Verständnis haben und alle Komponenten zusammenpassen.
Es gibt auch Fälle, in denen wir uns wünschen würden, dass die Normung mehr Flexibilität zulässt. Ein Beispiel ist die Interoperabilität von Atemschutzgeräten, also die Frage, ob ich ein Gerät des Herstellers A mit Teilen des Herstellers B kombinieren kann. Das ist momentan nicht möglich, weil für die Zertifizierung alle Komponenten vom selben Hersteller sein müssen. Daher versuchen wir, das Thema in der Normung zu platzieren, um einheitliche Schnittstellen zu schaffen und so herstellerunabhängige Kombinationen zu ermöglichen, wo es sinnvoll ist.
Wir sind immer häufiger mit Extremwetterereignissen wie Starkregen, Sturm und Hitze konfrontiert und haben in den letzten Jahren Waldbrände in Deutschland gesehen, deren Ausmaß und Dauer wir eigentlich nicht für möglich gehalten hätten. Das schlägt sich auch in der Ausrüstung nieder, die in Zukunft benötigt wird. Für ausgedehnte Vegetationsbrände braucht man beispielsweise dünnere und leichter tragbare Schläuche und kleinere Pumpen, die statt 200 bis 300 Kilo vielleicht nur 50 Kilo wiegen und die man mit zwei Personen auch über mehrere Hundert Meter in unwegsames Gelände, vielleicht sogar bergauf tragen kann, um flexibel agieren zu können.
Auf der anderen Seite braucht es oft auch viel größer dimensioniertes, schweres Gerät, als man bisher kannte, und auch die PSA muss angepasst werden. Für die Vegetationsbrandbekämpfung brauche ich eine völlig andere PSA, als bei der Gebäudebrandbekämpfung. Die ist hochisolierend und wäre bei einem Vegetationsbrand bei 30 Grad Außentemperatur über viele Stunden physiologisch nicht auszuhalten. Gerade hier ist die Normung wichtig.
In Deutschland sind die Kommunen zuständig für den Brandschutz. Zuschüsse der Bundesländer für Fahrzeuge oder die Beschaffung von PSA sind oft daran geknüpft, dass die Gerätschaften oder Fahrzeuge der Norm entsprechen. Feuerwehrleute sind oftmals ehrenamtlich tätig und können sich nicht den ganzen Tag mit technischen Details beschäftigen. Wenn sie sehen, dass ein Gerät der Norm entspricht, die die Unfallkasse auch schon vorgegeben hat, können sie sicher sein, dass die technischen Arbeitsschutzaspekte erfüllt sind. Insofern sind Normen ein ganz wichtiger Punkt für den Arbeitsschutz und deswegen ist es auch wichtig, dass die Gesetzliche Unfallversicherung und die KAN in der Normung mitwirken, damit Arbeitsschutzaspekte von Anfang an mit einfließen.