KANBrief 4/21

Das neue Produktsicherheitsgesetz

Das Produktsicherheitsgesetz wurde überarbeitet und gilt seit dem 16. Juli 2021 in seiner neuen Fassung. An verschiedenen Stellen enthält es wichtige Neuerungen und Präzisierungen.

Mit dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) wird die allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie 2001/95/EG sowie fast ein Dutzend Binnenmarktrichtlinien (z. B. die Maschinenrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. In dem Gesetz finden sich wie bisher Regelungen wieder, die für alle nationalen Umsetzungsrechtsakte (Verordnungen zum ProdSG) der europäischen Richtlinien gleichermaßen gelten – also z.B. Begriffsbestimmungen. Unverändert geblieben sind auch die Regelungsinhalte zur Konformitätsvermutung, die die Anwendung von Normen bei der Konzeption und Fertigung von Produkten auslöst, sowie die Kompetenzen der Behörde, welche den Konformitätsbewertungsstellen die Befugnis für die Durchführung von Konformitätsbewertungsverfahren erteilt. Dies ist in Deutschland die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS). Außerdem enthält das ProdSG Regelungen zum GS-Zeichen, zum Ausschuss für Produktsicherheit und zu Ordnungswidrigkeiten und Straftatbeständen. Produktspezifische Regelungen wie z.B. wesentliche Sicherheitsanforderungen und die anzuwendenden Konformitätsbewertungsverfahren sind in den untergeordneten Verordnungen zum ProdSG zu finden.

Was ist neu?

Die Neufassung des ProdSG war nötig geworden, da seit Mitte Juli 2021 die neue europäische Marktüberwachungsverordnung 2019/1020 (MÜ-VO) gilt. Sie regelt die Marktüberwachung für 70 in ihrem Anhang I aufgeführte Verordnungen und Richtlinien zu ca. 40 Produktgruppen. Die Durchführung der Marktüberwachungsverordnung regelt im Grundsatz das deutsche Marktüberwachungsgesetz (MüG). Es gilt für die Marktüberwachung von harmonisierten und nicht harmonisierten Produkten. Daher wurden die bisherigen Abschnitte 6 (Marktüberwachung) und 7 (Informations- und Meldepflichten) des ProdSG zur Vermeidung von Doppelregelungen fast vollständig ins MüG überführt.

Zudem gab es einen rechtssystematischen Grund für die Novellierung des ProdSG. Das ProdSG regelt die Marktüberwachung sowie die Anforderungen an sichere Produkte. Allerdings gab es bisher im ProdSG auch Vorschriften für die Überwachung und den Betrieb von Tankstellen, Aufzügen und anderen überwachungsbedürftigen Anlagen. Das hat nichts mit Produktsicherheit zu tun, sondern regelt beim Betrieb solcher Anlagen die Sicherheit für Beschäftigte und Dritte im Gefahrbereich. Deshalb gibt es für diese Anlagen nun ein eigenes Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen (ÜAnlG).

Wichtige Neuerungen im ProdSG 2021 betreffen z. B. die Möglichkeit, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Verbrauchern Informationen über nicht unmittelbar erkennbare Risiken auch in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. In § 8 Abs. 2 wurde zudem eine Ermächtigung zum Erlass von Verbotsverordnungen für das Inverkehrbringen von Produkten neu aufgenommen. Das ProdSG regelte bisher nur (positiv) die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt, nicht aber (negativ) Vermarktungsverbote. Anlass für die Aufnahme der Ermächtigung ist der Brand im Krefelder Zoo in der Neujahrsnacht 2020, der durch Himmelslaternen ausgelöst wurde. Diese Produkte unterlagen zwar in fast jedem Bundesland einem polizeirechtlichen Verwendungsverbot, durften aber nach dem Produktsicherheitsrecht vermarktet werden. Es wurde jetzt die Möglichkeit geschaffen, künftig die Vermarktung besonders gefährlicher Produkte bundeseinheitlich zu verbieten oder zu beschränken. Dies ist z. B. in Österreich schon lange möglich und führte zu Verboten und Beschränkungen des Vertriebs von Laserpointern, Softairwaffen und Paintball-Markierern sowie Himmelslaternen.

Wichtige Änderungen wurden auch im Recht des GS-Zeichens vorgenommen. Der neue § 20 Abs. 1 S. 2 verpflichtet nunmehr den Hersteller eines GS-gekennzeichneten Produktes, der nicht in der EU oder der EFTA ansässig ist, in der EU einen Bevollmächtigten zu bestellen, der als Adressat für behördliche Maßnahmen (z. B. bei Ordnungswidrigkeiten) dient. Diese Änderung ist erforderlich, da sich bei Beanstandungen der Behörde der Durchgriff auf Hersteller in Drittstaaten als äußerst problematisch erwiesen hat. § 22 Abs. 3 ProdSG ermöglicht es zukünftig, dass eine „Schwarze Liste“ auf der BAuA-Homepage über Fälle der unrechtmäßigen Verwendung von GS-Zeichen informiert. Die Verordnungen zum ProdSG und die Überwachung des GS-Zeichens sind auch der Grund, warum in § 25 auch weiterhin Regelungen über die Marktüberwachung im ProdSG enthalten sind.

Es bleibt weiter spannend im Bereich der Produktsicherheit. Momentan wird auf europäischer Ebene der Verordnungsentwurf über Maschinenprodukte diskutiert. Die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit wird ebenfalls überarbeitet. Es gilt die alte Sepp-Herberger-Weisheit: Nach der Novellierung ist vor der Novellierung.

Dr. Sebastian Felz

Bundesministerium für Arbeit
und Soziales (Bonn)