KANBrief 4/21

Alles im Blick – Sichtfeldmessung bei selbstfahrenden Forstmaschinen

EN ISO 11850 „Forstmaschinen – Generelle Sicherheitsanforderungen“ beschreibt grundlegende Anforderungen an das Sichtfeld bei selbstfahrenden Forstmaschinen, ohne diese in einem verifizierbaren Messverfahren zu konkretisieren. Eine neue Norm soll diese Lücke schließen.

Mit Forstmaschinen wird mitten im Wald, zwischen Bäumen und Buschwerk, am Hang und in unebenem Gelände gearbeitet. Sie werden zum Beispiel zum Fällen, Entasten und Zersägen von Baumstämmen verwendet. Bei ihrem Einsatz treten Gefährdungen auf, die sich wesentlich von denen anderer mobiler Maschinen wie Erdbaumaschinen unterscheiden. Aus diesem Grund bereiten Fachleute aktuell eine Norm speziell zur Messung und Beurteilung des Sichtfeldes von selbstfahrenden Forstmaschinen vor.

Für Erdbaumaschinen existiert zur Messung des Sichtfeldes die internationale Norm ISO 5006:2017 „Erdbaumaschinen – Sichtfeld – Testverfahren und Anforderungskriterien“. Für den Bereich der Forstmaschinen möchte sich die Arbeitsgruppe bei DIN an dieser Messmethode orientieren. Sie basiert auf einer Nahfeldmessung und einer Messung auf einem Sichtprüfkreis im Abstand von 12 m rund um die Maschine. Vereinfacht beschrieben funktioniert die Methode folgendermaßen: Auf Höhe der Augen einer Person, die auf dem Fahrersitz sitzt, sind für die Messung zwei Punktlichtquellen angebracht. Über einen Spiegel ermittelt eine Prüfperson auf den definierten Linien um die Maschine, ob die Lichtquelle erkennbar ist. Überall dort, wo sie die Lichtquellen nicht erkennen kann, wird der Bereich als Verdeckung des Sichtfeldes erfasst. Die Norm macht Vorgaben, welche Verdeckungen im Sichtfeld bei welcher Maschinenart zulässig sind.

Alternativ zur Messung per Hand soll in der geplanten Norm auch ein Messverfahren mit einem standardisierten, elektronischen Messsystem beschrieben werden. Hierbei wird der Sichtprüfkreis virtuell nachgebildet. Dadurch ist der Platzbedarf deutlich geringer als beim händischen Verfahren und die Fehleranfälligkeit reduziert. Gleichzeitig wird die Dokumentation der Messung durch den Einsatz von Software unterstützt.

Zusätzlich ist ein Messverfahren zur Beurteilung der horizontalen Sicht vom Platz des Maschinenführers (Horizontsicht) vorgesehen. Für den Test der Horizontsicht und mögliche Anforderungen sollen Testreihen mit einem Prototypen für einen Messaufbau an Forstmaschinen durchgeführt werden. Hintergrund für diesen Test ist es, Anforderungen für die Sicht über den 12-m-Umkreis hinaus zu definieren, um die für den Forstbereich wichtige Weitsicht zu prüfen. In der neuen Norm sollen neben dem Messverfahren auch Anforderungen an das Sichtfeld beschrieben werden, die an die Arbeitsbedingungen von Forstmaschinen angepasst sind. Je nachdem, welche Anforderungen eine Forstmaschine bei einer Sichtfeldmessung erfüllt, können verschiedene Kategorien erreicht werden: grün (gutes bis sehr gutes Sichtfeld), gelb (befriedigendes Sichtfeld) oder rot (ausreichendes, noch tolerierbares Sichtfeld). Die Maschinen sollen mit der erreichten Kategorie in der Kabine gekennzeichnet werden, so dass die Bedienperson sofort erkennt, wie gut das Sichtfeld der Maschine ist.

Die neue Norm beschreibt dabei nur Sichtfeldanforderungen für die Forstarbeit. Anforderungen an die Sicht im Straßenverkehr werden nicht geregelt und unterliegen den jeweiligen nationalen Bestimmungen.

Sobald die Tests der Prüfverfahren und weitere vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen sind, wird das Normprojekt formal gestartet.

Katharina von Rymon Lipinski
vonrymonlipinski@kan.de