KANBrief 2/18

Licht: Mehr als Sehen

Licht beeinflusst unsere innere Uhr und verschiedene physiologische Prozesse im Körper. Die KAN hat im Januar 2018 zum zweiten Mal einen Workshop zu diesen nicht-visuellen Wirkungen von Licht veranstaltet. Viele Akteure mischen bei dem Thema mit, verfolgen aber teilweise unterschiedliche Ziele. Der KAN-Workshop fördert den Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten und trägt dazu bei, eine Strategie für die künftige Forschung, Normung und Regelsetzung zu finden.

Sowohl das Tageslicht als auch künstliche Beleuchtung haben über das Sehen hinausgehende Wirkungen auf uns, sogenannte nicht-visuelle Wirkungen: Eine ist die Synchronisation unserer inneren Uhr an den Hell-Dunkel-Rhythmus. Unsere innere Uhr koordiniert wiederum verschiedene innere Rhythmen, wie den Schlaf-Wach-Rhythmus, wann wir besonders leistungsfähig sind oder die Konzentration von Hormonen und Enzymen in unserem Körper. Auch an jedem Arbeitsplatz wirkt Licht. Wo das Tageslicht nicht ausreicht, wird es mit künstlicher Beleuchtung ergänzt – teilweise mit unbeabsichtigten Effekten. So kann blau angereichertes Licht morgens eingesetzt aktivieren und die innere Uhr stabilisieren, sie aber aus dem Takt bringen, wenn das selbe Licht abends wirkt. Erste Beleuchtungssysteme sind auf dem Markt, die gezielt nicht-visuelle Wirkungen auslösen sollen, indem sie die Farbtemperatur des Lichts (Die Farbtemperatur ist das Maß für den Farbeindruck einer Lichtquelle. Maßeinheit: Kelvin) je nach Tageszeit variieren. Und auch die Normung ist in diesem Bereich schon sehr aktiv (HINWEIS der Redaktion:  KAN-Position Berücksichtigung nichtvisueller Wirkungen künstlicher Beleuchtung in der Normung (pdf), September 2022).

Der Handlungsdruck ist groß

Der Handlungsdruck steigt für den Arbeitsschutz stetig: Die nicht-visuellen Wirkungen von Licht rücken immer mehr in den Vordergrund, auch die Medien greifen das Thema verstärkt auf. Bei Renovierungen und Neubauten wird bei der Lichtplanung über den Einbau dieser neueren Beleuchtungssysteme nachgedacht. Wie Arbeitgeber und Beschäftigte mit den nicht-visuellen Wirkungen von Licht umgehen sollten, ist jedoch noch unklar.

Es ist viel passiert

Vor dem ersten KAN-Workshop im September 2016 in Arnsberg arbeiteten die vielen beteilig­ten Kreise wie Hersteller, Planer, Forschung, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch der Arbeitsschutz größtenteils für sich. Der Workshop förderte eine offene Kommunikation und den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Im Januar 2018 hat die KAN zum zweiten Mal rund 40 Fachleute zu einem interdisziplinären Workshop zusammengebracht. Seit dem ersten Workshop ist viel passiert, über das sich die Teilnehmenden austauschten: Aktivitäten innerhalb der Wissenschaft, z.B. die Studie des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA) zur Blaulichtexposition von Krankenschwestern, die KAN-Literaturstudie zu arbeitsschutzrelevanten Erkenntnissen, die diversen Arbeiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, aber auch die Vergabe des Nobelpreises für Medizin für die chronobiologische Forschung (siehe dazu KAN-Brief 1/17).

Im Bereich der Regelsetzung arbeitet das DGUV-Sachgebiet Beleuchtung an einer schon weit fortgeschrittenen DGUV-Information, welche neben Informationen zu den nicht-visuellen Wirkungen von Licht wichtige Hinweise für Unternehmen enthalten soll. Die Normung ist momentan vor allem europäisch in Sachen Quantifizierung der nicht-visuellen Wirkungen aktiv. Auf internationaler Normungsebene wird der aktuelle Stand der Wissenschaft zusammengetragen.

Es bleibt noch einiges zu tun

Die Teilnehmenden diskutierten über ein mögliches weiteres Vorgehen und äußerten ihre Wünsche für die nächsten Jahre. Sie forderten zum Beispiel 

  • mehr wissenschaftliche Studien unter realistischen Arbeitsbedingungen (Feldstudien);
  • dass die fachkundige Wartung der Beleuchtungssysteme sichergestellt sein muss, sodass deren geplante Wirkungen auf Dauer gewährleistet bleiben;
  • dass die Beleuchtung nicht einfach bei der elektrotechnischen Planung nebenherläuft, sondern als eigener Bestandteil fachmännisch geplant werden muss;
  • dass Leuchtmitteln ein „Beipackzettel“ beigelegt werden sollte, welcher über mögliche Chancen und Risiken aufklärt;
  • dass das bestehende Regelwerk daraufhin geprüft werden soll, wo Aspekte der nicht-visuellen Wirkungen von Licht berührt werden und wo auf Grundlage arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse eine Ergänzung sinnvoll ist.
  • Die Teilnehmenden beschlossen, den Austausch fortzusetzen. Es ist geplant, in Arbeitsgruppen die Klärung offener Fragen zu den nicht-visuellen Wirkungen von Licht voranzutreiben und mögliche Anpassungen der Regelsetzung zu prüfen.

Dr. Anna Dammann
dammann@kan.de