KANBrief 2/18
Die EU-Kommission hat am 19. Dezember 2017 einen Vorschlag für eine EU-Marktüberwachungsverordnung vorgelegt. Im Falle seiner Umsetzung wird dieser den Vollzug der Marktüberwachung durch die Bundesländer entscheidend prägen. Aus Sicht der Länder muss er jedoch an einigen Stellen noch deutlich verbessert werden. Er bringt einen hohen bürokratischen Aufwand der Vollzugsbehörden mit sich und auch die Auswahl der vorgesehenen Mittel ist verbesserungsbedürftig.
Die Abfassung einer „Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Verfahren für die Konformität mit und die Durchsetzung von Harmonisierungsvorschriften der Union für Produkte …“ wird von der EU-Kommission mit folgenden Marktentwicklungen begründet (Vorschlag EU-Marktüberwachungsverordnung, Begründung Ziffer 1.1):
Diese Gründe sind insgesamt nachvollziehbar. Das stellt auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Vorschlag fest. Wesentlich ist aber auch, ob die Mittel hierzu geeignet, erforderlich und angemessen sind. Mit dem Vorschlag werden eine Vielzahl von Meldungen, Berichten und bürokratischen Verpflichtungen eingeführt oder verschärft. Der praktische Nutzen dieser Änderungen ist allerdings nicht immer erkennbar (Stellungnahme des Bundesrates Drucksache 771/17):
Der Anwendungsbereich in Artikel 2(2) wird unter den Vorbehalt gestellt, dass die im Anhang aufgeführten Regelungen der EU keine Bestimmungen enthalten, die die Durchsetzung spezifischer regeln. Diese Einschränkung stellt die gewollte Einheitlichkeit der Verordnung in Frage und ermöglicht kontroverse Auslegungen.
Auch die Definition der „Wirtschaftsakteure“ ist nicht hinreichend klar:
In Kapitel III, Artikel 7 und 8 werden Vereinbarungen mit Wirtschaftsakteuren über Konformitätspartnerschaften und Absichtserklärungen geregelt, die Marktüberwachungsbehörden mit verschiedenen Beteiligten und Organisationen abschließen können. Diese Regelungen können aus hiesiger Sicht die Unvoreingenommenheit der Marktüberwachungsbehörden gefährden und zum Vorwurf führen, die Marktüberwachungsbehörden würden ihre eigenen Beratungsergebnisse überwachen.
Mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit kaum vereinbar ist die Forderung in Artikel 12 Absatz 3 des Entwurfes, die Bereitstellung eines Produktes bei jeder (auch geringen und nicht gefährdenden) Nichtkonformität auf dem Markt zumindest einzuschränken.
Grundsätzlich zu begrüßen ist es, die Amtshilfe näher zu regeln. Allerdings ist der Formulierung nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Vollzug über die Grenzen hinweg (Cross-Border-Prinzip) beibehalten werden soll oder zukünftig die Sitzbehörde des Wirtschaftsakteurs (allein) zuständig sein soll. Hier bedarf es klarerer Regelungen.
Praktisch ungeeignet erscheinen auch die Sprachregeln für die Zusammenarbeit der Marktüberwachungsbehörden (Vorschlag EU-Marktüberwachungsverordnung, Artikel 24 Nr. 5). Am Ende müsste jede Marktüberwachungsbehörde Übersetzungskapazitäten für alle Amtssprachen vorhalten. Als sinnvolle Lösung ist ein zentraler Übersetzungsdienst bei der EU anzustreben.
Die Ermächtigung der Kommission zum Erlass von Durchführungsakten gibt zu Bedenken Anlass. Durch diese Durchführungsakte ist eine schleichende Ausweitung des Aufwandes zu befürchten, da hier zu Lasten der Ausführungsorgane ergänzende Verfahren zur Umsetzung der EU-Marktüberwachungsverordnung festgelegt werden können (Die EU-Kommission erlässt nach Art. 291 AEUV (in Ausnahmefällen auch der Rat der Europäischen Union) Durchführungsakte, wenn für die Umsetzung eines Gesetzgebungsaktes einheitliche Bestimmungen erforderlich sind.).
Stefan Pemp
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