KANBrief 4/14

Einbeziehung interessierter Kreise bei der Gründung neuer Arbeitsausschüsse

Innovative Bereiche erfordern auch neue Normen. Die Themen passen jedoch oft nicht in die vorhandenen Normungsstrukturen. In diesen Fällen müssen dann je nach Thema bei ISO, CEN oder DIN neue Normenausschüsse gegründet werden. Für den Arbeitsschutz und andere interessierte Kreise ist es wichtig, von Anfang an beteiligt und über die Einflussmöglichkeiten informiert zu sein. Das Beispiel Biotechnologie verdeutlicht Abläufe und auch Hürden.

Bevor es zur Gründung eines Arbeitsausschusses kommt, diskutieren Fachleute in vielen Treffen, ob ein Thema einen neuen Ausschuss rechtfertigt (siehe KANBrief 2/14). ISO hat die Biotechnologie als innovativen Bereich mit hohem Standardisierungspotential eingestuft und bereits 2009 eine ISO Task Force ins Leben gerufen. Zwei Jahre später wurde ein internationaler Workshop veranstaltet, um mögliche Normungsthemen auszuloten und die Gründung eines ISO/TC Biotechnologie zu diskutieren. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitsschutz nicht involviert.

DIN ergriff die Initiative und beantragte nach Zustimmung der DIN-Geschäftsleitung die Gründung des ISO/TC Biotechnologie. Um auf nationaler Ebene weitere Experten einzubeziehen, wurde im September 2012 auf einem DIN-Workshop die Normung im Bereich Biotechnologie mit Vorträgen von verschiedenen Seiten beleuchtet. Eine automatische Einbeziehung aller interessierten Kreise erfolgte an dieser Stelle nicht. So hat beispielsweise der Arbeitsschutz erst über eingeladene Verbände von dem Workshop erfahren.

Im Nachgang zum Workshop fand zwei Monate später bei DIN eine Planungssitzung zur Gründung eines Arbeitsausschusses (AA) statt, um

  • mögliche Normungsthemen zu diskutieren. Der Arbeitsschutz sprach sich etwa erfolgreich gegen die Aufnahme von Biorisk-Management in das Aufgabengebiet aus.
  • das Interesse an der Normungsarbeit abzufragen und so abschätzen zu können, ob die Finanzierung gesichert ist; die Mitarbeit erfordert eine Beteiligung an der Finanzierung (Beispielsweise beträgt der Kosten-anteil pro Mitarbeiter im Jahr 2014 im AA Biotechnologie 1055 EUR. Informationen zur Finanzierung der Normung).
  • den Zeitplan und das weitere Vorgehen vorzustellen und zu überlegen, wo der Ausschuss bei DIN angesiedelt werden könnte. DIN entschied, das nationale Spiegelgremium als Unterausschuss beim Normenausschuss „Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte“ (NAL) anzusiedeln. Die Mehrheit der Teilnehmer erachtete dies als unpassend, allerdings sah DIN keine Möglichkeit, kurzfristig einen eigenen Normenausschuss einzurichten.
  • die Normungsabläufe zu erläutern, da ca. 90 % der Anwesenden erstmalig in der Normung mitarbeiteten,
  • die deutschen Kommentare zum Aufgabenbereich des geplanten internationalen Technischen Komitees zu erarbeiten, der im technischen Lenkungsgremium (TMB) (Technical Management Board, zuständig für die Betreuung der Technischen Komitees und technischen Beratungsgremien) von ISO beschlossen wird.


Startschuss für die Normungsarbeit

Im Februar 2013 stimmten die ISO-Mitglieder der Gründung des ISO/TC Biotechnologie zu. Das Sekretariat wurde DIN übertragen.

In der ISO-Gründungssitzung im Dezember 2013 wurden als Untergremien vier Arbeitsgruppen eingerichtet: Terminologie, Biobanken/ Bioressourcen, Analytische Methoden und Bioprozesstechnik. Der Beschluss des deutschen Spiegelgremiums, das Aufgabengebiet um technische Arbeitsmittel zu ergänzen, konnte in der ISO-Sitzung mit ca. 50 Experten aus 15 Ländern nicht durchgesetzt werden.

Fazit

Bei Gründung von neuen nationalen Arbeitsausschüssen und europäischen bzw. internationalen Technischen Komitees muss der Arbeitsschutz gut vernetzt sein, um rechtzeitig informiert zu werden und entsprechend im Verlauf Einfluss nehmen zu können.

Laut der Richtlinie für Normenausschüsse im DIN ist es Aufgabe von DIN, sicherzustellen, dass alle interessierten Kreise einbezogen werden – nach den Erfahrungen mit dem AA Biotechnologie schon vor der Gründungssitzung.

Dr. Anja Vomberg
vomberg@kan.de