KANBrief 4/14
Im August 2014 fand in Frankfurt der XX. Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit statt: 3980 Gäste aus 143 Ländern, 600 Vortragende, 205 Präsentationen, vier Einführungsvorträge, sechs Fachveranstaltungen, 30 Symposien, mehr als 200 Präsentationen im Forum für Prävention, zusätzlich mehr als 250 Poster, 290 Beiträge aus 33 Ländern im Medienfestival (IMFP), eine Ausstellung im Freigelände, 18 Fachexkursionen – so weit die Fakten.
Angesichts wirtschaftlicher und politischer Krisen sowie zunehmender Ressourcenknappheit könnte die Frage im Raum stehen, ob es in Zeiten des Internets überhaupt noch eines Weltkongresses zum Thema Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit bedarf. Der Hauptgeschäftsführer der DGUV, Dr. Joachim Breuer, hat dies in seiner Rede zur Eröffnung des Kongresses eindeutig bejaht. Er erhofft sich von der persönlichen, menschlichen und emotionalen Vernetzung über Fachdisziplinen und Länder hinaus „einen Impuls, der der Prävention auf internationaler Bühne mehr Aufmerksamkeit verschafft“ und sie aus ihrer Nische, in der sie sich eingerichtet hat („eine Welt der Grenzwerte, Normen und Verhaltensvorschriften“), herausholt. Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sieht er als „Querschnittsthema, das alle Bereiche des Lebens betrifft und nicht nur durch neue Technologien, Arbeitsmarktreformen, demografische Entwicklung, Immigration und Bildung beeinflusst wird, sondern auch durch Freihandel und Klimaschutz“. Um das Bewusstsein der Menschen zu ändern, ihnen nicht nur zu vermitteln, was sicher und gesund ist, sondern sie zu überzeugen, sich danach zu richten, lautet sein eindringlicher Appell: „Weg von der technischen Sprache, hin zur Sprache der Emotionen“ (Volltext der Rede (pdf);Seite 8-12).
Emotionen berühren Menschen
Guy Ryder, Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), löste Betroffenheit aus mit dem Hinweis, dass Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten weltweit jährlich 2,3 Millionen Menschenleben fordern: „Mehr Tote durch Arbeit als durch Kriege“. Kevin Myers, Präsident der Internationalen Vereinigung für Arbeitsinspektion (IALI), forderte Empathie ein, indem er Einzelschicksale zeigte und Betroffene schwerer Arbeitsunfälle zu Wort kommen ließ. Der Präsident der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS), Errol Frank Stoové, ermunterte dazu, den Anstecker „I love prevention“ zu tragen, um das eigene Engagement für Prävention auch öffentlich zu demonstrieren. Die Dundu-Lichtgestalten verzauberten mit einer kleinen Geschichte zum Thema „Gemeinsam erreicht man mehr“. Beim Deutschen Abend in der Festhalle Frankfurt ließen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Leitmotiv „My heart beats for …“ mitreißen.
Netzwerken im Kleinen wie im Großen
Eines der Ziele des Weltkongresses war es, bestehende Netzwerke zu festigen, die Grundlage für neue Kooperationen zu legen und die Beziehungen zwischen allen Beteiligten zu stärken. Innovative, interaktive Veranstaltungsformate unterstützten den persönlichen Austausch der Fachleute. In ihrem Grußwort betonte die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, dass die Menschen weltweit ein Recht auf gute Arbeitsbedingungen haben und die Verantwortlichen ihre Verantwortung wahrnehmen und deutlich besser zusammenarbeiten müssen, damit auch in Schwellen- und Entwicklungsländern eine nachhaltige Kultur der Prävention entsteht. Gemeinsam Verantwortung für sichere und gesunde Arbeit zu übernehmen, ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nur gelingen kann, wenn Politik, Wirtschaft, Sozialpartner, Wissenschaft und Fachleute national und global kooperieren.
Nachhaltigkeit – Was bleibt?
Das Motto des Weltkongresses lautete „Unsere Vision – Prävention nachhaltig gestalten“. Berichte, Kurzfassungen, Präsentationen, Fotos und Videos der einzelnen Veranstaltungsteile wurden bereits während des Kongresses veröffentlicht und sind dort dokumentiert. Sie bieten eine Basis, um die Begeisterung, die während des Kongresses spürbar war, aufleben zu lassen, sie weiterzutragen und eine Präventionskultur zu etablieren. Dass eine Kultur der Prävention mit nachhaltigen Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit möglich ist, ohne abstrakt zu sein, belegte eindrucksvoll die Sonderveranstaltung „Der Leuchtturm sticht in See!“, die parallel zum Weltkongress stattfand und sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Präventionsdienste der Unfallversicherungsträger richtete (Sonderveranstaltung Prävention).
Rita Schlüter
schlueter@kan.de