KANBrief 4/20

Gute Akustik im Open Office

Offene Bürokonzepte werden als transparente und kommunikative Arbeitslandschaften beworben. Die Planung und Gestaltung solcher Büros ist jedoch in mehrfacher Hinsicht komplex. Insbesondere die Akustik birgt enorme Herausforderungen. Staatliche Regelsetzung und Normung stellen zu diesem Thema Mess- und Beurteilungsmethoden bereit.

Open Plan, Open Space, Multispace, Shared Desk, Mehrpersonen- und Großraumbüro: Das offene Bürokonzept hat unzählige Bezeichnungen und nimmt in der heutigen Arbeitswelt ebenso viele unterschiedliche Formen an. Dabei stellt die Gestaltung von offenen Bürokonzepten hohe Anforderungen: Innenraumfaktoren wie Klima und Beleuchtung, aber auch ästhetischen Ansprüchen muss Genüge getan werden. Wenn in der Nutzungsphase Beschwerden auftreten, betreffen diese neben der fehlenden Privatsphäre (De Croon EM, Sluiter JK, Kuijer PP, Frings-Dresen MH. The effect of office concepts on worker health and performance: a systematic review of the literature. Ergonomics 48(2) 2005, S. 119-34oft auch die erhöhte Störwirkung durch Sprache (Schlittmeier SJ, Liebl A. The effects of intelligible irrelevant background speech in offices – cognitive disturbance, annoyance, and solutions. Facilities 33(1/2) 2015, S. 61-75). Die Akustik ist also ein essentieller Faktor für eine erfolgreiche Bürogestaltung.

Offenen Bürokonzepten werden viele Vorteile zugeschrieben. Einer davon ist die Förderung der Kommunikation. Eine Studie (Bernstein ES, Turban S. The impact of the ‘open’ workspace on human collaboration. Phil. Trans. R. Soc. B 373(1753) 2018), die zwei Unternehmen bei einer Umstrukturierung begleitet hat, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die direkte Kommunikation in Wirklichkeit abnimmt und sich auf einen vermehrten Austausch über E-Mail und Instant Messaging verlagert. Es tritt also ein Verlust an direkter Kommunikation ein.

Eine weitere Studie zeigt zudem, dass in Open Plan und Shared Desk Offices ein doppelt so hoher Krankenstand wie in Einzelbüros (vgl. Bodin Danielsson C, Chungkham HS, Wulff C, Westerlund H. Office design’s impact on sick leave rates. Ergonomics 57(2) 2014, S. 139-147) herrscht. Trotz der gewöhnlich als Vorteil angeführten Einsparung an Miete durch Platzersparnis bleibt somit die Frage, ob das Open Office tatsächlich mit geringeren Kosten verbunden ist als andere Bürokonzepte. Auch die möglicherweise geringere Motivation der Beschäftigten und deren verringerte Leistungsfähigkeit sollten Berücksichtigung finden.

Staatliche Regelwerke und normative Grundlagen

Aus den aufgeführten Gründen ist es bereits bei der Planung enorm wichtig, die spätere Raumakustik zu berücksichtigen. Dabei helfen als staatliche Regelwerke die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR), die die Arbeitsstättenverordnung konkretisieren. Insbesondere die ASR A1.2 „Raumabmessungen und Bewegungsflächen“ und die ASR A3.7 „Lärm“ sind für Großraum- und Mehrpersonenbüros als wichtige Grundlage zu beachten.

Diese Regeln wurden durch Normen ergänzt, um ein Büro bis ins Detail akustisch planen zu können. Die EN ISO 3382-3:2012 "Akustik - Messung von Parametern der Raumakustik - Teil 3: Großraumbüros" beschreibt Kenngrößen, die es ermöglichen, ein großes Büro insbesondere für den dominanten Störfaktor „Sprache“ akustisch zu parametrisieren. Die nationale VDI-Richtlinie 2569:2019-10 "Schallschutz und akustische Gestaltung in Büros" erlaubt auf Basis dieser Kenngrößen eine Bewertung und die Zuweisung einer Raumakustik-Klasse. Sie enthält zudem vielfältige Hinweise zur raum- und bauakustischen Planung und Auslegung von Büros.

Um die verschiedenen Kenngrößen nach der Messung zu berechnen und eine Raumakustik-Klasse zuweisen zu können, bietet das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) zwei Praxishilfen für Mehrpersonenbüros an.

Gute Akustik im Büro

Bei der Gestaltung einer guten akustischen Umgebung im Büro sind viele Faktoren zu berücksichtigen:

  • Grundlegende Voraussetzung für alle weiteren Schritte ist ein ausreichendes Maß an Absorption (meist durch eine Akustikdecke zu realisieren).
  • Zur Verringerung von Störgeräuschen (beispielsweise Gespräche anderer Beschäftigter) trägt eine Zonierung in einzelne Raumbereiche bei, die durch zielgerichtete Schirmung akustisch voneinander getrennt werden. Grundlage der Zonierung ist eine Analyse der im Büro durchgeführten Tätigkeiten. Darauf aufbauend kann der Raum in jeweils akustisch angepasste Bereiche unterteilt werden. So ist es nicht sinnvoll, in einem Raumbereich zeitgleich kommunikative und interaktive Tätigkeiten mit Tätigkeiten zu mischen, die „leise“ sind und eine hohe Anforderung an die Konzentration stellen.
  • Ebenso wichtig wie die tätigkeitsbezogene Aufteilung und eine ausreichende Anzahl an Rückzugs- und Besprechungsräumen ist eine festgelegte Kommunikations- und Verhaltensetikette.
  • Die Akzeptanz für offene Büros steigt, wenn die Beschäftigten bereits in die Planungsphase des Arbeitsraums einbezogen werden.

Gute Akustik begünstigt die Motivation, ist Grundlage für eine gute Arbeitsleistung und fördert die Gesundheit der Beschäftigten.

Jan Selzer
jan.selzer@dguv.de