KANBrief 4/20

Neue Norm für Tätowier-Dienstleistungen

Im Frühjahr 2020 wurde die Norm EN 17169 „Tätowieren – Sichere und hygienische Praxis“ veröffentlicht. Sie gibt Leitlinien für Tätowierer vor und legt unter anderem Anforderungen an die Hygiene fest. Der Arbeitsschutz hatte den Normentwurf dahingehend kommentiert, dass die Qualität der Dienstleistung und die Sicherheit des Kunden im Fokus stehen müssen, und nicht die Sicherheit des Tätowierers.

Seit 2014 haben sich Berufsverbände von Tätowierern (insbesondere Deutsche Organisierte Tätowierer (DOT e.V.) und United European Tattoo Artists (UETA)) dafür eingesetzt, die in verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene existierenden Dokumente in einer europäischen Norm zusammenzuführen. Tätowier-Dienstleistungen weisen die Besonderheit auf, dass die Ausübung dieses Berufs derzeit in Deutschland an keinerlei Befähigungsnachweis oder vorherige Ausbildung geknüpft ist. Es handelt sich beim Tätowieren um ein rein anzeigepflichtiges Gewerbe. Vermutlich auch deshalb bestand großer Bedarf, grundlegende Anforderungen zumindest in einer Norm festzuschreiben.

Um wessen Schutz geht es?

2017 wurde der Normentwurf der EN 17169 „Tätowieren – Sichere und hygienische Praxis“ veröffentlicht. Dieser beinhaltete nicht nur Vorgaben hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit der Kunden, sondern regelte auch an vielen Stellen die Sicherheit und Gesundheit der Tätowierenden. Wobei eine klare Trennung der Maßnahmen für die beiden Zielgruppen oft schwierig ist: Maßnahmen für die Kunden können auch Schutz für die Tätowierenden bieten. Beispiele hierfür sind die Impfvorsorge der Tätowierenden oder die Nutzung von Handschuhen.

Im Fokus einer Dienstleistungsnorm sollte die Qualität der Dienstleistung und der Schutz der Kunden stehen, und nicht Anforderungen zum Schutz der Beschäftigten, die in verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt sein können. Dementsprechend gibt auch der CEN Guide 15 vor, dass Anforderungen an die Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten nicht Bestandteil von Dienstleistungsnormen sein sollen. Die KAN hat zum Normentwurf Stellung genommen, um auf eine Streichung bzw. Umformulierung der betroffenen Abschnitte sowie die Ergänzung eines nationalen Vorworts mit Verweis auf die in Deutschland gültigen Arbeitsschutz-Vorschriften und –Regeln hinzuwirken.

Die Norm wurde im Frühjahr 2020 nach vielen Diskussionen veröffentlicht. Der Anwendungsbereich enthält nach wie vor explizit den Hinweis, dass die Norm Anforderungen und Empfehlungen für eine hygienische und sichere Praxis des Tätowierens anführt, um sowohl Kunden als auch Tätowierende vor Infektionen zu schützen. In einem kürzlich veröffentlichten nationalen Beiblatt zur Norm wird explizit auf die in Deutschland geltenden Regelungen zum Arbeitsschutz beim Tätowieren hingewiesen. Bei der nächsten Überarbeitung der Norm wird diese Ergänzung voraussichtlich direkt in das nationale Vorwort übernommen. So erhalten auch die Tätowierenden bzw. Arbeitgeber die Information, dass die Beachtung der Norm allein nicht ausreicht, sondern im Bereich des Arbeitsschutzes in Deutschland weitere Regelungen zu beachten sind (z.B. Biostoffverordnung, Gefahrstoffverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, Infektionsschutzgesetz, Hygieneverordnungen der Länder).

Für den Kunden sichere Dienstleistung

Sicherlich kann die neue Norm Tätowieren für die Kunden sicherer machen. So sieht sie zum Beispiel vor, dass die Kunden vor und nach der Tätowierung ausführlich mündlich und schriftlich über Eingriff, Risiken, mögliche Komplikationen und Nachsorge aufgeklärt werden müssen und legt Anforderungen an die Räumlichkeiten sowie an die Reinigung und Desinfektion von Geräten fest. Auch die Vorgabe, dass die Einverständniserklärung Informationen zu den verwendeten Tätowierfarben enthalten muss, ist eine gute Maßnahme. Ob allerdings – wie in der Pressemitteilung von DIN zur Veröffentlichung der Norm angekündigt – die DIN EN 17169 dazu geeignet ist, um von den Gesundheitsbehörden für die Prüfung von Tattoo-Studios herangezogen zu werden, bleibt abzuwarten.

Mit kleinen Kuriositäten wartet die Norm auch auf: So sind „Rauchen, E-Zigaretten und andere elektronische Nikotinabgabesysteme sowie der Konsum nicht verschriebener und illegaler Arzneimittel bzw. Drogen oder Alkohol“ im Tätowierbereich explizit nicht zulässig.

Dr. Anja Vomberg
vomberg@kan.de