KANBrief 3/11

Anpassung von 10 Richtlinien an den Neuen Rechtsrahmen

Das 2008 verabschiedete „Binnenmarktpaket“ enthielt neben der Europäischen Verordnung 765/2008/EG zur Marktüberwachung und Akkreditierung (Verordnung 765/2008/EG über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten)auch den Beschluss 768/2008/EG (Beschluss 768/2008/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten). Hierin wurde vereinbart, wie künftig Richtlinien zu gestalten sind, damit der Binnenmarkt einheitlicher und besser geregelt wird. Im Zuge der Umsetzung dieses Neuen Rechtsrahmens hat die Europäische Kommission Vorschläge für die Anpassung von zehn Richtlinien vorgelegt.

Dieses so genannte „alignment package“ umfasst solche Richtlinien, die nicht ohnehin, wie etwa die PSA-Richtlinie, einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen werden müssen. Die aus Sicht des Arbeitsschutzes wichtigsten unter den zehn Richtlinien betreffen Niederspannungsprodukte, Druckgeräte, Aufzüge sowie Produkte zur Verwendung in explosionsfähigen Atmosphären. Ab dem 25. Oktober 2011 werden die Vorschläge der Kommission im Rat und im Europäischen Parlament diskutiert.

Im Wesentlichen möchte der europäische Gesetzgeber erreichen,

• die Zahl der nichtkonformen Produkte auf dem Markt zu reduzieren,

• die Arbeit der Marktüberwachung zu erleichtern,

• die Leistung und Qualität der Konformitätsbewertungsstellen zu verbessern,

• Ungereimtheiten zwischen unterschiedlichen Richtlinien auszuräumen

• und insgesamt die Rechtssicherheit zu verbessern.

Auswirkungen für die betroffenen Kreise

Während die Verordnung 765/2008/EG für die Marktüberwachung und das Akkreditierungswesen teilweise erhebliche Änderungen mit sich brachte, wiegen die Auswirkungen der nun stattfindenden Richtlinienanpassungen insgesamt sicher weniger schwer. In vielen Fällen handelt es sich um Vereinfachungen, insbesondere für alle, die mit mehreren Sektoren zu tun haben. Beispielsweise werden nun Definitionen vereinheitlicht und klarer gestaltet (zum Beispie „Hersteller“, „Bereitstellung auf dem Markt“) und – sofern erforderlich – auch ergänzt (zum Beispiel weitere „Wirtschaftsakteure“ und deren Verantwortung).

Selbst neu eingeführte Verpflichtungen, wie etwa verschärfte Anforderungen an die Zurückverfolgbarkeit eines Produktes, dürften mehrheitlich begrüßt werden, da sie für gerechtere Wettbewerbsbedingungen sorgen und unseriös handelnden Wirtschaftsakteuren entgegenwirken sollen. Neue einheitliche Verpflichtungen für Importeure und Händler könnten zwar auf den ersten Blick als zusätzliche Bürde aufgefasst werden. Da sie nun jedoch vergleichbar sind mit denen aus der Richtlinie zur allgemeinen Produktsicherheit (GPSD), sorgen sie dafür, dass der Rechtsrahmen einheitlicher und übersichtlicher wird.

Neu gefasst ist das Benennungsverfahren für Konformitätsbewertungsstellen; es soll jetzt auf einer Akkreditierung basieren. Zudem können – im Gegensatz zu bisher – Mitgliedstaaten und Europäische Kommission die Benennung einer Stelle anfechten, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht erfüllt. Die Verantwortung der benennenden Behörden wurde hierfür klarer definiert: Vor dem Benennen müssen sie die Stellen auch tatsächlich bewerten und im Nachgang auch überwachen. Dazu gehören auch neue Informationsverpflichtungen, denn jeder Mitgliedstaat muss nun die Kommission über seine Verfahren zur Begutachtung, Benennung und Überwachung sowie über diesbezügliche Änderungen unterrichten. Die Kommission wiederum muss diese Informationen veröffentlichen.

Um die Marktüberwachung zu verbessern, gibt es auch für die Marktteilnehmer erweiterte Informationspflichten. Sie sollen zum Beispiel dazu dienen, Hersteller in Drittländern besser ausfindig machen oder technische Unterlagen leichter einsehen zu können. In allen Sektoren werden hierzu künftig gleiche Prozeduren anzuwenden sein.

Die anzuwendenden Konformitätsverfahren (Module) werden in allen Richtlinien weitgehend einheitlich aus dem Beschluss übernommen, jedoch müssen wohl einige Unterschiede wegen sektorspezifischer Besonderheiten beibehalten werden.

Übergangsfristen und Umsetzung

Eine Übergangsfrist wurde noch nicht festgelegt, allerdings schlägt die Kommission dafür voraussichtlich zwei Jahre vor. Die zehn betroffenen Richtlinien werden als vollständig konsolidierte Texte neu herausgegeben, sodass auch die nationale Umsetzung jeweils neu gefasst werden muss. Da sich der Rechtsrahmen nun insgesamt doch spürbar geändert hat, ist geplant, auch den Leitfaden für die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien (Blue Guide) zu überarbeiten.

 

Corrado Mattiuzzo
mattiuzzo@kan.de