KANBrief 3/11

Datenerfassung durch Auto-ID-Systeme: PSA denkt mit!

Die Vision ist verlockend: Jeder Mitarbeiter, der einen Arbeitsplatz betritt und persönliche Schutzausrüstung trägt, wird im Zutrittsbereich automatisch und berührungslos gescannt. Es wird überprüft, ob die Schutzausrüstung geeignet, im ordnungsgemäßen Zustand und untereinander kompatibel ist. Die Unfallzahlen, Krankentage und Berufskrankheiten müssten dadurch ein noch nie da gewesenes Minimum erreichen.

Unter dem Begriff Auto-ID werden Technologien zur automatischen Identifizierung, Datenerfassung und Datenübertragung zusammengefasst. Die Erfassung und Übertragung erfolgt kontaktlos, zum Beispiel optisch über Barcodes, magnetisch über Magnetstreifen oder induktiv über RFID (Radiofrequenztechnologie für Identifikationszwecke). Bei der RFID-Technologie können über eine Antenne und einen statischen oder beschreibbaren Chip (Transponder) an dem zu identifizierenden Objekt Daten mittels Lesegerät (Reader) erfasst und ausgetauscht werden.

Forschungsprojekte

In einem von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geförderten Forschungsprojekt „Sicherheitstechnik mit RFID“ (2007-2008) hat die Universität Wuppertal gezeigt, dass RFID-Portale zur Erkennung von PSA auf Baustellen geeignet sind (siehe Kan Brief 03/07). In einem zweiten, aktuellen Forschungsprojekt (2010-2011) wird die PSA zusätzlich mit Sensorik ausgestattet, um Daten zu zeitabhängigen Leistungsmerkmalen von PSA aufzunehmen und auszuwerten (zum Beispiel Feuchte, Temperatur, Erschütterung).

RFID/PSA-Normenausschuss gegründet

Voraussetzung zur Nutzung der RFID-Technologie ist ein übergeordnetes digitales Klassifizierungssystem für sämtliche Arten von PSA: Jede PSA bekommt ihren eigenen Code, aus dem sich unmittelbar auf die Art der PSA und deren spezielle Eigenschaften schließen lässt. Die Leistungsmerkmale können so automatisch und eindeutig identifiziert und dokumentiert werden. Mit einer Erfassung über die gesamte Lebensdauer der PSA ist es möglich, den Produkt- Lebenszyklus von der Herstellung über die Lagerbedingungen, Wartung und Instandhaltung, Prüffristen und Einsatzdauer bis hin zur Entsorgung nachzuvollziehen.

Im Normenausschuss PSA des DIN wurde Ende 2008 der Sonderausschuss „RFID bei PSA“ gegründet. Ziel ist es, ein Klassifizierungssystem zu erstellen, die PSA-Merkmale zu digitalisieren und die technischen Anforderungen für die Erfassung mittels der RFID-Technologie festzulegen.

Datenstrukturen und Vergabestelle

Kernpunkt der Norm ist der Aufbau einer Datenstruktur anhand von Produktmerkmalen, die eine eindeutige Zuordnung zur PSA und ein fehlerfreies Auslesen der Daten ermöglicht. Dabei sollte die Belegung der Speicherplätze auf ein Minimum reduziert werden, um kurze Auslesezeiten und damit ein schnelles Scannen zu ermöglichen. Andererseits sollten für zukünftige Anwendungen Speicherplätze reserviert werden. Sobald eine Datenstruktur für PSA festgelegt ist, erfolgt die Vergabe von Nummernkreisen an die Hersteller. Eine Vergabestelle für PSA existiert derzeit noch nicht, wird aber im Rahmen des Normprojektes gegründet oder mit einer existierenden Vergabestelle zusammengelegt.

Nutzen und Grenzen für den Anwender

  • Der PSA-Träger geht durch ein Ausleseportal (Gate) und seine PSA wird innerhalb kurzer Zeit automatisch erfasst und bewertet. Erst wenn alle Daten mit den Anforderungen aus der Gefährdungsanalyse für diesen Arbeitsplatz übereinstimmen, darf der Anwender den Bereich betreten.
  • PSA-Daten werden herstellerübergreifend erfasst und auf ihre Eignung, Vollständigkeit und Kompatibilität untereinander überprüft.
  • Charakteristische Produktmerkmale können schnell und aktuell berührungslos erfasst werden, zum Beispiel Herstelldatum, Einsatzbereitschaft, Einsatzdauer, Wartungszustand, geplante Prüftermine.
  • Die PSA wird personenbezogen erfasst, jedoch dürfen Bewegungsprofile von Mitarbeitern aus datenrechtlichen Gründen nicht erstellt werden.

Um das Potenzial für Hersteller und Anwender voll auszuschöpfen, wird eine Normenreihe auf europäischer bzw. internationaler Ebene angestrebt. Der Sonderausschuss „RFID bei PSA“ erstellt derzeit den Normenteil zur Datenstruktur. Mit einem öffentlichen Entwurf ist voraussichtlich 2012 zu rechnen. Ein zweiter Normenteil wird die technischen Anforderungen beschreiben.

Dr. Robert Plum
Mitarbeiter im Sonderausschuss "RFID bei PSA"
rplum@mmm.com