KANBrief 3/24

Arbeitsschutz fängt schon in der Ausbildung an

Viel zu oft wird der Arbeitsschutz erst bei konkreten Anlässen wahrgenommen: wenn der Beitrag zur Unfallversicherung gezahlt wird, bei Unterweisungen zum Arbeitsschutz oder im schlimmsten Fall, wenn Unfälle passieren oder Berufskrankheiten auftreten. Hier muss viel früher angesetzt werden, damit Arbeits- und Gesundheitsschutz zum festen Bestandteil der Kultur am Arbeitsplatz wird.

In Deutschland gab es 2023 über 780.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle. Obwohl die Tendenz rückläufig ist, ist das immer noch eine hohe Zahl. Aus Arbeitsschutzsicht muss schon die Ausbildung die Sensibilisierung für berufsbedingte Risiken und das Training zu deren Vermeidung beinhalten. Die präventive Verringerung von Unfallgefahren durch die Gestaltung von sicheren Produkten oder Arbeitsmitteln muss ebenso fester Bestandteil des Lehrplans werden. Dazu gehört auch Wissen über die technische Normung.

Ausbildungsangebote zum Arbeitsschutz

Manche Ausbildungen widmen sich bereits gezielt dem Arbeitsschutz. Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen, die Begriffe wie Arbeitssicherheit, Gesundheit, Arbeitsschutz oder Sicherheitstechnik im Titel tragen, können in den Arbeitsschutzabteilungen von Unternehmen einen wertvollen Beitrag für sichere und gesunde Arbeitsplätze leisten.

Die KAN engagiert sich seit vielen Jahren in diversen Ausbildungsgängen und bei Weiterbildungen, z. B. bei verschiedenen Hochschulen und Verbänden. Hierbei verdeutlicht sie die Bedeutung der Normung für den Arbeitsschutz. Normen bilden die Grundlage für die Konstruktion von sicheren Arbeitsmitteln und eine Informationsquelle für Unternehmen bei der Auswahl von sicheren und gesunden Arbeitsmitteln. Die KAN-Geschäftsstelle hat ein Repertoire an Wissensmodulen und interaktiven Lerneinheiten erstellt. Sie bietet interessierten Einrichtungen und Lernenden an, das Thema Normung als Mittel der Prävention vorzustellen, etwa im Rahmen eines Kurses mit ein bis vier Unterrichtseinheiten. Gemeinsam mit dem Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV bietet sie zudem regelmäßig das Seminar „Grundlagen der Normungsarbeit im Arbeitsschutz“ (Seminar-Nr. 570044) an. Hier werden neuen und erfahrenen Arbeitsschutzfachleuten die Verfahrensabläufe und vor allem die verschiedenen Einflussmöglichkeiten im Normungsprozess vermittelt.

Sowohl während der Ausbildung als auch später am Arbeitsplatz können e-Learning-Angebote gut genutzt werden. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bieten eine breite Palette an branchen- und tätigkeitsspezifischen Materialien rund um das Thema Sicherheit und Gesundheit an. DIN und DKE vermitteln mit verschiedenen Angeboten, etwa der Konferenzreihe „Durchstarten mit Normung“ der Young Professionals, einen Einblick in die Welt der Normung.

Auf europäischer Ebene gibt es ebenfalls Initiativen, die eine größere Wertigkeit der Normung in der Ausbildung erreichen wollen. Ein Beispiel ist das von der Europäischen Union geförderte Projekt  EDU4Standards, das die Vermittlung von Wissen rund um die Normung an europäischen Universitäten verbessern möchte.

Dr. Michael Thierbach
thierbach@kan.de

Bergische Universität Wuppertal: Arbeitsschutz im Blick

Die Normung als Teil des produktbezogenen Arbeitsschutzes (Produktsicherheit) in die Lehre von ingenieurwissenschaftlichen oder technisch orientierten Studiengängen einzubeziehen, ist zwar selbstverständlich, geschieht jedoch nicht von selbst. Wesentlich ist, dass dieser zentrale Aspekt integraler Bestandteil der Lehrinhalte ist und nicht als Nebensache behandelt wird.

Ein Beispiel ist die Vorgehensweise der Fakultät für Maschinenbau und Sicherheitstechnik an der Bergischen Universität Wuppertal (BUW). Die verschiedenen Studiengänge beziehen die Themen Normung und Produktsicherheit sowie Normung und betrieblicher Arbeitsschutz (Betriebssicherheit) systematisch ein.

Auf dem 179. Sicherheitswissenschaftlichen Kolloquium der BUW wurden am 26. April 2024 auch die KAN-Praxis-Module Ergonomie lernen vorgestellt. Sie sollen dafür sorgen, dass Wissen zur Ergonomie im Bereich der Produktsicherheit und Produktergonomie angemessen in die Ausbildung einfließt und den Konstrukteuren und Konstrukteurinnen von Arbeitsmitteln und Maschinen später zur Verfügung steht.

Prof. Dr. Ralf Pieper,
Leiter des Fachgebiets Sicherheits- und Qualitätsrecht der Bergischen Universität Wuppertal