KANBrief 2/25
Als Leiter des Arbeitgeberbüros in der KAN-Geschäftsstelle vertrat Eckhard Metze bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende März 2025 über 25 Jahre lang in zahlreichen Normungs- und Arbeitsschutzgremien die Interessen der Arbeitgeber.
Zu Beginn meiner Tätigkeit als Leiter des Arbeitgeberbüros der KAN habe ich mich schwerpunktmäßig mit Managementnormung beschäftigt. Im Mittelpunkt standen die Arbeitsschutzmanagementsysteme und der Übergang von der BSI OHSAS 18001 zur ersten internationalen Norm in diesem Bereich, der DIN EN ISO 45001. Darüber hinaus stand die Erarbeitung der ISO 26000 zur gesellschaftlichen Verantwortung im Fokus meines Interesses.
Mein heutiger Wunsch wäre, dass sich die Zahl dieser Normen in Grenzen hält. Wenn wir auf der einen Seite nach Entbürokratisierung und der Entrümpelung des Vorschriftenwerkes rufen, kann unmöglich gewollt sein, dieses durch Normen zu ersetzen, deren Anwendung zwar vom Grundsatz her freiwillig ist, die aber dann doch durch Zertifizierung oder als Vertragsgrundlage bindend werden. Dem sollte der Normenausschuss Organisationsprozesse bei DIN entgegenwirken.
Problematisch scheint mir, dass die Normung immer weiter in Bereiche vordringt, die nichts mit der klassischen technischen Normung zu tun haben. Beispiele sind Themen wie Compliance, Korruptionsbekämpfung, Personalmanagement und Nachhaltigkeit von Organisationen, aber auch Anforderungen an Dienstleistungen und Qualifikationen. Es wird für die KAN immer wichtiger, dafür zu sorgen, dass Fragestellungen, die in der Regelungshoheit der Tarifvertragsparteien liegen, aus der Normung herausgehalten werden. Themen wie die Entgeltgestaltung oder der soziale Arbeitsschutz haben dort generell nichts zu suchen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die ‚Arbeitsgruppe Normung’ beim Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz der Europäischen Kommission, die 2011 unter anderem auf Initiative des Arbeitgeberbüros der KAN-Geschäftsstelle eingerichtet wurde. Auf europäischer Ebene gibt es damit ein spezielles tripartistisches Gremium, in dem sich Staat, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu normungspolitischen Fragen austauschen. Kritisch diskutiert wurde zum Beispiel die Behandlung von Sachverhalten in Normen, die nach Artikel 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU den Regelungen der einzelnen Mitgliedstaaten oder der Tarifparteien vorbehalten sind.
Ein besonders wichtiges Anliegen war mir immer auch die Ergonomienormung. Die Normen vermitteln den Betrieben Grundlagen und Prinzipien der Ergonomie und bilden ein von allen interessierten Kreisen akzeptiertes Regelwerk zur Arbeits- und Produktgestaltung. Im Beirat des Normenausschusses Ergonomie haben wir ein modernes Konzept für die Ergonomienormung entwickelt, das auch die internationalen und europäischen Normungsgremien ISO/TC 159 und CEN/TC 122 entscheidend mitbeeinflusste. Als wichtiger Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis widmet sich die Ergonomie-Normung auch den Zukunftsfragen der Arbeitsgestaltung und sucht nach Lösungen für gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen, wie z. B. den Umgang mit arbeitsbezogener psychischer Belastung, die alternsgerechte Arbeitsgestaltung sowie die Gestaltung von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz.
Eine Hauptherausforderung sehe ich darin, weiterhin genügend Mitarbeitende für die Normung zu finden, die dazu beitragen, gerade in der internationalen Normung die deutschen Interessen zu vertreten. Die internationale Normung wird leider zunehmend durch Nationen bestimmt, die Normung nicht mehr nur als Mittel zur Vermittlung von Wissen verstehen, sondern in erster Linie um nationale Wirtschafts- und Handelsinteressen durchzusetzen. Dem muss auf allen Ebenen entgegengewirkt werden.
Große Chancen sehe ich in der Digitalisierung der Normungsverfahren. Dadurch lassen sich an vielen Stellen Zeit und Ressourcen einsparen. Persönliche Begegnungen kann dies aber nicht ersetzen. Wichtig bleibt außerdem der eherne Grundsatz, dass Normung nur Erfolg hat, wenn sie im Konsens geschieht. Dies setzt aber auch voraus, dass sich so viele gesellschaftliche Gruppen wie möglich an der Normung beteiligen – unter anderem Vertreter der Sozialpartner, aber auch der Wissenschaft, der öffentlichen Hand und der Zivilgesellschaft.