KANBrief 1/15

Beispiele guter Praxis der Maschinenergonomie

Wie können Konstrukteure bei der Gestaltung von Maschinen dazu angeregt werden, ergonomische Erkenntnisse anzuwenden, und welchen Beitrag kann die Normung dazu leisten? Was überzeugt Einkäufer, eine Maschine zu bestellen, die besser an die Bedürfnisse der Anwender angepasst ist? Die KAN setzt hierfür auf Beispiele guter Praxis, von denen sie einige in einer Studie hat ermitteln lassen. Im März fiel der Startschuss für ein Webportal, in dem die Beispiele präsentiert werden.

Nach einer Vorstudie hat die KAN 2012 eine umfangreiche Studie beim Institut für Arbeitswissenschaft (IAD) an der Technischen Universität Darmstadt in Auftrag gegeben. Als Themenfelder wurden innerbetriebliche Transportmittel und Werkzeugmaschinen ausgewählt. Das im Rahmen der Studie entwickelte Webportal enthält Gestaltungsbeispiele von Maschinen oder deren Bauteilen, die ergonomische Kriterien besonders gut erfüllen. Sie zeigen innovative Wege auf, Gefährdungen zu reduzieren, die durch mangelnde Beachtung ergonomischer Kriterien entstehen.

Gegenwärtig verfügt das Portal über zwei Hauptmenüs: Die erste Rubrik wurde nach Belastungsarten (körperlich, psychisch, umgebungsbedingt) unterteilt und stellt gute Detaillösungen an Maschinen vor. In der zweiten Rubrik „Maschinen“ sind die beiden Hauptkategorien „Werkzeugmaschinen“ und „Maschinen des innerbetrieblichen Transports“ mit Unterkategorien angelegt. Hier können Maschinenentwickler und Beschaffungsverantwortliche direkt über die Art der Maschine recherchieren. Unter „Weitere Infos“ ist zu jeder Lösung ein Link auf die Normenrecherche ErgoNoRA und eine Liste von Begriffen für die Suche nach den jeweils relevanten Normen zu finden.

Unterstützung der Normungsarbeit

Der DIN-Normenausschuss „Ergonomie“ hat die anwenderfreundlichere Formulierung von Ergonomie-Normen zu einem wichtigen Ziel seiner Arbeit erklärt. Gut nachvollziehbare Praxisbeispiele einer normgerechten Gestaltung von Arbeitsmitteln sollen die effektive Nutzung von Ergonomie-Normen fördern bzw. verbessern. Die Praxisbeispiele des neuen Webportals könnten daher in einen Anwendungsleitfaden eingehen, der die Experten in den Normungsgremien unterstützt, in Typ-C-Normen für bestimmte Maschinen konkrete ergonomische Anforderungen zu ergänzen.

Mit der EN 13861:2011 („Sicherheit von Maschinen – Leitfaden für die Anwendung von Ergonomie-Normen bei der Gestaltung von Maschinen“) existiert bereits ein Leitfaden, der die Anwendung ergonomischer Normen bei der Gestaltung von Maschinen unterstützt. In seinem Anhang werden 20 verschiedene Gefährdungen mit darauf anzuwendenden Typ-B-Normen verknüpft. Um die Umsetzung der EN 13861 zu verbessern und das Verständnis der referenzierten Typ-B-Normen zu erleichtern, wäre es sinnvoll, ihre Hinweise ebenfalls mit Beispielen guter Praxis zu verknüpfen.

Gute Lösungen bei ErgoMach und im Leitfaden zur Maschinenrichtlinie

Die Ergonomie bei der Gestaltung von Maschinen stärker zu berücksichtigen, ist das erklärte Ziel von ErgoMach (siehe auch KANBrief 1/11). Die Internetseite wurde 2014 vollkommen überarbeitet, so dass sie nun auch als Diskussionsplattform verwendet werden kann. Zudem wurde sie um Gute Lösungen der Maschinenergonomie aus sogenannten Feedback-Projekten der letzten Jahre ergänzt, mit denen systematisch die Erfahrungen der Maschinenanwender erfasst wurden (siehe ErgoMach).

Der „Leitfaden zur Anwendung der Richtlinie 2006/42/EG“ der Europäischen Kommission erläutert die Anforderungen der Maschinenrichtlinie, auch die aus Abschnitt 1.1.6 „Ergonomie“ des Anhangs I. Konkretisiert werden diese Erläuterungen durch Faktenblätter (Sheets) zu den fünf ergonomischen Faktoren Bedienervariabilität, Bewegungsfreiraum, Arbeitsrhythmus, Aufmerksamkeit und Mensch-Maschine-Schnittstelle. Die von ErgoMach erarbeiteten und von der Europäischen Kommission mit dem Leitfaden verlinkten Faktenblätter enthalten bereits einige Anwendungsbeispiele. Die Beispiele guter Praxis aus dem KAN-Webportal könnten im Zuge einer Aktualisierung genutzt werden, um die Verständlichkeit des Leitfadens durch die Angabe von möglichen Konstruktionsprinzipien noch weiter zu verbessern.

Workshop zur Weiterentwicklung des KANPraxis-Portals

Das Webportal soll künftig um weitere Beispiele erweitert werden. Die KAN wird daher einen Workshop organisieren, auf dem nicht nur für das Portal geworben, sondern auch diskutiert werden soll, wie weitere Beispiele gefunden werden können. Zielgruppen sind Multiplikatoren und Präventionsexperten sowie Hersteller, die daran interessiert sind, dass ihre Maschinen oder Detaillösungen in das Portal aufgenommen werden.

Corrado Mattiuzzo
mattiuzzo@kan.de

Hinweis: Das Portal wurde im Juni 2023 eingestellt