KANBrief 3/17

Die technische Regelsetzung im VDI

Der 1856 gegründete Verein Deutscher Ingenieure (VDI) zählt heute 155.000 persönliche Mitglieder und hat eine lange Tradition in der technischen Regelsetzung. Jährlich werden über 200 VDI-Richtlinien neu oder aktualisiert veröffentlicht. Der VDI unterstützt gemeinsam mit anderen technischen Regelsetzern das Ziel, ein einheitliches, alle Gebiete der Technik umfassendes Regelwerk zu erstellen.

Im Jahr 1881 beschloss der VDI, die Vergleichbarkeit von Investitionsgütern zu fördern und veröffentliche im darauffolgenden Jahr in der Wochenschrift des VDI einen Richtlinienentwurfstext. Den Lesern der Zeitschrift sollte die Möglichkeit gegeben werden, zu diesem Text Stellungnahmen abzugeben. Am 8. März 1884 erschien in der „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ die erste VDI-Richtlinie mit Grundsätzen für die Untersuchung von Dampfkesseln und Dampfmaschinen.

Was VDI-Richtlinien sind
Heute sind rund 2.000 VDI-Richtlinien im Markt, die über den Beuth Verlag vertrieben und auch über Auslegestellen verfügbar gemacht werden. Sehr enge Beziehungen bestehen zum DIN, was u.a. durch zwei gemeinsame Normenausschüsse zum Ausdruck kommt: die VDI/VDE-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) und den DIN/VDI-Normenausschuss Akustik, Lärmminderung Schwingungstechnik (NALS). Die Entscheidung, ob eine VDI-Richtlinie oder eine DIN-Norm erarbeitet wird, fällt häufig themenbezogen oder ist historisch bedingt. Oft entsteht im Laufe von Diskussionen aktueller Themen in VDI-Gremien das Bedürfnis, den aktuellen Wissenstand in einer Richtlinie festzuschreiben. Wenn eine europäische oder internationale Standardisierung angestrebt wird, dienen VDI-Richtlinien in manchen Fällen als Grundlage für ISO-, IEC- oder EN-Normen.

Der VDI erhebt den Anspruch, durch sein Richtlinienwerk praxisorientierte, allgemein anerkannte Regeln der Technik zu schaffen, die Fachleuten die Sicherheit geben, bei Anwendung einer VDI-Richtlinie richtig zu handeln. Bekannte Beispiele für VDI-Richtlinien sind:

  • VDI 2047 „Hygiene bei Rückkühlwerken“
  • VDI 2221 „Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte“
  • VDI 2230 „Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen“
  • VDI 6022 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität“

Wie die VDI-Richtlinienarbeit funktioniert
Erarbeitet werden VDI-Richtlinien nach dem Konsensprinzip in ehrenamtlicher Gemeinschaftsarbeit von etwa 10.000 Experten in den meisten der 600 VDI-Fachgremien. Grundlage dafür ist die Richtlinie VDI 1000 „VDI-Richtlinienarbeit – Grundsätze und Anleitungen“, in der die Zielsetzung, Arbeitsweise und rechtlichen Zusammenhänge der VDI-Richtlinienarbeit beschrieben sind. Die VDI 1000 ist im Februar 2017 in überarbeiteter Fassung veröffentlicht worden und hat gegenüber ihrem Vorgängerdokument neue und präzisierte Inhalte:

  • Es wurde ausführlicher formuliert, welche Schritte vor Aufnahme der Arbeiten für eine neue VDI-Richtlinie zu gehen sind. Damit soll u. a. erreicht werden, dass es nicht zu Doppelarbeiten in der technischen Regelsetzung kommt.
  • Die zu berücksichtigenden interessierten Kreise sind explizit genannt (z. B. Arbeitsschutz, Gewerkschaften, öffentliche Hand), um zu verdeutlichen, dass in der VDI-Richtlinienarbeit ein breiter Konsens zu erreichen ist.
  • Die Abwicklung des Einspruchsverfahrens wurde verändert und ein neues Beschwerdeverfahren mit separater Geschäftsordnung eingeführt. Neu ist, dass alle Einsprecher zur Einspruchssitzung eingeladen werden, um ihren Standpunkt persönlich vertreten zu können.

Wie die Verbindungen zum Arbeitsschutz sind
Im Rahmen der Aktivitäten des VDI ergeben sich immer wieder Verknüpfungen zu Themen des Arbeitsschutzes, hauptsächlich im VDI-Fachbereich „Sicherheit und Management“. Hier werden wichtige Aspekte der betrieblichen Sicherheit behandelt, z.B. in der Richtlinie VDI 4068 „Zur Prüfung befähigte Personen". Aber auch Einzelthemen wie Additive Fertigungsverfahren, Ladungssicherung, Aufzugstechnik oder Trinkwasserhygiene berühren den Arbeitsschutz. Hier gibt es bereits eine existierende Zusammenarbeit mit Vertretern des Arbeitsschutzes – meist über die entsprechenden Unfallversicherungsträger. Für die Zukunft ist vorgesehen, diese Zusammenarbeit über die KAN-Geschäftsstelle zu systematisieren.

 

Dieter Westerkamp
Bereichsleiter Technik und Wissenschaft im VDI
westerkamp@vdi.de

  

Informationen zum VDI

www.vdi.de

www.vdi.de/richtlinien: Informationen zu VDI-Richtlinien

www.vdi.de/nnnn: Homepage für die Richtlinie VDI nnnn