KANBrief 2/10
Der Einsatz moderner Baumaschinen hat wesentlichen Anteil daran, dass Bauarbeiten zunehmend produktiver, aber auch ergonomischer ausgeführt werden. Das auf Baustellen oft enge räumliche Zusammenwirken von Mensch und Maschine birgt jedoch auch Gefahren. Mangelnde Sicht ist dabei einer der Aspekte, die immer wieder zu Unfällen führen. Mit Hilfe neuer Anforderungen in Normen und der Präventionskampagne „Risiko raus!“ rückt die Berufsgenossenschaft BAU dem Problem zu Leibe.
Auf Baustellen ist es selbstverständlich, dass der Aufenthalt im Gefahrbereich um Erdbaumaschinen wie Bagger, Lader, Planierraupen oder Verdichtungsgeräte grundsätzlich verboten ist. Sofern dieser Bereich aus arbeitstechnischen Gründen doch betreten werden muss, ist dies nur unter Beachtung besonderer Schutzmaßnahmen zulässig. So muss der Geräteführer die Arbeit unterbrechen, wenn sich Personen im Gefahrbereich aufhalten.
Problem: Mangelnde Sicht
Die direkte Sicht vom Fahrerplatz auf den Fahrund Arbeitsbereich ist bei größeren Baumaschinen konstruktionsbedingt oft eingeschränkt. Bei nach der Normenreihe EN 474 „Erdbaumaschinen – Sicherheit“ ausgerüsteten Maschinen stehen dem Maschinenführer Rückspiegel als Sichthilfen zur Verfügung. Zur Messung des Sichtfeldes verweist die Normenreihe auf die Verfahren, die in der ISO 5006 „Erdbaumaschinen – Sichtfeld – Testverfahren und Anforderungskriterien“ beschrieben werden.
Bei der letzten Überarbeitung der ISO 5006 konnten – in enger Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Arbeitsschutzorganisationen – erstmals Anforderungen an die Sicht im Nahfeld um die Maschine festgelegt werden. Während früher auf einem 12-m-Kreis rings um die Maschine gemessen wurde, wird nun zusätzlich in einem Abstand von 1 m um das Grundgerät gemessen: Ein Probekörper (Stab) mit 1,5 m Höhe muss vom Maschinenführerplatz aus identifiziert werden können, wobei eine maximale Verdeckung von 30 cm akzeptiert wird.
Durch den Verweis der EN 474-1 auf die ISO 5006:2006 gelten die Nahfeld-Anforderungen nun auch für Neumaschinen in Europa. Seit dem 30. November 2008 ist nur die aktualisierte Version EN 474-1:2006 als harmonisierte Norm gültig. Nur sie löst die Vermutungswirkung hinsichtlich der europäischen Maschinenrichtlinie aus, die für das Inverkehrbringen maßgeblich ist.
Nachrüstung für bessere Sicht
Die neuen Normanforderungen sind maßgebend dafür, dass ca. ab dem Baujahr 2009 größere Erdbaumaschinen mit zusätzlichen Sichthilfen ausgerüstet werden. Derartige Ausrüstungen stehen selbstverständlich auch für alle Maschinen aus früheren Baujahren zur Verfügung. Manche bisher vorhandene Sichtverdeckung lässt sich durch konstruktive Änderungen beheben, zum Beispiel durch das Abschrägen von Motorhauben, eine andere Anordnung von Auspuffanlagen, und so weiter. Manchmal sind zusätzliche, bedienergerecht angebrachte Rückspiegel geeignet, und in vielen Fällen stellt der Einbau von Kamera-/Monitorsystemen eine sinnvolle Lösung dar. Entscheidend ist, dass die Sicht möglich gemacht wird: Detektionssysteme oder Rückfahrhupen sind kein Ersatz!
Die meist mit überschaubarem Aufwand mögliche Nachrüstung ist dringend zu empfehlen, und dies nicht nur aus Gründen der Arbeitssicherheit: Ein Geräteführer, der nicht „auf Verdacht“ fährt, sondern sieht, was er tut, arbeitet schneller, gezielter, vermeidet Schäden an der Maschine … es lohnt sich also in jedem Falle.
Im Rahmen der Präventionskampagne „Risiko raus!“ rückt die BG BAU das Thema „Sehen und gesehen werden“ in den Blickpunkt. Es soll deutlich gemacht werden, dass technische Maßnahmen zur Sichtverbesserung für den Geräteführer wichtig sind, aber alleine nicht genügen. Vielmehr wollen wir alle auf der Baustelle Tätigen motivieren, sich so zu verhalten (und so zu kleiden), dass sie jederzeit vom Geräteführer erkannt werden können.
„Man sieht sich“ – ein Motto, das Leben retten kann!
Walter Ensinger
walter.ensinger@bgbau.de