KANBrief 2/10
Mitgängerflurförderzeuge sind in vielen Betrieben täglich im Einsatz. Gerade beim Rangieren mit den schweren Transportgeräten passieren immer wieder Unfälle. In 50 Prozent aller Fälle kommt es dabei zu Fußverletzungen. Eine neu entwickelte Fußschutzleiste kann diese wirksam verhindern. Sollte sich dieser Schutzmechanismus in der Praxis bewähren, soll er auch Eingang in die einschlägigen Normen finden.
Die Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW) dokumentiert in einer Unfalldatenbank sämtliche Unfälle im Bereich Großhandel und Lagerei (frühere Großhandelsund Lagerei-Berufsgenossenschaft, GroLa BG), von denen sie aufgrund der Meldepflicht oder anderweitig erfährt. Um den häufigsten Unfallursachen gezielt entgegenwirken zu können, wurden alle meldepflichtigen Unfälle der Jahre 2006, 2007 und 2008 ausgewertet, die unter dem Arbeitsmittel „kraftbetriebene Flurförderzeuge“ in der Datenbank abgelegt sind. Dabei wurde unterschieden nach Fahrzeugtyp (Fahrersitz-, Fahrerstand- und Mitgängerflurförderzeuge) sowie nach Unfallhergang, zum Beispiel Anfahren, Absturz der Last, et cetera.
Die Ergebnisse der Auswertung sind in der Abbildung rechts dargestellt. Deutlich an erster Stelle des Unfallgeschehens stehen mit rund 50 % Fußverletzungen des Bedieners. Diese entstehen typischerweise dadurch, dass das Mitgängerflurförderzeug mit seiner hinteren Rahmenkante die Füße des Bedieners überfährt, zum Beispiel beim Rangieren auf engem Raum. Dabei wird der Fuß eingeklemmt oder gequetscht.
Füße nur unzureichend geschützt
Als technische Maßnahme zur Vermeidung solcher Unfälle war bisher nur die Möglichkeit bekannt, die hintere Rahmenkante des Mitgängerflurförderzeugs möglichst weit abzusenken. Gemäß der relevanten europäischen Norm (EN 1726-1, künftig EN ISO 3691-1) darf der Abstand zwischen Fußboden und Rahmenkante höchstens 35 mm betragen. Das Schutzziel ist hier allerdings primär der Schutz der Füße vor den Antriebsrädern, weniger vor der Rahmenkante. Wird die Kante bis auf wenige Millimeter über Flur abgesenkt, besteht die Gefahr, dass der Fahrzeugrahmen bei Bodenunebenheiten wie Toreinfahrten oder Schlaglöchern aufsetzt oder hängen bleibt. Auch das Befahren von Hubladebühnen und Ladeblechen würde nahezu unmöglich.
Der Abstand von maximal 35 mm stellt insofern einen Kompromiss zwischen Unfallverhütung und praktischem Einsatz dar. Dabei gilt als Voraussetzung, dass der mitgehende Fahrer Sicherheitsschuhe trägt. Der Vorderfuß ist dadurch geschützt. Die Praxis zeigt jedoch, dass dieser Kompromiss häufig nicht ausreicht, um Verletzungen im Fersen- und Mittelfußbereich wirksam zu verhindern. Lange Ausfallzeiten der verletzten Mitarbeiter, die auch dem Unternehmen erhebliche Kosten verursachen, sind die Folge.
Technische Neuerungen für mehr Sicherheit
Eine neu entwickelte Fußschutzleiste (siehe Abbildung S. 10) kann hier Abhilfe schaffen. Die pneumatisch-elektrische Schaltleiste wird unten an der Rahmenkante des Mitgängerflurförderzeugs angebracht. Ihre Betätigung löst die gleiche Funktion aus wie der Deichselschalter: Das Flurförderzeug stoppt und reversiert gegebenenfalls um eine kleine Strecke. Die Schaltleiste ist vom Hersteller so konzipiert, dass sie mit geringem Aufwand auch an bereits im Betrieb vorhandenen Mitgängerflurförderzeugen nachgerüstet werden kann. Bei Neugeräten sollte der Betreiber die Fußschutzleiste gleich mitbestellen.
Eine weitere Möglichkeit, Fußverletzungen beim Umgang mit Mitgängerflurförderzeugen entgegenzuwirken, ist die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit des Gerätes mit zunehmend steiler stehender Deichsel. Je näher der Bediener mit seinen Füßen an der Rahmenkante des Gerätes steht, desto langsamer wird das Flurförderzeug. Eine solche Lösung wird mittlerweile auch am Markt angeboten.
Sollten sich die beiden beschriebenen technischen Verbesserungen im praktischen Einsatz bewähren, wird sich die BGHW dafür einsetzen, sie auch in den einschlägigen Normen zu verankern.
Die Auswertung des Unfallgeschehens mit Mitgängerflurförderzeugen zeigt, dass es auf Grund räumlicher Enge beim Rangieren oder Fahren auch an den Beinen, Händen und im Bauchbereich zum Anfahren oder Quetschen kommt. Hier können vor allem organisatorische Maßnahmen wie zum Beispiel eine gute Schulung der Bediener und geeignete, frei gehaltene Verkehrswege helfen, die Zahl der Unfälle zu reduzieren.
Dr. Hans-Peter Kany
hp.kany@bghw.de