KANBrief 2/16
Mit der Veröffentlichung der Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen (PSA) im Amtsblatt der EU (L81 vom 31.03.2016, S. 51) wurde ein jahrelanger Prozess zur Revision der PSA-Gesetzgebung abgeschlossen. Die Verordnung ist ab dem 21. April 2018 anzuwenden. Die bis dahin geltende PSA-Richtlinie 89/686/EWG wird dann aufgehoben. Hersteller, Prüfstellen und andere Betroffene sollten die Übergangszeit nutzen, um sich auf die neue Verordnung einzustellen.
Zwei Jahre lang haben das Europäische Parlament und der Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission (siehe KANBrief 4/13 „Überarbeitung der PSA-Richtlinie: Was ist neu, was bleibt wie es war?“) diskutiert und sich nun auf einen gemeinsamen Text geeinigt. Die neue Verordnung gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat und muss nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Durch die Anpassung an den Neuen Rechtsrahmen und die Einarbeitung der Erfahrungen mit der Anwendung der PSA-Richtlinie steht nun für den PSA-Bereich ein modernes Regelwerk zur Verfügung.
Was ist neu? (ausführlicher Artikel zur PSA-Verordnung (pdf, nicht barrierefrei))
Der Anwendungsbereich der PSA-Verordnung wurde leicht ausgeweitet. PSA zum Schutz gegen Hitze, die speziell für den privaten Gebrauch bestimmt sind – zum Beispiel Ofenhandschuhe – sind nun auch erfasst. Ein Erwägungsgrund stellt klar, dass die PSA-Verordnung auch für den sogenannten Fernabsatz, also den Verkauf per Internet, gilt.
Die EU-Konformitätserklärung muss jeder einzelnen in Verkehr gebrachten PSA beiliegen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Inhalte der Erklärung in den Benutzerinformationen aufzuführen. Hierzu gehört dann auch eine Internet-Adresse, unter der die komplette Konformitätserklärung zugänglich ist.
Jede PSA ist in eine Risikokategorie von I bis III einzustufen. Die Kategorie III wurde um folgende Risiken erweitert: Ertrinken, Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen, Hochdruckstrahl, Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche und schädlicher Lärm. Somit muss auch für die entsprechenden PSA-Arten die höchste Stufe der Konformitätsbewertungsverfahren angewendet werden.
Die PSA-Verordnung enthält Vorbemerkungen zu den grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen. Vorbild war dabei die Maschinenrichtlinie. Auch für den PSA-Bereich wird zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen nun auf den Stand der Technik verwiesen. Außerdem wird eine Risikobeurteilung verpflichtend. Bei Entwurf und Herstellung von PSA muss nicht nur die bestimmungsgemäße, sondern auch die normalerweise vorhersehbare Verwendung berücksichtigt werden. Die grundlegenden Anforderungen selbst wurden meist nur sprachlich überarbeitet. Neu ist auch die klare Regelung, dass Schutzkleidung mit abnehmbaren Protektoren bei der Konformitätsbewertung gemeinsam als Kombination zu prüfen ist. Die Anforderungen zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung wurden um Hautschutz ergänzt. Bisher waren sie auf den Augenschutz beschränkt.
Die Geltungsdauer der Baumusterprüfbescheinigung ist zukünftig auf maximal fünf Jahre beschränkt. Es werden genaue Anlässe aufgelistet, wann der Hersteller die Baumusterprüfbescheinigung überprüfen lassen muss. Für die reine Verlängerung nach Ablauf der Gültigkeit wird ein vereinfachtes Verfahren beschrieben.
Was gilt ab wann?
Die Regelungen zu den notifizierten Stellen gelten bereits ab dem 21. Oktober 2016. Damit wird sichergestellt, dass diese Stellen rechtzeitig zum allgemeinen Start der Verordnung am 21. April 2018 aktiv sein können. Mit diesem Datum wird die PSA-Richtlinie aufgehoben. Das folgende Jahr ist eine Übergangszeit: PSA, die die Richtlinie erfüllen, dürfen dann noch in Verkehr gebracht werden. Baumusterprüfbescheinigungen nach der Richtlinie gelten noch bis zum 21. April 2023, sofern sie nicht vorher ablaufen.
Interpretation notwendig
Speziell die Regelungen zur Übergangszeit werfen bei den betroffenen Kreisen Fragen auf. Hier sollte die EU-Kommission unter Einbeziehung dieser Kreise möglichst schnell ein Interpretationspapier formulieren. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Regelungen in der gesamten Europäischen Union einheitlich angewandt werden. Dabei dürfen auch Hinweise zur Vermutungswirkung der harmonisierten Normen nicht fehlen: Es muss klar geregelt sein, inwieweit die Liste der Normen, die bereits im EU-Amtsblatt unter der Richtlinie veröffentlicht ist, auch für die neue Verordnung Bestand hat.
Parallel dazu muss noch ein Leitfaden erarbeitet werden, der die Anwender mit Erläuterungen und Beispielen bei der Auslegung der PSA-Verordnung unterstützt.
Michael Thierbach