KANBrief 2/16

Arbeitsschutz in der digitalen Welt

Vom 21. bis 24. März 2016 fand in Dresden die 4. Internationale Strategiekonferenz zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit statt (Ergebnisse, Fotos und Videos). Das interaktive Programm widmete sich fünf Themen: Vision Zero, demographischer Wandel, menschenzentrierte Prävention und gesunde Arbeit. Die KAN war zuständig für die Organisation des fünften Themas „Arbeiten in einer digitalen Welt“. Lesen Sie hier die wesentlichen Ergebnisse.

Als Zwischenschritt zum nächsten Weltkongress zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Singapur 2017 diskutierten rund 200 Teilnehmende aus über 40 Ländern auf der Dresdener Strategiekonferenzüber neue Entwicklungen in der Arbeitswelt. Hans-Horst Konkolewsky, Generalsekretär der IVSS (Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit), machte in seiner Eröffnungsrede deutlich, dass die Digitalisierung einen der Megatrends im Arbeitsschutz für die kommenden Jahre darstellt. Im Thema 5 „Arbeiten in einer digitalen Welt“ wurden in Vorträgen und Brainstormings vier Fragen näher beleuchtet.

Wie wird sich die Arbeit durch die Digitalisierung verändern?

Sabina Jeschke, Direktorin eines Institutsclusters zu  Informations- und Wissensmanagement an der RWTH Aachen, geht davon aus, dass in naher Zukunft alles mit allem vernetzt sein wird: „Maschinen lernen wie Menschen nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum – nur schneller und mit Ergebnissen, die weit über das hinausgehen, was Menschen leisten können.“

Durch die zunehmende Vernetzung werden sich laut den Teilnehmenden Zeit, Ort und Art der Arbeit grundsätzlich ändern. Beschäftigte arbeiten dann nicht mehr zwangsläufig von 9 bis 17 Uhr im Büro, sondern von zu Hause, unterwegs oder an beliebigen Orten und zu beliebigen Zeiten. Dadurch verschwimmt die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben und Kontakte von Angesicht zu Angesicht werden durch elektronische Kommunikation ersetzt. Bei der Vielzahl an Informationen, die tagtäglich auf die Beschäftigten einprasseln, wird es immer wichtiger, die relevanten Informationen herauszufiltern.

Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit die digitale Arbeitswelt menschengerecht ist?

„Arbeiten 4.0 erfordert Arbeitsschutz 4.0“, so Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die in einem Videoausschnitt die Sicht des Staates repräsentierte. Die Gewerkschaften fordern, dass die soziale Sicherung auch in der digitalen Welt gewahrt bleibt. Ein rechtlicher Rahmen und eine Klärung der Verantwortlichkeiten seien insbesondere auch im Arbeitsschutz notwendig, um nicht in einem regulatorischen Niemandsland zu enden. Arbeitgeber sehen sich einer geänderten Führungsrolle gegenüber. Der Fokus liege künftig stärker als bisher darauf, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen Beschäftigte motiviert und in der Lage sind, das Beste zu geben. Den Datenschutz betrachteten die Teilnehmenden als eine Grundvoraussetzung digitaler Arbeit. Die Normung kann hier helfen, hohe Standards zu setzen.

Wie kann/soll sich der Arbeitsschutz in den Prozess der Digitalisierung einbringen?

Michael Beilfuß von der IDG Media Group ist der Ansicht, dass man verstehen muss, was Digitalisierung eigentlich bedeutet, um ihr auch im Arbeitsschutz angemessen begegnen zu können. Die Digitalisierung erfordert Führungskräfte, die mutige Entscheidungen treffen und nicht zu lange an Althergebrachtem hängen, selbst wenn nicht immer klar ist, welche die richtige Richtung ist. Auch für die zunehmende Zahl an Crowdworkern, die Aufträge aus dem Internet beziehen und abarbeiten, muss der Arbeitsschutz sichergestellt sein. Dazu müssten sie zum Beispiel in Maßnahmen und Angebote ihrer Auftraggeber einbezogen werden. Auch der Arbeitsschutz müsste das Potential der Digital Natives stärker nutzen und neue Wege gehen.

Welche Tools für den Arbeitsschutz müssen neu oder weiterentwickelt werden?

Mit dem humanoiden Roboter „Nao“, einer intelligenten Feuerwehrjacke und einer Datenbrille wurden verschiedene digitale Produkte präsentiert. Für die Zukunft wünschen sich die Teilnehmenden mehr intelligente Produkte, die an jedem beliebigen Ort in Echtzeit die dann gerade benötigten Informationen bereitstellen. Dabei sollten auch Arbeitsschutzvorschriften direkt in Produkte integriert werden, die dann in bestimmten Situationen eine Warnmeldung abgeben, Hinweise einblenden oder sich automatisch abschalten. Denkbar ist außerdem, dass gefährliche oder unergonomische Aufgaben in Zukunft verstärkt von Robotern ausgeführt werden.

Die KAN wird die Ergebnisse der Strategiekonferenz anlässlich der IEC-Generalversammlung im Oktober 2016 weiter vertiefen.

Katharina von Rymon Lipinski                    Sonja Miesner
vonrymonlipinski@kan.de                        miesner@kan.de