KANBrief 4/12

Arbeitsschutz beginnt bereits beim Einkauf

Angesichts der häufig verwirrend großen Anzahl an Produkten und Lieferanten ist der Einkauf von geeigneten Arbeitsmitteln eine Herausforderung für viele Betriebe. Oft fehlt es an Informationen, anhand derer beurteilt werden kann, ob ein bestimmtes Produkt für eine bestimmte Arbeitsaufgabe geeignet ist.

Produktprüfung und -zertifizierung können hier wertvolle Unterstützung bieten. Die Vermeidung von Risiken für die Beschäftigten ist nicht nur eine Frage der betrieblichen Organisation, sondern beginnt bereits mit der Beschaffung der Arbeitsmittel. Ob Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vorliegen, muss unter Beteiligung der späteren Nutzer und der betrieblichen Arbeitsschutzexperten schon zu Beginn des Einkaufsprozesses beurteilt werden.

Die Anforderungen aus Nutzersicht, die sich aus diesen Überlegungen ergeben, sollten in einer Anforderungsliste (z.B. Lastenheft) zusammengefasst werden. Außerdem sollten im Kaufvertrag alle Verantwortlichkeiten klar festgelegt werden, beispielsweise für den Aufbau einer Maschine, einen Probebetrieb und die Schulung der Mitarbeiter.

Bei der Ermittlung und Beschreibung des Bedarfs und der Anforderungen können Normen eine wichtige Rolle spielen. Sie geben Begriffe, Abmessungen, Schnittstellen und einheitliche Kennzeichnungen vor und enthalten Anforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz. Damit vereinfachen sie die Kommunikation zwischen Herstellern und Käufern.

Informationen sind oft Mangelware

Einkäufer benötigen klare und nachvollziehbare Angaben zu den Kriterien, die für die Produktauswahl wichtig sind. Wenn Produkte in die engere Wahl kommen, müssen sie sich davon überzeugen, dass diese sicher und frei von Gesundheitsgefahren sind. Natürlich ist der Hersteller in der Pflicht, nur sichere Produkte auf dem Markt bereitzustellen. Ein Blick in RAPEX (EU-Schnellwarnsystem für gefährliche  Produkte [außer Lebensmittel]) genügt jedoch, um festzustellen, dass dies nicht immer der Fall ist.

Eine wichtige Informationsquelle ist häufig das Internet. Leider stellen viele Hersteller hier noch zu wenige belastbare Informationen zu Sicherheit und Gesundheitsschutz zur Verfügung.

Normen sind in den meisten beschaffenden Betrieben nicht verfügbar. Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen sind die konkreten Normeninhalte nicht bekannt. Dies ist auch nicht beabsichtigt: Produktnormen richten sich an Hersteller und nicht an die betrieblichen Verwender. Hier sind Vermittler erforderlich. Arbeitsschutzinstitutionen nehmen diese Funktion häufig wahr, aber auch Händler oder Verbände. So bietet das Institut für Arbeitsschutz der DGUV im Internet Hilfestellungen für die Auswahl der richtigen Chemikalienschutzhandschuhe an.

Auch Betriebsanleitungen sind eine wichtige Informationsquelle vor dem Kauf. Hieraus können Angaben zur bestimmungsgemäßen Verwendung (die wichtigste Angabe überhaupt!), zu Lärm oder Vibration, Restrisiken und vieles mehr entnommen werden. Allerdings stehen Betriebsanleitungen den Käufern selten vorab zur Verfügung.

Prüfzeichen bieten Unterstützung

Ist ein ausgewähltes Produkt nun sicher oder nicht? Viele Produkteigenschaften kann ein Betrieb, der ein Produkt einkauft, nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand selbst überprüfen. Auch die CE-Kennzeichnung hilft nicht weiter, denn ihr sieht man nicht an, ob der Hersteller sein Produkt extern hat prüfen lassen. Anstatt blind auf die Angaben des Herstellers oder lediglich auf Erfahrungswerte und Empfehlungen zu vertrauen, kann der Einkäufer auf freiwillig erworbene Prüfzeichen achten.

Um ein Prüfzeichen wie das GS- oder DGUV Test- Zeichen zu erlangen, muss eine unabhängige Stelle das Produkt intensiv prüfen und dem Hersteller bescheinigen, dass es die Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz erfüllt. Die Mängelstatistik von DGUV Test weist aus, dass 67 % aller zur EG-Baumusterprüfung oder freiwilligen Zertifizierung vorgestellten Produkte Mängel aufweisen. Die gute Nachricht: Fast alle Hersteller schaffen es, ihre Produkte so zu verbessern, dass sie anschließend ein Zertifikat erhalten können.

Um hier auch europäisch mehr Transparenz zu schaffen, bereiten wir gerade mit europäischen Partnern die Einführung des EuroTest- Zeichens vor: Ein europäisches Prüfzeichen für Produkte, die im gewerblichen Bereich genutzt werden.

Dr. Jochen Appt                   Rüdiger Reitz
jochen.appt@dguv.de    ruediger.reitz@dguv.de