KANBrief 1/23

Neues vom Normmenschen – Angaben zum Personengewicht in Normen

Eine Analyse der KAN hat ergeben, dass Angaben zum Personengewicht in Normen häufig nicht der Realität entsprechen. Nun sind die betroffenen Normungsgremien aufgefordert, die Werte zu prüfen und wenn erforderlich anzupassen.

Bei vielen Produkten wird in Normen und im technischen Regelwerk ein Wert von 75 kg als maximale Nutzlast oder Prüfmasse zur Simulation einer Person erwähnt. Dieser Wert entspricht nicht mehr den aktuellen Körpermaßdaten der Bevölkerung. So kann es zu Problemen kommen, wenn sicherheitsrelevante Produkte nur für ein geringeres Körpergewicht ausgelegt sind, als sie in der Realität aushalten müssen.

Die DIN Software GmbH hat im Auftrag der KAN eine Recherche zum Gewicht von Personen in Normen und der europäischen Regelsetzung durchgeführt. 75 kg ist der am häufigsten auftretende Wert, die Spanne reicht allerdings von 50 bis 360 kg. (Details zu den Ergebnissen finden Sie im KANBrief 2/21 im Artikel "Der Normmensch wiegt 75 kg - doch wie ist die Realität?")

KAN-Fachgespräch

Die Ergebnisse dieser Untersuchung hat die KAN im November 2021 in einem virtuellen Fachgespräch vorgestellt, an dem über 30 Fachleute von Unfallversicherungsträgern, aus der Forschung, von den Sozialpartnern und den relevanten DIN-Normenausschüssen beteiligt waren. In der Diskussion zeigte sich, dass es vermutlich keine pauschale Lösung gibt. Die in den Normen angegebenen 75 kg durch einen höheren Wert zu ersetzen, führt nicht immer zwingend zu mehr Sicherheit; bei Produkten, die dafür gedacht sind, Menschen zu tragen oder zu halten, ist der Wert aber auf jeden Fall sicherheitsrelevant. Auch in Normen beschriebene Testverfahren, mit denen das Gewicht von Anwendern simuliert wird, müssten unter die Lupe genommen werden. Hierbei sind gegebenenfalls auch Zuschläge für Kleidung oder Ausrüstung zu berücksichtigen.

Aktualisierung der Recherche

2022 hat die KAN die DIN Software GmbH erneut beauftragt, um die bisherigen Ergebnisse auf den neuesten Stand zu bringen. Dabei wurde sowohl erfasst, wenn Dokumente seit der ersten Auswertung zurückgezogen, überarbeitet oder auch ganz neu veröffentlicht wurden. Bei den überarbeiteten Dokumenten wurde zudem angegeben, ob und wie die Werte zum Personengewicht geändert wurden.

Anschließend verteilte die KAN diese Ergebnisse an die betroffenen Normenausschüsse mit der Bitte um Prüfung und ggf. Anpassung der Normen. Hintergrund für dieses Vorgehen ist, dass das Fachgespräch gezeigt hat, dass eine generelle Empfehlung für einen Wert für das Personengewicht, das in Normungsdokumenten oder Vorschriften verwendet werden soll, nicht möglich ist. Zur Bewertung der Einzelfälle in den Normen ist die KAN auf die Expertise in den Normenausschüssen angewiesen.

Die bisher eingegangenen Rückmeldungen aus den Normenausschüssen zeigen drei Tendenzen: Eine Änderung wird

  1. nicht als notwendig angesehen, da bereits deutlich höhere Personengewichte als 75 kg verwendet werden,
  2. noch geprüft oder
  3. nur möglich sein, wenn die (europäische) Gesetzesgrundlage geändert wird, die einen Wert z. B. von 75 oder 77 kg fordert.

Wo aus Arbeitsschutz sinnvoll, strebt die KAN deshalb mittelfristig eine Änderung dieser europäischen Gesetzesgrundlagen an.

Katharina von Rymon Lipinski
vonrymonlipinski@kan.de

Eine Einführung in das Thema Nutzergewicht in Normen gibt ein neuer KAN-Erklärfilm mit dem Titel "Angaben zum Personengewicht in Normen und Regelwerk".