KANBrief 1/22

Drei Fragen an… Dennis Radtke, CDU-Europaabgeordneter

Herr Radtke, Sie vertreten im Europäischen Parlament mit Leib und Seele das Ruhrgebiet. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Ihrem Wahlkreis und den Sitzungsorten Brüssel und Straßburg und wie beeinflusst die Pandemie Ihre Arbeit?

Der Spagat zwischen Ausschuss-, Fraktions-, Plenarsitzungen und Terminen im Wahlbezirk bedarf einer wirklich guten Terminkoordination. Die CDU-Abgeordneten im Europaparlament sind unterschiedlichen Regionen als „Wahlbezirken“ zugeordnet. Meiner erstreckt sich über das ganze Ruhrgebiet von Duisburg bis nach Hamm. Daneben betreue ich noch die Kreise und Städte Bielefeld, Gütersloh und Wuppertal als CDU-Abgeordneter. Dazu kommen die Reisen zwischen dem Ruhrgebiet, Straßburg, Brüssel und Berlin. Wie Sie merken, bin ich als Abgeordneter sehr viel „auf Achse“. Während der Parlamentswochen reise ich in der Regel montags nach Brüssel oder Straßburg an und kehre Donnerstagabend heim. In den Sitzungswochen nutze ich den Donnerstagabend, Freitag und Samstag für Veranstaltungen im Wahlkreis, ebenso wie die sitzungsfreien Wochen. Die Pandemie sorgte dafür, dass viele Veranstaltungen in digitalen Formaten stattfinden. Der ständige direkte Kontakt mit den Menschen in meinem Wahlbezirk fehlt mir dabei am meisten.

Sie sitzen für Ihre Fraktion im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, der auch für den Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zuständig ist. Welche Themen und Maßnahmen diskutieren Sie aktuell?

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat ein mannigfaltiges Feld an Themen. Die Europäische Kommission evaluiert alle fünf Jahre die praktische Umsetzung des Rechtsrahmens der Arbeitsschutzvorschriften. Aktuell steht diese wieder an.

Die Verträge der EU schreiben der Kommission die Befugnis zu, im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz Rechtsvorschriften zu erlassen, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen und zu ergänzen. Diese Sammlung an Mindestanforderungen bildet einen gemeinsamen europäischen Rahmen für die einzelnen Mitgliedsstaaten, die darüber hinaus weitere, striktere Maßnahmen beschließen können.

Noch in dieser Wahlperiode erwarten wir zum Beispiel einen Gesetzesvorschlag der Kommission zum Schutz von Arbeitnehmern vor Asbest. Des Weiteren haben wir in einem Bericht die Sozialpartner aufgefordert, in den kommenden Jahren eine Lösung für das Recht auf Nichterreichbarkeit, vor allem bei Telearbeit, zu erarbeiten. Falls es zu keiner zufriedenstellenden Einigung kommt, sollte die Kommission auch hier aktiv werden.

Viele der Themen, die für die KAN relevant sind, laufen federführend im Binnenmarktausschuss, beispielsweise die Überarbeitung der Maschinenrichtlinie. Wie muss man sich die Arbeit in den Ausschüssen des EU- Parlaments vorstellen?

Die Arbeit zwischen den Ausschüssen und Fraktionen läuft anders ab als in den Landesparlamenten oder im Deutschen Bundestag, weil es keine gemeinsame Regierungskoalition im Europaparlament gibt, die auf die Kommission gespiegelt werden kann. Weiter gibt es keinen direkten Zuständigkeitskatalog, der vorschreibt, welche Richtlinien ausschließlich in einem Ausschuss behandelt werden. An vielen Themen sind mehrere Ausschüsse beteiligt. Über die einzelnen Fraktionen, der alle Abgeordneten einer Parteienfamilie angehören, wird eine „gemeinsame Linie“ der Fraktion erarbeitet. Diese gibt dann auch die Fraktionslinie für die darauffolgenden Ausschusssitzungen vor.

Herr Radtke, wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Zeit!

Dennis Radtke

  • geboren 1979 in Wattenscheid
  •  Industriekaufmann und Gewerkschaftssekretär
  • stellvertretender Bundesvorsitzender der Christlichen Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA)
  • seit 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments
  • beschäftigungs- und sozialpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, daneben im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie tätig
  • Lebenslauf