KANBrief 4/13
Laser sind allgegenwärtig: Sie sorgen für höchste Präzision bei der Materialbearbeitung, kommen bei spektroskopischen Verfahren in der Forschung zum Einsatz, dienen der medizinischen Diagnostik und Therapie und finden sich in Unterhaltungselektronik oder Heimwerkerprodukten. Welche Schwierigkeiten mit der aktuellen Überarbeitung der Norm zur Lasersicherheit verbunden sind, erläutern Martin Brose (BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse: BG ETEM) und Dr. Erik Romanus (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: BAuA).
Welche Gefährdungen ergeben sich beim Einsatz von Lasertechnik?
Brose: Gefährdungen und Unfälle treten bisher vorwiegend im Labor, z. B. bei der Forschung, sowie bei der Herstellung und Instandsetzung von Hochleistungslasern (Klasse 4) auf. Mittlerweile kommt es aber auch beim Einsatz von Laserpointern durch Privatpersonen immer wieder zu Blendungen oder Augenschäden.
Welche Regelwerke spielen für Laserprodukte eine Rolle?
Romanus: Die Produktsicherheit mit Netzspannung betriebener Laserprodukte ist in der EU-Niederspannungsrichtlinie geregelt. Für batteriebetriebene Laserprodukte gilt die EURichtlinie über die allgemeine Produktsicherheit. Diese europäischen Richtlinien sind in den Mitgliedstaaten in nationalen Gesetzen und Verordnungen umgesetzt. Die technische Konkretisierung der grundlegenden Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie in Bezug auf Lasersicherheit erfolgt in der harmonisierten Norm EN 60825-1:2007 „Sicherheit von Lasereinrichtungen“. Die Norm beschreibt Sicherheitsanforderungen und ein Klassifizierungssystem für Laserprodukte.
Die sichere Verwendung von Laserprodukten an Arbeitsplätzen ist hingegen in der europäischen Richtlinie 2006/25/EG (Richtliniedes Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (künstliche optische Strahlung))geregelt. Sie legt Expositionsgrenzwerte zum Schutz vor Gefährdungen durch Laserstrahlung fest. Die Grenzwerte sowohl der EN 60825-1:2007 als auch der Richtlinie 2006/25/EG basieren auf den Empfehlungen der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) aus den Jahren 1996 (Health Physics. 71(5):804-819, 1996) und 2000 (Health Physics. 79(4):431-440, 2000).
Nun hat die ICNIRP ihr Grenzwertkonzept für Laserstrahlung unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet (Health Physics. 105(3):271-295, September 2013). Nahezu zeitgleich liegt ein neuer Entwurf der EN 60825-1 vor, dem dieses neue Grenzwertkonzept bereits zugrunde liegt.
Welche Auswirkungen haben die neuen Grenzwerte?
Brose: Die neuen Expositionsgrenzwertempfehlungen der ICNIRP bilden die Basis der Risikobeurteilung von Lasern im aktuellen Normentwurf der EN 60825-1. Sie weichen allerdings in einigen Fällen nach oben oder unten von den immer noch gültigen Grenzwerten der europäischen Richtlinie 2006/25/EG ab, und somit auch von der deutschen Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV).
So würden nach der Norm manche Laser, die bisher der hohen Gefahrenklasse 3B zugeordnet sind, künftig in die unterste Klasse 1 fallen und es entfiele damit die Kennzeichnungspflicht auf dem Produkt. Es ist jedoch möglich, dass bei der Verwendung solcher Laserprodukte Expositionsgrenzwerte der Richtlinie 2006/25/EG überschritten werden. Dies führt zu erheblichen Problemen für die Anwender, z.B. Arbeitgeber Schulen und Universitäten, denn sie erhalten keinerlei Hinweis darauf, dass sie möglicherweise nach dem Gesetz Schutzmaßnahmen treffen müssten.
Die Arbeitsschutzvertreter haben auf diese Problematik hingewiesen. Der deutsche Spiegelausschuss hat daraufhin den Normentwurf abgelehnt. Die Arbeitsschützer fordern bei der Übernahme als europäische Norm Modifikationen, die klarstellen, dass der Hersteller in seiner Benutzerinformation Hinweise geben muss, sofern bei Verwendung des Laserproduktes die Expositionsgrenzwerte der Richtlinie 2006/25/ EG überschritten werden können.
Wie sähe eine tragfähige Lösung aus?
Romanus: Grenzwerte beruhen nicht allein auf wissenschaftlichen Daten zu den biologischen Wirkungen von Laserstrahlung, sondern auch auf einer zeitnahen Bewertung des sozioökonomischen Risikos und der Praxistauglichkeit. Weil Grenzwertsetzung ein Akt politischer Steuerung ist, wäre es Aufgabe der EU-Kommission zu diskutieren, ob und inwieweit das nach dem Stand der Wissenschaft aktualisierte Grenzwertkonzept der ICNIRP besser geeignet ist, Beschäftigte vor Gefährdungen durch Laserstrahlung zu schützen. Der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, in dem die Regierungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände der Mitgliedstaaten vertreten sind, wäre aus meiner Sicht ein geeignetes Gremium, um diese Entscheidung vorzubereiten. Gegebenenfalls wird dann auch eine Aktualisierung der Anhänge der Richtlinie 2006/25/EG erforderlich.