KANBrief 4/09

15 Jahre Kommission für Arbeitsschutz und Normung

Wie ist es um den Zugang zu Normen sowie die Beteiligung der betroffenen Kreise in den Normungsgremien bestellt? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Kolloquiums, das die KAN anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens ausgerichtet hat. Zum Thema „Beteiligung des Arbeitsschutzes an der Normung“ diskutierten am 7. Oktober über 100 Teilnehmer in den Räumen des DIN in Berlin. Der Tagungsband (KAN-Bericht 45) mit den Positionen der in der KAN vertretenen Kreise und Infor mationen über die KAN steht unter www.kan.de zur Verfügung und ist kostenlos bei der KAN-Geschäftsstelle erhältlich. Einige Kernthemen der Veranstaltung werden im Folgenden vorgestellt.

Die Grundlage der Diskussion bildete die Vorstellung der von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie „Access to standardisation“ und der für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durchgeführten Studie „Maßnahmen zur Unterstützung von KMU im Umgang mit Normen und Normung“ (s. S. 12). Die in den Studien vorgestellten Empfehlungen wurden in verschiedenen Vorträgen und einer abschließenden Podiumsdiskussion aufgegriffen und diskutiert. Der Zugang zur Normung wurde dabei aus zwei Blickwinkeln betrachtet: einerseits die Mitwirkung an der Normerarbeitung, andererseits die Beschaffung und Verständlichkeit der fertigen Dokumente.

Beteiligung an der Normung

Einer der Grundsätze der Normung sieht vor, dass an der Erarbeitung von Normen alle interessierten Kreise angemessen beteiligt werden. In der Praxis jedoch sind zum Beispiel Hersteller im Vergleich zu anderen Gruppen wie Betreibern oder dem Arbeitsschutz in den Normungsgremien sehr stark vertreten. Die Zahl von 450 Experten der Unfallversicherungsträger, die in der Normung tätig sind (davon 170 als Ausschussvorsitzende), darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Arbeitsschutz in manchen europäischen Gremien gar nicht vertreten ist oder oft nur ein einziger Vertreter mitarbeitet. Neben Deutschland entsendeten nur wenige andere Länder, meist Frankreich, das Vereinigte Königreich oder die skandinavischen Länder, ebenfalls Arbeitsschutzvertreter in die europäische Normung. Hier sei eine breitere Beteiligung weiterer Länder wünschenswert.

Nutzung von Normen

Vor allem die Arbeitnehmer begrüßen die Empfehlung der europäischen Studie, Normen, die der Ausfüllung von Gesetzen dienen, wie die Gesetzestexte selbst kostenlos verfügbar zu machen. Hierdurch würden die Umsetzung rechtlicher Anforderungen und die Kontrolle ihrer Einhaltung stark erleichtert. Zudem könnten Arbeitnehmer als Anwender genormter Produkte einfacher Verbesserungsvorschläge einbringen. Die Normungsorganisationen machten demgegenüber deutlich, dass sie ihre Dienstleistung nicht zum Nulltarif erbringen können. Auch Gesetze oder Regelwerke der Unfallversiche- rungsträger seien letztendlich nicht kostenlos, sondern würden über Steuern oder Mitgliedsbeiträge finanziert. Als ein Lösungsweg wurde vorgeschlagen, unterschiedliche Finanzierungsmodelle für Normen zu prüfen. Zudem habe das DIN mit der Einführung des kostenlosen Zugangs zu Normentwürfen in der Kommentierungsphase bereits einen wichtigen Schritt getan.

Verhältnis von Normen zu Regeln des Staates und der Unfallversicherungsträger

Im Rahmen der Neuordnung des Arbeitsschutzrechtes sollen Doppelregelungen und Widersprüche zwischen dem Regelwerk des Staates und der Unfallversicherungsträger vermieden werden. Kritisch wurde gesehen, wenn in Regeln des Staates und der Unfallversicherungsträger auf Normen im Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes verwiesen wird. Der Anwender erwarte ein vollständiges Regelwerk ohne eine Vielzahl weiterer Verweise auf andere Regelwerke, vor allem wenn diese kostenpfl ichtig sind.

Nationales Delegationsprinzip und europäische Vertretung von Interessen

Die Europäische Kommission fördert europäische Interessensgruppen wie ANEC (Verbraucher), ETUI (Gewerkschaften), NORMAPME (KMU) und ECOS (Umwelt) mit insgesamt vier Millionen Euro pro Jahr, um diesen Kreisen zu ermöglichen, dass ihre Positionen von den Europäischen Normungsorganisationen gehört werden. Die europäische Studie sieht allerdings einen Widerspruch zwischen dieser europäischen Unterstützung und dem nationalen Delegationsprinzip. Die Diskussionsteilnehmer waren sich darin einig, dass das nationale Delegationsprinzip als wichtiges Element für eine möglichst breite Beteiligung aller Kreise beibehalten werden muss. Gleichzeitig müsse jedoch die europäische Koordinierung und Durchsetzung von Arbeitsschutzinteressen weiter entwickelt werden. Dies könne durch Netzwerke wie EUROSHNET bis hin zu einer europäischen Stelle nach dem Modell der KAN erfolgen.

Werner Sterk
sterk@kan.de