KANBrief 3/23

Digitale Ergonomie: KAN-Projekt gibt Überblick zum Forschungsstand

Die BioMath GmbH hat im Auftrag der KAN untersucht, wo die Forschung zu Schnittstellen und Datenformaten bei digitalen Menschmodellen und Systemen zur Bewegungserfassung steht.

Im Arbeitsschutz werden digitale Modelle und Methoden zur Planung und Beurteilung von Produkten und Prozessen genutzt. Digitale Menschmodelle simulieren physische Aspekte der Arbeit. Zudem gibt es Systeme, die anhand von Koordinaten der menschlichen Gelenke im dreidimensionalen Raum Bewegungen erfassen. Diese Daten können dann in ein digitales Menschmodell eingespeist werden. Fachleute leiten daraus Maßnahmen für die sichere und gesundheitsgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen ab.

Sowohl Forschungseinrichtungen als auch Unternehmen verfügen über Methoden und Werkzeuge zur Analyse, Beurteilung und Darstellung der Daten aus digitalen Menschmodellen und Systemen zur Bewegungserfassung. Häufig handelt es sich aber um Insellösungen, die aufgrund unterschiedlicher Datenformate untereinander nicht kompatibel sind. Seit den 1960er Jahren wurden rund 150 unterschiedliche digitale Menschmodelle für verschiedene Zwecke entwickelt (die jedoch nicht mehr alle genutzt werden).

Eine Standardisierung der Schnittstellen

  • zwischen digitalen Menschmodellen untereinander,
  • zwischen Systemen zur Bewegungserfassung untereinander und
  • zwischen digitalen Menschmodellen und Systemen zur Bewegungserfassung

wäre für den Arbeitsschutz hilfreich, da eine belastbarere Datengrundlage zur Ableitung von Maßnahmen für die menschengerechte Arbeitsgestaltung geschaffen werden könnte. Mit Hilfe einheitlicher Schnittstellen und Datenformate könnten Bewegungsdaten aus verschiedenen Quellen zusammengefügt und für übergreifende Auswertungen genutzt werden.

KAN-Projekt zeigt Vielfalt der Modelle auf

Im Rahmen eines KAN-Projektes hat die BioMath GmbH wissenschaftliche Publikationen zur digitalen Ergonomie erfasst und ausgewertet. Es galt dabei auch herauszustellen, welche arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf digitale Menschmodelle und die digitale Erfassung, Bewertung und Darstellung von Bewegungsdaten als gesichert anzusehen sind.

Der Bericht gibt einen Überblick über digitale Menschmodelle und deren Eigenschaften und Möglichkeiten. Die Studie zeigt, dass digitale Menschmodelle auf anthropometrische Maße aus unterschiedlichen Datenbanken zurückgreifen, die verschiedene Bevölkerungsgruppen abbilden. Zudem sind die Daten teils sehr unterschiedlich gruppiert und/oder aufgeschlüsselt. Die Qualität der Daten bestimmt auch die Qualität der digitalen Menschmodelle.

Außerdem wurde analysiert, welche Systeme zur Bewegungserfassung bereits in Studien untersucht wurden. Dabei ging es vorrangig um Möglichkeiten zum Datenaustausch. Hier zeigte die Recherche, dass es bislang kein einheitliches Vorgehen gibt.

In zukünftigen Forschungsprojekten sollten daher u.a. folgende Punkte näher beleuchtet werden:

  • Für den Austausch von Daten zwischen digitalen Menschmodellen wäre es sinnvoll, ein herstellerneu­trales, gut dokumentiertes, standardisiertes Format zu haben.
  • Begriffsdefinitionen und mögliche Detailgrade z.B. für bestimmte Teile eines digitalen Menschmodells sollten festgelegt werden.
  • Da es für die Eigenschaften und Konfiguration von Menschmodellen verschiedene Ansätze gibt, wären Festlegungen zur Struktur der Modelle wichtig, die die Vergleichbarkeit fördern.

Wie geht es weiter?

Die Projektnehmerin hat die Ergebnisse der Recherche in einem Bericht zusammengefasst, in dem die derzeitige Ausgangslage und Ansätze zur Harmonisierung einheitlicher Schnittstellen und Datenformate beschrieben werden. Die Inhalte dieses Berichts sollen in Form eines technischen Reports (DIN/TR) verfügbar gemacht werden. Dazu wird die KAN den Text aufbereiten und einen Antrag bei DIN stellen. Langfristiges Ziel ist es, grundlegende Normen für digitale Menschmodelle, Schnittstellen und Datenformate zu schaffen. Eine vollständige Harmonisierung der Anforderungen ist aus Sicht der KAN jedoch aktuell noch nicht möglich.

Katharina von Rymon Lipinski
vonrymonlipinski@kan.de