KANBrief 4/19
Die HCI International zählt zu den wichtigsten Konferenzen im Feld der Mensch-Computer–Interaktion, wobei „Computer“ zunehmend jede Form von Maschine und Gerät bezeichnet, das über eine digitale Schnittstelle verfügt. Vieles, was unter den Stichworten Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz (KI) eher diffus diskutiert wird, wird hier ganz konkret: Datenbrillen am Arbeitsplatz, Exoskelette und vernetzte Maschinen, KI und Arbeitsschutz, Cybersecurity und Datensicherheit.
Die diesjährige Ausgabe der HCI International fand in den USA unter Beteiligung von ca. 1900 Teilnehmenden aus 74 Ländern statt. Im Kontext von Mensch-Computer-Interaktion und Arbeitsschutz spielt auch die Normung eine wichtige Rolle. Denn die Schnittmenge aus Mensch-Computer-Interaktion, Arbeitsschutz und Normung hat einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit und nutzergerechte Gestaltung von Maschinen und anderen Arbeitsmitteln. Deshalb bot die KAN-Geschäftsstelle 2019 eine eigene Session mit explizitem Normungsbezug an. Die Konferenz-Teilnehmenden stammen vorwiegend aus der Forschung und haben einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung von Produkten und Technologien. Die Konferenz bietet daher eine ideale Gelegenheit, frühzeitig für die Themen Arbeitsschutz und Normung zu sensibilisieren.
Bei der traditionellen Abendveranstaltung zur Eröffnung der Konferenz sprach Prof. Richard Harper in seiner Keynote das derzeit populäre Thema „Künstliche Intelligenz“ an. Prof. Harper arbeitete im Forschungszentrum Xerox PARC in Palo Alto und ist heute einer der Direktoren des Institute of Social Futures an der University of Lancaster. In seinem Vortrag stellte er den Zusammenhang von KI und Mensch-Computer-Interaktion dar und beschrieb beispielhaft, wie Anwender ihr Verhalten bei der Nutzung von Sprachsteuerungen angepasst haben, damit diese funktionieren. Im Sinne der Mensch-Computer-Interaktion ist es jedoch unvorteilhaft, wenn Anwender ihr Verhalten anpassen müssen, damit eine KI-Anwendung die gewünschten Ergebnisse liefert. Deshalb sollte der Einsatz von KI nicht universell erfolgen. KI eigne sich nur unter bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte, klar definierbare Anwendungen (siehe auch Qualifizierte Arbeit in Zeiten der künstlichen Intelligenz).
In der Session der KAN-Geschäftsstelle thematisierte auch Dr. Phoebe Moore das Thema Künstliche Intelligenz in ihrem Vortrag. Dr. Moore ist außerordentliche Professorin für politische Ökonomie und Technologie an der University of Leicester und hat diverse Reports für die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Europäische Arbeitsschutzagentur EU-OSHA zu Künstlicher Intelligenz und deren Auswirkungen auf den Arbeitsschutz publiziert. Sie ging auf die Vorteile und Risiken von KI-Anwendungen am Arbeitsplatz ein und sensibilisierte für die Notwendigkeit, mögliche Auswirkungen von KI auf den Arbeitsschutz zu berücksichtigen (siehe auch Arbeitsschutz in Zeiten der KI).
Im Rahmen der diesjährigen HCI-Konferenz wurde zum ersten Mal das Thema Cybersecurity in einem eigenen Konferenzteil platziert. Dadurch soll die Forschung auf diesem Themengebiet gefördert und ein Forum für einen Austausch zwischen Wissenschaftlern, Forschern und vor allem Praktikern zur Verfügung gestellt werden. Dies ist nach Meinung des Cybersecurity-Experten Prof. Abbas Moallem aus Cupertino (Silicon Valley) auch dringend notwendig, da Cybersecurityprobleme bei vielen Produkten und IT-Anwendungen bisher nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Dies spiegelt sich seiner Meinung nach auch in zu geringen Investitionen im Bereich der Cybersecurity wider.
Das Thema Cybersecurity, insbesondere die Aspekte von „Safety & Security“, ist auch für den Arbeitsschutz relevant. Deshalb wird die KAN-Geschäftsstelle auch auf der nächsten HCI-Konferenz, die vom 19.-24. Juli 2020 in Kopenhagen stattfinden wird, wieder mit einer eigenen Session vertreten sein. Diesmal im bereits angesprochenen Konferenzteil zum Thema Cybersecurity: „HCI for Cybersecurity, Privacy and Trust (HCI-CPT). Im Rahmen der Session wird für die Aspekte des Arbeitsschutzes und der Normung im Kontext von Cybersecurity sensibilisiert. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann besuchen Sie doch unsere Session „Why cybersecurity is vital for your business“.
Dr. Michael Bretschneider-Hagemes
bretschneider@kan.de
Sebastian Korfmacher