KANBrief 4/19

Patiententransport im Rettungsdienst

Der Transport von Patienten ist für Rettungsdienstmitarbeiter eine körperlich herausfordernde Aufgabe. Dies gilt insbesondere, wenn Hindernisse wie Treppen überwunden werden müssen. Zwar regelt die Lastenhandhabungsverordnung (pdf), dass eine Überbeanspruchung insbesondere der Lendenwirbelsäule durch schwere Lasten vermieden werden sollte. Offen ist jedoch die Frage, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann. Eine Studie des Institut für Arbeitsschutz (IFA) gibt hier wichtige Anregungen.

Der Patiententransport vom Ort des Auffindens, etwa in der Wohnung, bis zur Übergabe im Krankenhaus oder in der Arztpraxis besteht aus mehreren Schritten. Zunächst erfolgt der Transfer des Patienten auf ein Transportmittel – wenn möglich aus eigener Kraft. Anschließend wird er mit diesem zum Einsatzfahrzeug gefahren, sofern der Transportweg barrierefrei ist. Ist jedoch ein Hindernis wie etwa ein Treppenhaus zu überwinden, muss häufig das Transportmittel mit dem Patienten und gegebenenfalls zusätzlicher medizinischer Ausrüstung getragen werden. Hierbei wird schnell ein Gesamtgewicht von deutlich über 100 kg erreicht, das in der Regel von lediglich zwei Rettungskräften zu bewältigen ist.

Auch der Transfer des Patienten in das Einsatzfahrzeug hinein ist üblicherweise mit dem Anheben oder Umsetzen eines Großteils des Gesamtgewichtes verbunden. Der Patiententransport beinhaltet damit Aufgaben, die oft mit einer hohen physischen Belastung für die Rettungskräfte verbunden sind. Dies spiegelt sich auch in einem im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erhöhten Krankenstand wider.

Ideale Transporthilfe gesucht!

Die Frage nach dem geeigneten Hilfsmittel ist dabei keine einfache. Mittlerweile existieren alternative Transportmittel, die neben konventionellen Transporthilfen wie Tragestuhl oder Tragetuch genutzt werden können und eine Entlastung der Rettungskräfte vermuten lassen. Aus unterschiedlichen Gründen sind sie noch nicht weit verbreitet. Oftmals scheitert ihr Einsatz daran, dass keine Kenntnis über ihre Existenz besteht oder die Wirksamkeit der durch sie erreichten Entlastung nicht genauer untersucht ist. Aber auch Kostengründe können einer Neuausstattung oder Umrüstung der Fahrzeugflotten im Weg stehen. Zum Teil sind die alternativen Hilfsmittel als Ergänzung und nicht als Ersatz für die klassischen Hilfsmittel zu betrachten, was zu zusätzlichem Gewicht und höherem Platzbedarf im Einsatzfahrzeug führt.

Entlastung mit alternativen Hilfsmitteln

Die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen hat 2015 das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) mit einer Studie zum Vergleich von zwei klassischen und zwei alternativen Transporthilfsmitteln für den Treppentransport beauftragt. Darin wurde die Frage der Wirksamkeit der Hilfsmittel zur Belastungsreduzierung näher untersucht. Die Studie vergleicht den Transport einer 75 kg schweren Dummy-Puppe über eine Treppe auf einem klassischen Tragestuhl oder Tragetuch mit dem Transport auf einem Raupenstuhl oder Treppengleittuch. 30 Träger wurden mit dem CUELA-Messsystem ausgestattet und zusätzlich nach ihrem subjektiven Belastungsempfinden befragt. Das Messsystem erfasste die Körperhaltung und -bewegung sowie die Aktionskräfte während des Transports. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die objektiv mit biomechanischen Methoden erfasste als auch die subjektiv empfundene physische Belastung der Rettungskräfte durch die Verwendung der alternativen Hilfsmittel reduziert werden. Damit stellen die getesteten alternativen Transporthilfsmittel eine sinnvolle Ergänzung bestehender Hilfsmittel dar.

Ein Universal-Transporthilfsmittel, das in den vielfältigen Einsatzbedingungen allen Anforderungen genügen kann, ist jedoch bisher nicht bekannt. Es ist daher für jede Situation das optimale der verfügbaren Hilfsmittel zu wählen. Verfügbare Hilfsmittel sind unter anderem in Datenbanken (z.B. Sicherer Rettungsdienst) recherchierbar. Empfehlungen für entlastende Hilfsmittel sollten auch durch die Normung (z.B. EN 1789, Rettungsdienstfahrzeuge) den Weg in die Praxis finden und bei der Ausstattung neuer Einsatzfahrzeuge berücksichtigt werden.

Alleine die Beschaffung alternativer Transporthilfen hilft jedoch noch nicht, die Belastungssituation der Rettungsdienstmitarbeiter zu verbessern. Wenn ein Hilfsmittel verfügbar ist, muss es in der Situation vor Ort anwendbar sein und auch in der richtigen Art und Weise angewendet werden. Hierbei spielen regelmäßige Schulungen eine wichtige Rolle.

Dr. Christoph Schiefer
christoph.schiefer@dguv.de