KANBrief 4/17

DIN EN ISO 27500: Die menschzentrierte Organisation – Zweck und allgemeine Grundsätze

Unternehmen sollten nicht nur am Profit und an der Produktivität gemessen werden, sondern auch daran, wie gut sie ihrer Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt gerecht werden. Diese Aspekte wurden von den sieben weltweit größten Industrienationen (G7) um die Forderung der Menschzentriertheit erweitert. Wie diese in Unternehmen umgesetzt werden kann, beschreibt die neue Norm DIN EN ISO 27500: 2017-07 (Die menschzentrierte Organisation – Zweck und allgemeine Grundsätze. Beuth Verlag GmbH, Berlin).

Der Begriff menschzentriert spiegelt wider, dass Unternehmen ihren Einfluss auf Menschen und ihr Verhalten so einsetzen, dass sie den Bedürfnissen von Beschäftigten und Kunden gerecht werden. Die DIN EN ISO 27500 richtet sich an Unternehmen und Organisationen jeglicher Größe und enthält Empfehlungen für die Gestaltung einer menschzentrierten Organisation. Ihr Ziel ist es, das Management dafür zu sensibilisieren, neben der Wirtschaftlichkeit auch die Beschäftigten im Auge zu behalten. Das Aufzeigen der Risiken durch Nichtanwendung von menschzentrierten Grundsätzen unterstützt diese Sensibilisierung. Die Norm ist keine Managementsystemnorm und somit auch nicht für Zertifizierungszwecke bestimmt.

Die Norm führt sieben Grundsätze auf, die ein menschzentriertes Unternehmen charakterisieren:

  • Das Unternehmen sieht individuelle Unterschiede bei Kunden und Beschäftigten als Stärke und nicht als Problem an und trägt diesen Rechnung: Unterschiede in der Körpergröße, beispielsweise, werden bei der Arbeitsgestaltung und bei der Produktgestaltung berücksichtigt; unterschiedliche Fähigkeiten und Kenntnisse können für Problemlösungen genutzt werden.
  • Das menschzentrierte Unternehmen nutzt internationale Normen und bewährte Methoden, um zu gewährleisten, dass Produkte, Systeme und Dienstleistungen für Kunden und Beschäftigte mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten und Eigenschaften zugänglich und gebrauchstauglich sind.
  • Das Unternehmen erkennt an, dass Menschen Teil des Systems sind, in dem sie arbeiten. Bei der Neugestaltung oder Änderung von Arbeitssystemen berücksichtigt das Unternehmen die Bedürfnisse der Nutzer.
  • Das Unternehmen unternimmt die erforderlichen Schritte, um Personen vor Risiken im Bereich Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden zu schützen. Dazu gehören über den gesetzlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz hinausgehende freiwillige Maßnahmen – innerhalb wie außerhalb des Unternehmens. Dies trägt zur Verbesserung der Produktivität bei und reduziert das Risiko arbeitsbedingter Verletzungen und Krankheit.
  • Das Unternehmen bietet seinen Beschäftigten sinnvolle Arbeit, bei der sie ihre Fähigkeiten nutzen und entwickeln können. Das Unternehmen wertschätzt den Beitrag seines Personals sowohl finanziell als auch durch andere Formen der Anerkennung.
  • Das Unternehmen kommuniziert offen und transparent nach innen und nach außen. Wenn zum Beispiel (schwierige) Entscheidungen anstehen, wird die Belegschaft in angemessener Art und Weise rechtzeitig informiert.
  • Das Unternehmen bekennt sich zu seiner sozialen Verantwortung, indem es die sieben Grundsätze der ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung“ umsetzt: Verantwortung gegenüber Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt, Transparenz bei Entscheidungen und Aktivitäten, ethisches Verhalten, Achtung der Belange aller Betroffenen, der Rechtstaatlichkeit, der internationalen Verhaltensnormen und der Menschenrechte.

Die DIN EN ISO 27500 betrachtet die Menschen – Beschäftigte und Kunden von Organisationen –
und nimmt dabei Bezug auf relevante internationale Normen. Dazu gehören die DIN ISO 26000 „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung“ und die DIN EN ISO 26800 „Ergonomie – Genereller Ansatz, Prinzipien und Konzepte“. Die DIN EN ISO 27500 stellt die Grundsätze der Menschzentriertheit in gebündelter Form dar. Sie richtet sich an die Unternehmensleitung; ergänzend dazu gibt es für Führungskräfte die DIN EN ISO 27501:2017-08 „Die menschzentrierte Organisation – Anleitung für Führungskräfte“.

Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren vom Ansatz der Menschzentriertheit. Fehlende zeitliche und personelle Ressourcen und fehlendes Know-how behindern jedoch oftmals die Umsetzung. Unterstützung bietet DIN auf den Webseiten Kommission Mittelstand (KOMMIT) (Deutsches Institut für Normung (DIN): Hilfestellungen für KMU und Verbände) und KMU-Helpdesk (Deutsches Institut für Normung (DIN)). 

 

Sibylle Adenauer
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa), Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit

Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser
Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa); Vorsitzender des DIN-Normenausschusses „Ergonomie“ (NAErg)