KANBrief 2/09

Alle Spezifikationen des DIN unter einem Hut

Seit April 2009 wird eine Reihe von Produkten des DIN unter dem Oberbegriff DIN SPEC zusammengefasst (Weiterführende Informationen unter www.spec.din.de). Diese entstehen in Verfahren, die nicht zwingend den vollständigen Konsens aller interessierten Kreise erfordern und deren Erarbeitungszeit dadurch kürzer ist als die von Normen. Aus Sicht des Arbeitsschutzes sind diese Dokumente jedoch nicht geeignet, wenn Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekte berührt werden.

Da schnelllebige Branchen wie die Informationstechnologie immer kürzere Innovationszyklen aufweisen, besteht ein steigender Bedarf an schnell verfügbaren Spezifikationen. DIN SPEC sind eine Reaktion auf diese Entwicklung. Sie können nach vier verschiedenen Verfahren erarbeitet werden.

DIN SPEC (PAS): Publicly Available Specifications

DIN SPEC (PAS) werden durch temporär bestehende Gremien unter Beratung des DIN erarbeitet. Die Initiative kann von einer Person, einer Organisation oder einem Normenausschuss ausgehen.

Zunächst muss ein Geschäftsplan (Ziele, Arbeitsprogramm, Kosten et cetera) erstellt und vier Wochen lang auf der Webseite des Beuth-Verlags kostenfrei verfügbar gemacht werden. An der Erarbeitung der DIN SPEC (PAS) kann jeder Interessierte mitwirken, der sich innerhalb dieser Frist meldet.

Das Gremium erarbeitet das Dokument, ohne alle interessierten Kreise einbeziehen und ohne zwingend Konsens erreichen zu müssen. Die Entscheidung, wann ein Entwurf fertig ist, trifft im Zweifelsfall der Obmann. Optional kann der Entwurf nun vier Wochen lang im Internet zur kostenlosen Einsicht und Stellungnahme bereitgestellt werden. Abschließend wird das Dokument per Mehrheitsbeschluss im Gremium verabschiedet. Nur die Gremienmitglieder, die dem Dokument zustimmen, werden als Verfasser genannt. Der Direktor des DIN muss die Veröffentlichung der DIN SPEC (PAS) genehmigen. Die Urhebernutzungsrechte liegen beim DIN.

DIN SPEC (CWA): CEN Workshop Agreements

CWA sind das europäische Gegenstück zu DIN SPEC (PAS). Die Vereinbarungen werden in CEN-/ CENELEC-Workshops erarbeitet und können national als DIN SPEC (CWA) übernommen werden.

Anfragen zur Erarbeitung eines CWA werden in Deutschland vom DIN aufgenommen und an CEN weitergeleitet. Bei Annahme des Projekts veröffentlicht CEN den Geschäftsplan mindestens 60 Tage lang auf der CEN-Website mit der Möglichkeit zur Stellungnahme.

Ist der CWA-Entwurf fertiggestellt, entscheiden die Teilnehmer des Workshops, ob eine öffentliche Kommentierungsphase stattfinden soll. Am Ende des Verfahrens stimmen die Workshopteilnehmer über das fertige Dokument ab. CEN stellt seinen Mitgliedern das CWA zur Verfügung.

DIN SPEC (Vornorm)

Eine DIN SPEC (Vornorm) wird wie eine Norm nach den Grundsätzen der DIN 820 von einem Normenausschuss erarbeitet. Sie dient häufig dazu, erste Erkenntnisse festzuhalten und Erfahrungen zu sammeln, die später komplettiert und in eine Norm überführt werden können.

Im Unterschied zu einer Norm darf allerdings bei einer DIN SPEC (Vornorm) die Entwurfsveröffentlichung entfallen. Auch muss sie nicht auf dem Konsens aller interessierten Kreise basieren.

DIN SPEC (Fachbericht)

Ein DIN SPEC (Fachbericht) ist ein Sachstandsbericht, der Daten und Erkenntnisse sichert, die nicht als Norm oder Vornorm herausgegeben werden sollen. Er kann als Grundlage für die Erarbeitung von Normen herangezogen werden.

Ein DIN SPEC (Fachbericht) wird von einem DIN-Arbeitsgremium erstellt oder entsteht durch die Übernahme von europäisch oder international erarbeiteten Technical Reports (TR). Die Veröffentlichung bedarf der Zustimmung der Geschäftsleitung des DIN.

Überprüfung nach 3 Jahren

DIN SPEC (PAS, CWA, Vornorm) werden spätestens nach drei Jahren überprüft. Dabei wird entschieden, ob das Dokument überarbeitet, zurückgezogen, beibehalten oder in eine Norm überführt werden soll.

Keine Sicherheitsaspekte in CWA und PAS

DIN SPEC können aufgrund der schnellen Erarbeitung zur Unterstützung des Technologiefortschritts durchaus nützlich sein. Aus Sicht der KAN sind CWA und PAS jedoch für die Behandlung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekten nicht geeignet, da wesentliche Normungsprinzipien wie die Beteiligung aller interessierten Kreise, die Durchführung einer öffentlichen Umfrage und die Konsensfindung innerhalb aller Kreise nicht verpflichtend anzuwenden sind. Die KAN setzt sich derzeit dafür ein, dass Festlegungen zu Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekten in CWA und PAS durch die entsprechenden Verfahrensregeln ausgeschlossen werden.

Katharina von Rymon Lipinski
vonRymonLipinski@KAN.de