KANBrief 4/15

EUROSHNET-Konferenz Sevilla – Austausch auf Europäisch

EUROSHNET und das spanische Arbeitsschutzinstitut INSHT luden ein nach Sevilla und zahlreiche Gäste aus ganz Europa kamen: Anlässlich der 5. Europäischen Konferenz zu Normung, Prüfung und Zertifizierung im Arbeitsschutz diskutierten 150 Teilnehmende vom 14.-16. Oktober 2015, wie sich die Qualität der Arbeit verbessern lässt und welchen Herausforderungen sich der Arbeitsschutz in den kommenden Jahren stellen muss.

Ziel der EUROSHNET-Konferenzen ist es, den Kontakt zwischen Arbeitsschutzexperten und Entscheidungsträgern in Europa zu fördern und Impulse für die Prävention zu setzen. Das betont interaktiv angelegte Programm bot den Teilnehmenden aus staatlichen Ministerien und Arbeitsschutzinstitutionen, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, der europäischen Kommission und von Unternehmen reichlich Gelegenheit zum persönlichen Austausch. Dieser Austausch, gepaart mit einem Rahmenprogramm mit spanischem Flair, verlieh der Konferenz eine besondere Note.

Dolores Limón, Direktorin des INSHT, machte in ihrer Eröffnungsrede deutlich, dass eine gute Qualität der Arbeit von zahlreichen Einflussfaktoren abhängt. Neben der rein technischen Dimension spielten unternehmerische und soziale Aspekte zunehmend eine Rolle: „Wir können die heutigen Herausforderungen nicht mit Lösungen von gestern angehen.“

Im Café Well-being sammelten die Teilnehmenden in kleinen Gesprächsrunden Ideen zur Globalisierung, zu Veränderungen in der Arbeitswelt und zur Vereinbarkeit von Produktivität und Qualität der Arbeit. Die Diskussionen ergaben, dass die Faktoren, die die Qualität des Arbeitslebens ausmachen, keineswegs einheitlich sind und sich ihre Gewichtung auch im Laufe des Arbeitslebens ändern kann. Zur Globalisierung wurde angemerkt, dass diese nicht nur die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer beinhaltet, sondern dass die Koordination von Arbeitsschutzmaßnahmen über globale Netzwerke auch große Chancen bieten.

Auf zu neuen Ufern

Walter Eichendorf (DGUV: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) bemerkte in seiner Grundsatzrede, dass der Arbeitsschutz häufig als Behinderer von Fortschritt wahrgenommen wird. „Wir halten jedoch niemanden davon ab, in See zu stechen und neue Länder zu entdecken. Wir wollen nur sichergehen, dass das Schiff nicht auf der Reise sinkt!“

Aus zahlreichen Beiträgen kristallisierte sich ein Leitgedanke heraus: Die Arbeitswelt befindet sich im starken Wandel. Kris De Meester (FEB: Federation of Enterprises in Belgium) mahnte, dass der Arbeitsschutz angesichts neuer Formen der Arbeit und Zusammenarbeit umdenken und ganz neue Wege beschreiten müsse. Eine für alle einheitliche Sicherheitskultur sei kaum erreichbar. Auch Antti Koivula (FIOH: Finnisches Institut für Arbeitsschutz) und Carlos Arranz (INSHT) machten deutlich: Automatisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und Globalisierung erfordern neue Ansätze, da die traditionellen Instrumente des Arbeitsschutzes immer weniger greifen.

Drei Leitthemen: Produktsicherheit, Arbeitsplätze, Instrumente

Neue Entwicklungen in der EU-Gesetzgebung und intelligente PSA standen im Mittelpunkt des Konferenzblocks zur Produktsicherheit. Michael Thierbach (KAN) zeigte auf, dass die Herausforderung des Arbeitsschutzes besonders darin besteht, zügig Normen und Prüfgrundlagen zu erarbeiten, um mit dem rasanten technischen Fortschritt Schritt zu halten. Stefan Ohlhauser (Europäische Koordinierung der benannten Stellen für die Maschinenrichtlinie) schilderte, dass es auch bei der Zertifizierung komplexer, vernetzter Maschinen und Anlagen noch an geeigneten Grundlagen mangelt.

Auch die betriebliche Seite des Arbeitsschutzes wurde beleuchtet: Welche Entwicklungen gibt es in der Gesetzgebung, und welche Rolle können Arbeitsschutzmanagementsysteme, die Zertifizierung von Kompetenzen oder Dienstleistungsnormen künftig spielen?

Um Produktsicherheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz zusammenzuführen, sind verschiedene Instrumente notwendig, die in Workshops und Vorträgen eingehender beleuchtet wurden: Normung, Prüfung und Zertifizierung, Marktüberwachung, Forschung, Regelsetzung, Kooperation. Raphaël Haeflinger (EUROGIP) und Norbert Breutmann (ehemals SAB OHS: Strategisches Beratungsgremium für Arbeitsschutz bei CEN) machten deutlich, dass es viele positive Ansätze gibt, die Instrumente jedoch noch weit besser miteinander verknüpft werden müssten, um wirklich schlagkräftig zu werden.

Ein großes Bühnenpuzzle als Leitmotiv der Konferenz zeigte eindrücklich: Arbeitsschutz funktioniert nur dann, wenn alle Teile richtig kombiniert und miteinander verzahnt werden.

Sonja Miesner
miesner@kan.de 

Michael Robert
robert@kan.de 

Fotos und Vorträge der Konferenz finden Sie auf der Website von EUROSHNET.