Ergonomie bei Maschinen

Die Europäische Maschinenrichtlinie 2006/42/EG verpflichtet Maschinenhersteller, die Belästigung, Ermüdung sowie körperliche und psychische Fehlbeanspruchung des Bedienungspersonals auf das mögliche Mindestmaß zu reduzieren. Gleichzeitig verpflichtet die Betriebssicherheitsverordnung Arbeitgeber, bei der Verwendung von Arbeitsmitteln die Grundsätze der Ergonomie zu beachten und die Gebrauchstauglichkeit einschließlich der ergonomischen Gestaltung schon bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Warum die Ergonomie einer Maschine trotzdem nicht im Vordergrund für Käufer und Konstrukteure und deshalb auch der Normschreiber liegt und was aus Sicht der KAN dagegen getan werden könnte, lesen Sie im Artikel "Ergonomie bei Maschinen - Schwierigkeiten und Lösungsansätze" (pdf, nicht barrierefrei), veröffentlicht in Technische Sicherheit Bd. 7 (2017) Nr. 10 - Oktober, S. 12-14 (www.technischesicherheit.de, Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf).

Biomechanische Belastungsgrenzen

In einem IFA/DGUV-Forschungsprojekt wurden Kraftgrenzen ermittelt, die Roboter bei der möglichen Berührung mit Menschen, die sich in deren Umgebung aufhalten, nicht überschreiten sollen. Die dabei ermittelten Werte wurden unter anderem auch dazu benötigt, die harmonisierten Normen für Roboter mit sicherheitstechnischen Anforderungen an eine Bewertung des Risikos einer Kollision zu ergänzen.

Die KAN hat in diesem Zusammenhang vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und Automatisierung (IFF Magdeburg) eine Studie erstellen lassen, in der der aktuelle Stand und weiterer Bedarf an Grundlagen zur mechanischen Risikobeurteilung im Sinne der Maschinenrichtlinie herausgearbeitet wurden.

Das Ergebnis zeigt, wie gering der Umfang an Forschungsarbeiten für nutzbare Grenzwerte in diesem Bereich ist. Als weiteres Studienergebnis wurde eine Klassifikation erstellt, die sich unter den gegenwärtig etablierten am besten für die Beschreibung von Verletzungsbildern im Arbeitsschutz eignet.

KAN-Studie 06/2014 Biomechanische Belastungsgrenzen - Studie zur Unterstützung der Normungsarbeit im Bereich der kollaborierenden Roboter

ErgoMach

Die Ergonomie bei der Gestaltung von Maschinen stärker zu berücksichtigen ist das Ziel von ErgoMach (Ergonomics and construction, ordering and using of Machinery), einer europäischen Arbeitsgruppe aus KAN, Normenausschuss Ergonomie, Europäischem Gewerkschaftsinstitut ETUI, Ergonomen, sowie den Vorsitzenden der für Grundlagen der Maschinensicherheit und für Ergonomie zuständigen Ausschüsse in CEN und ISO.

Vieles deutet darauf hin, dass es zwischen Ergonomen und den eher praktisch orientierten Konstrukteuren und Herstellern von Maschinen an Kommunikation mangelt. Dies führt dazu, dass bei der Gestaltung von Maschinen ergonomische Erkenntnisse häufig unberücksichtigt bleiben. Auch Normen – das wichtigste Hilfsmittel bei der Gestaltung von Maschinen – sind von der mangelnden Kommunikation betroffen. Zwar gibt es Normen zu ergonomischen Aspekten der Gestaltung von Maschinen, doch Konstrukteure haben Mühe, sie richtig zu verstehen und umzusetzen.

Aus diesen Gründen hat sich ErgoMach u.a. zum Ziel gesetzt, die Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu verbessern. Dafür müssen Wissenschaftler im Bereich der Ergonomie, Maschinenhersteller, Maschineneinkäufer, Arbeitgeber, die Bediener der Maschinen (einschließlich Personen mit besonderen Bedürfnissen), Behörden, Arbeitsschutzexperten, Betriebsräte und Arbeitsmediziner mit ihrem jeweiligen Hintergrund und ihren unterschiedlichen Ressourcen und Motivationen zusammengebracht werden. 

Ergonomische Maschinengestaltung, Checkliste und Auswertungsbogen

Zur Beurteilung der ergonomischen Gestaltung von Metallbearbeitungsmaschinen hat der Fachbereich Holz und Metall der DGUV die  DGUV Information 209-068 „Ergonomische Maschinengestaltung, Checkliste und Auswertungsbogen“ erarbeitet. Die Checkliste enthält eine Fülle von normativen Anforderungen, Empfehlungen und Erläuterungen und gibt den Stand der Technik wieder, sodass sie als Arbeitshilfe bei der Konstruktion von Neumaschinen und von Maschinenumbauten verwendet werden kann. Sie ist zudem als konkrete Handlungshilfe geeignet, um den Betreiber bei der Abnahme von Maschinen oder Maschinenumbauten und bei einer Gefährdungsbeurteilung vorhandener Maschinen zu unterstützen. Auch bei der Festlegung von notwendigen Schutzmaßnahmen für eine Bereitstellung von sicheren und ergonomischen Arbeitsmitteln nach der Betriebssicherheitsverordnung, insbesondere den §§ 3 und 4, ist sie hilfreich.

Die Checkliste wird durch eine zweite DGUV Information 209-069 mit dem Titel „Ergonomische Maschinengestaltung, Information zur Checkliste“ ergänzt. Diese erläutert
und illustriert die diversen ergonomischen Anforderungen an die Maschinengestaltung.

Human Factors, Ergonomie und Maschinensicherheit

Die internationale Arbeitsgruppe "Human Factors, Ergonomie und Maschinensicherheit" (kurz: Human Factors) der IVSS Sektion Maschinen- und Systemsicherheit präsentiert Anforderungen an eine sichere und gesunde Mensch-System Interaktion auf seiner Internetplattform in englischer Sprache. Sie

  • beschreibt das Konzept der Arbeitssystemgestaltung aus der Ergonomie (siehe DIN EN ISO 6385). Das Konzept systematisiert Anforderungen an eine ergonomische Gestaltung. Eine Orientierung beim ergonomischen Gestaltungsprozess von Maschinen und technischen Anlagen wird erleichtert. 
  • wählt ergonomische Anforderungen aus, erläutert sie und stellt praktische Empfehlungen für die Gestaltung an Beispielen vor. Schwerpunkte sind zunächst anthropometrische Anforderungen und solche bezogen auf die menschliche Informationsverarbeitung.
  • verweist auf informative Normen und Fachliteratur.
  • widmet sich Arbeitsprozessen, die zukünftig stärker von Digitalisierung, Dynamisierung und Vernetzung geprägt sind.

Die Internetplattform wird laufend erweitert.

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Haben Sie Fragen zu diesem Thema oder brauchen Unterstützung? Dann wenden Sie sich gerne an Frau Dr. Schlutter.

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