KANBrief 3/18
Die Veranstaltung „Normung für Handwerk und Mittelstand und die Herausforderungen der Digitalisierung“ thematisierte Chancen und Herausforderungen in der Normungsarbeit. Veranstaltet hat sie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gemeinsam mit der KAN. ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte erklärt im Interview die aktuellen Brennpunkte.
Grundsätzlich ein hilfreiches Instrument, denn technische Standards sparen Kosten und Zeit, erleichtern die Zusammenarbeit und bieten Rechtssicherheit. Bei Haftungsfragen belegen sie, dass Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind. Wichtig ist, dass Normen Handwerksbetriebe als Einzelfertiger nicht benachteiligen.
Es gibt Fälle, in denen sich gerade große Industrieunternehmen einen Marktvorteil verschaffen, indem sie gezielt Standards setzen, die nur sie erfüllen. Das verhindert den Wettbewerb. Faire Normen entstehen, wenn alle in der Normungsarbeit auf Augenhöhe beteiligt sind. Das Handwerk hat einen strukturellen Nachteil: Der durchschnittliche Betrieb beschäftigt fünf bis zehn Personen und hat keine Ressourcen, sich einzubringen.
Wir adressieren die Probleme gegenüber der Politik, um für mehr Unterstützung zu werben, und vertreten die Interessen der Betriebe in normungspolitischen Gremien. Wichtig hierbei ist uns die enge Abstimmung mit unseren Fachverbänden, die die fachspezifische Normungsarbeit leisten.
Die Hürden, sich in den Normungsprozess einzubringen, werden höher. Zum Beispiel steigen die Reisekosten und Sprachbarrieren. Wir haben erreicht, dass die EU-Kommission ein Gremium eingerichtet hat, das KMU unterstützt: „Small Business Standards“ (SBS). So etwas würde ich mir auch auf nationaler Ebene wünschen. Davon profitieren dann alle, weil Vertreter aus dem Mittelstand stets die Praxistauglichkeit von Normen im Blick haben.
Entscheidend ist, wie hoch die Kosten und der Aufwand sind: Muss ein Handwerker 500 Seiten lesen oder hilft ihm eine Suchmaschine oder App, Normen und Updates zu finden? Digitale Tools können helfen, zum Glück tut sich da einiges. Zudem sollten Normen, auf die gesetzlich Bezug genommen wird, wie in Österreich kostenlos zur Verfügung stehen.
Spätestens seit dem Siegeszug des Smartphones wissen alle, dass Digitalisierung das Leben verändert. Wie Betriebe neue Technologien einsetzen, ist so vielfältig wie das Handwerk selbst. Mit dem „Kompetenzzentrum Digitales Handwerk“ wollen wir sensibilisieren. Unser Motto: Transformation statt Disruption. Es geht darum, die Wertschöpfungsketten zu erhalten oder neue zu knüpfen.
Eine Wegrationalisierung ganzer Berufe sehen wir im Handwerk nicht. Tätigkeiten verändern sich und Kompetenzen müssen angepasst werden. Das ist aber nichts neues, Berufsbilder werden laufend modernisiert. Entscheidend ist, dass die Politik faire Spielregeln auch auf digitalen Märkten setzt, etwa bei der Datennutzung.
Es gibt spannende Entwicklungen, von denen Arbeitsschutz und Prävention gerade in einer alternden Bevölkerung profitieren können. Solche Hilfsmittel sollten zügig erprobt und eingesetzt werden. Wo nötig, müssen bestehende Regeln, zum Beispiel im Arbeitsschutz, angepasst werden. Hier sind die KAN, die gesetzliche Unfallversicherung und der Staat gefragt. Ich hoffe, dass wir schnell vorankommen und das nötige Maß an Offenheit wahren, um Innovationen nicht auszubremsen.
Das Interview führte Mirjam Stegherr. Sie ist freie Journalistin und moderierte die Veranstaltung von KAN und ZDH in Berlin.
ZDH und KAN in Berlin
Bei ihrer gemeinsamen Veranstaltung „Normung für Handwerk und Mittelstand und die Herausforderungen der Digitalisierung“ haben ZDH und KAN am 21. Juni in Berlin über Chancen und Herausforderungen in der Normungsarbeit diskutiert. Gesetzliche Unfallversicherung, DIN, Bundesarbeits- und Bundeswirtschaftsministerium sowie Verbände der deutschen Wirtschaft und Kammern beteiligten sich an der Debatte.