KANBrief 1/24

Drei Fragen an… Axel Gutsmiedl, Leiter Umweltmanagement beim THW

Axel Gutsmiedl, Leiter Umweltmanagement beim Technischen Hilfswerk (THW), spricht darüber, wie das THW technisch und organisatorisch mit den Herausforderungen des Klimawandels umgeht.

Was bedeutet der Klimawandel für die Arbeit im THW?

Der Klimawandel erhöht auch in Deutschland die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Extremwetterereignissen massiv, und damit auch die Zahl der Einsätze des Technischen Hilfswerks. Wenn die Entwicklung so weitergeht und nicht mehr gegen den vom Menschen verursachten Anteil am Klimawandel unternommen wird, findet ein 100-jähriges Hochwasserereignis nicht mehr einmal in 100 Jahren statt, sondern vermutlich zwei, drei oder vier Mal. Wie man im Ahrtal gesehen hat, braucht man dann enorme Ressourcen und Kapazitäten, um vor Ort Hilfe leisten zu können. Die ehrenamtlichen Einsatzkräfte müssen die technische Hilfe vermehrt unter schwierigen Wetterbedingungen verrichten. Es kommt also zu einer Mehrbelastung bei gleichzeitig schwindendem Interesse, sich ehrenamtlich zu engagieren. Außerdem wirken sich schleichende Katastrophen wie Dürreperioden auf die Ressourcenverfügbarkeit aus. Wenn aufgrund von niedrigen Pegeln der Schiffsverkehr eingestellt wird, haben wir zum Beispiel Probleme, nach vielen Einsätzen Betriebsmittel für unsere technischen Geräte nachzubeschaffen.

Man muss aber auch sagen, dass das Arbeiten unter starker Hitze, starkem Regen oder an kalten Wintertagen nichts Neues für uns ist. Unsere Ausrüstung ist schon gewappnet, aber es gibt auch andere, zum Beispiel soziale Auswirkungen. Ein konkretes Beispiel ist, dass die Einsatzstunden massiv zunehmen. Wir sind extrem dankbar, dass die Arbeitgeber die Einsatzkräfte für das THW freistellen, was auch im THW-Gesetz geregelt ist. Aber natürlich ist das auch eine Belastung für viele Arbeitgeber.

Zum anderen haben wir durch mehr Einsätze einen viel höheren Materialverschleiß, der wesentlich mehr Kontrollen und Wartungen an unseren Gerätschaften erfordert. Auch das bindet wieder Ressourcen, weil eine Einsatznachbereitung ebenfalls durch Ehrenamtliche stattfindet, die wieder auf dem Arbeitsplatz fehlen oder ihre Wochenenden dem THW widmen, was meist auf Kosten der Familien daheim geschieht. Gleiches gilt auch für Ruhezeiten. Bei großen Einsätzen kommt man nachts nach Hause und muss natürlich erstmal die Ruhezeit einhalten.

Nutzen Sie beim THW bereits smarte persönliche Schutzausrüstung, deren Normung gerade in den Startlöchern steht?

In Zukunft ja, auf jeden Fall. Eine Projektgruppe im THW hat sich damit beschäftigt, wie ein zukünftiger multifunktionaler Einsatzanzug aussehen soll. Jetzt sind wir gerade in der Beschaffung, und natürlich wurde darauf geachtet, dass die Einsatzanzüge extremen Witterungsbedingungen standhalten. Wir haben im THW auch diverse Langzeittests und Tests in simulierten Einsatzumgebungen gemacht. Der Vorteil an dem neuen Einsatzanzug ist, dass es ein modulares System ist, in dem wir solche smarten Funktionen wie zum Beispiel Sensoren zur Messung von Vitaldaten oder Umgebungsbedingungen in Zukunft auch mit unterbringen können. Hier gilt es aber auch immer abzuwägen: Was brauche ich wirklich für die Arbeitssicherheit, unter welchen Szenarien sind gewisse Mittel sinnvoll und auf was können wir erstmal verzichten?

Welche Rollen spielen Normen bei der Beschaffung von Maschinen, Geräten oder PSA?

Was ich weiß ist, dass zum Beispiel bei der Beschaffung unseres multifunktionalen Einsatzanzugs die Temperaturbereiche, die getestet werden, oftmals über den Normanforderungen liegen. Viele Hersteller wissen, dass wir in besonderen Einsatzsituationen arbeiten, die nicht immer mit anderen Arbeitsstätten vergleichbar sind. Deshalb wird dort auch über die Normen hinaus getestet. Teilweise definieren wir unsere Anforderungen in den Ausschreibungen auch selbst, um bestimmte Eigenschaften hervorzuheben oder für explizite Situationen gerüstet zu sein. Entsprechend versucht dann der Markt zu agieren und diese Anforderungen zu erfüllen. Das geht dann zum Teil auch über Normanforderungen hinaus.

Die meisten Einsätze im THW sind relativ kurz. Wenn ich zwei, drei Stunden draußen arbeite, dann ist die Chance, dass Geräte überhitzen, nicht so hoch. Aber es gibt natürlich auch Einsätze wie etwa im Ahrtal oder bei der Waldbrandunterstützung im Harz, wo wir mehrere Tage gebunden sind und das zum Teil auch bei extremem Wetterlagen. Dort gucken wir, dass wir diverse Schutzmaßnahmen ergreifen, etwa den Aufbau von Bereitstellungsräumen mit mobilen Luftfiltern mit Kühlfunktion oder Heizungen.

Das ausführliche Interview können Sie in Folge 13 des KANPodcasts hören.