KANBrief 2/23

KAN-Gutachten schafft Überblick im Beleuchtungsregelwerk

Im Bereich der Beleuchtung von Arbeitsstätten steht das Regelwerk des Staates und der Unfallversicherungsträger neben Anforderungen in der Normung. Ein KAN-Gutachten zeigt, wo es Überschneidungen, Abweichungen und Zusammenhänge in den Dokumenten gibt.

Seit einigen Jahren beschäftigt sich die KAN mit der Norm DIN EN 12464-1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen“. Die Norm enthält unter anderem umfassende Anforderungen, die den betrieblichen Arbeitsschutz betreffen, z. B. Mindestwerte für die Beleuchtung von verschiedenen Arbeitsstätten. Derartige Anforderungen sollten gemäß dem Grundsatzpapier zur Rolle der Normung im betrieblichen Arbeitsschutz nicht genormt werden.

Wegen der vielen inhaltlichen Überschneidungen der DIN EN 12464-1 mit dem Regelwerk des Staates und der Unfallversicherungsträger stand die KAN bereits bei früheren Ausgaben dieser Norm im Austausch mit dem zuständigen DIN-Normenausschuss. Die KAN konnte durch ihre Stellungnahmen die Ergänzung eines Abschnitts zur Sicherheit und Gesundheit im nationalen Vorwort sowie im Anwendungsbereich einbringen.

Die Überschneidungen und Abweichungen sowie Verknüpfungen der Norm mit dem nationalen Regelwerk von Staat und Unfallversicherungsträgern stellen in der Praxis Personen, die z. B. Lichtplanungen durchführen, vor Herausforderungen: So wird die DIN EN 12464-1 in Verträgen zur Planung von Beleuchtungsanlagen häufig herangezogen. Gleichzeitig besteht mit der ASR A3.4 „Beleuchtung“ ein staatliches Dokument, das die Vermutungswirkung in Bezug auf die Beleuchtungsanforderungen der Arbeitsstättenverordnung auslöst und somit Vorrang vor Normen hat.

Ziel der KAN ist es, ein praxisgerechtes, kohärentes Regelwerk im Arbeitsschutz zu fördern. Daher war es notwendig, zu klären, in welchen Punkten die Dokumente des Arbeitsschutzes und der Normung in ihren Anforderungen übereinstimmen und wo sie voneinander abweichen. Dabei sollten auch die sich daraus ergebenden Auswirkungen für die Praxis betrachtet werden. Mit diesem Ziel hat die KAN 2022 das Gutachten „Vergleich der Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Regelwerk des Staates und der Unfallversicherungsträger mit den Anforderungen in der Normung“ ausgeschrieben und an die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vergeben.

Gutachten als Information für Gremien

In dem Gutachten werden die Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten aus dem Arbeitsschutzregelwerk und der Normung miteinander verglichen. Aufgrund der Vermutungswirkung in Bezug auf die Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Arbeitsstättenverordnung stehen dabei die Inhalte der ASR A3.4 „Beleuchtung“ im Mittelpunkt. Auf Seiten der Normung ist die DIN EN 12464-1:2021 das zentrale Dokument für die Planung der Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen. Bei dem Vergleich werden auch weitere Dokumente des Staates, der Unfallversicherungsträger und der Normung einbezogen, die in einem engen Zusammenhang mit diesen beiden Dokumenten stehen.

Die Anforderungen und Empfehlungen der betrachteten Dokumente werden für einen systematischen Vergleich gegenübergestellt und Abweichungen für den Arbeitsschutz nach einer vom Autor entwickelten Skala bewertet. Bei dem Vergleich der ASR mit den Normungsdokumenten hebt der Autor die verschiedenen Zielgruppen und die unterschiedliche Verbindlichkeit der Dokumente hervor: So richten sich die Arbeitsstättenregeln an Arbeitgeber; sie entfalten die Vermutungswirkung gegenüber den zu konkretisierenden Arbeitsschutzvorschriften. Die Normen richten sich hingegen an Personen, die Lichtplanungen durchführen; auf sie wird häufig in Verträgen zwischen Lichtplanern und Auftraggebern (typischerweise Arbeitgeber oder Gebäudeeigentümer) Bezug genommen.

Grundsätzliche Unterschiede gibt es auch bei den Regelungsbereichen. So werden etwa Arbeitsplätze im Freien und Sicherheitsbeleuchtung nur in der ASR A3.4 behandelt. Ein deutlicher Unterschied betrifft die Behandlung des Tageslichts, denn die DIN EN 12464-1 unterscheidet nicht zwischen Tageslicht und künstlicher Beleuchtung. Die Begriffsdefinitionen sind ebenfalls unterschiedlich und wirken sich jeweils auf das gesamte Dokument aus. Zudem unterscheiden sich die Dokumente in der Behandlung von Schatten, Flimmern und Blendung. Kleinere Abweichungen bestehen in den Anforderungstabellen für spezifische Arbeitsplätze bzw. Sehaufgaben, welche in der ASR A3.4 sowie in der DIN EN 12464-1 enthalten sind.

Nichtvisuelle Wirkungen von Licht werden von einer Empfehlung des Ausschusses für Arbeitsstätten (ASTA) aufgegriffen, in der die Beleuchtung in der Nacht im Vordergrund steht. Die ASR selbst behandelt das Thema bisher nicht. Auch die DGUV Information 215-220 „Nichtvisuelle Wirkungen von Licht auf den Menschen“ gibt hierzu Hinweise und grobe Empfehlungen. Die DIN EN 12464-1 geht im informativen Anhang auf die nichtvisuellen Wirkungen von Licht ein.

Empfehlungen der KAN

In zwei Sitzungen haben Fachleute aus den KAN-Kreisen die Inhalte des Gutachtens diskutiert und Empfehlungen abgeleitet. Die KAN empfiehlt, die Ergebnisse der Studie bekannt zu machen und dem BMAS, den betroffenen Gremien des Arbeitsschutzes und der Normung zur weiteren Verwendung zur Verfügung zu stellen.

Dr. Anna Dammann
dammann@kan.de