KANBrief 2/13

Normungspolitische Herausforderungen einer transatlantischen Freihandelszone

Der Export hochwertiger technischer Produkte hat für die deutsche Wirtschaft eine wichtige Bedeutung. Aus diesem Grunde engagiert sich das DIN seit vielen Jahren für die Erarbeitung internationaler Normen im Rahmen der ISO und der IEC. Die EU und die USA planen nun ein transatlantisches Freihandelsabkommen, in dessen Zuge noch bestehende Zölle und technische Handelshemmnisse so weit wie möglich abgebaut werden sollen – eine Aufgabe auch für die Normung.

Einheitliche internationale Normen dienen dem Abbau technischer Handelshemmnisse, erleichtern den Zugang zu den globalen Märkten und leisten damit einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft. Die internationale Normung stößt aber immer dann an ihre Grenzen, wenn unterschiedliche Rechtsvorschriften in den verschiedenen Ländern und Regionen eine Harmonisierung der technischen Anforderungen erschweren oder sogar unmöglich machen. Es gibt bereits erste Ansätze zur Harmonisierung von technischen Rechtsvorschriften im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO oder der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE). Allerdings sind die Erfolge dieser Bestrebungen bisher sehr begrenzt.

In Europa wurde bereits 1985 erkannt, dass das Zusammenwirken zwischen staatlicher Regelsetzung und freiwilliger technischer Normung eine wesentliche Voraussetzung für den freien Warenverkehr ist. Diese Erkenntnis wurde mit dem „New Approach“ umgesetzt, der sich hervorragend bewährt hat. Für die Handelsbeziehungen zu außereuropäischen Partnern sind jedoch zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um den Warenaustausch zu fördern. Priorität hat dabei die internationale Zusammenarbeit der Normungsorganisationen, sofern das unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen zu tragfähigen Lösungen führt. Das DIN unterhält deshalb intensive Kontakte zu den Normungsorganisationen wichtiger Handelspartner, um technische Handelshemmnisse zu identifizieren und um gemeinsame technische Lösungen zu finden.

Traditionell sind die USA ein wichtiger Handelspartner für Europa. Allerdings sind die Normungssysteme sehr unterschiedlich. Während in Europa zentrale Normungsorganisationen die Arbeit koordinieren, ist das US-amerikanische Normungssystem durch eine Vielzahl von Normungsorganisationen geprägt, die weitgehend unabhängig voneinander arbeiten. Das erschwert eine Harmonisierung und verursacht zusätzliche Kosten für den Marktzugang. So werden nach einer Untersuchung des Ifo-Instituts europäische Exporteure des Maschinensektors mit zusätzlichen Kosten von durchschnittlich 46 % belastet (Dimensionen und Auswirkungen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA (pdf), Ifo-Institut München, Februar 2013). Für die USA stellte sich bisher kein vergleichbares Problem, weil die produzierende Wirtschaft sich primär auf den Binnenmarkt konzentrierte und der Export im Vergleich zu Europa nur eine untergeordnete Rolle spielte (Exportquote 2011 Deutschland 50 %, USA 14 %).
 

Allerdings unterliegen die globalen Handelsströme einem ständigen Wandel. Da der asiatisch- pazifische Raum zunehmend an Bedeutung gewinnt, wird die Vormachtstellung der USA im Welthandel geschwächt. Somit wächst dort das Interesse an zuverlässigen Partnerschaften und an einer engeren Zusammenarbeit mit Europa.

In einer Presseerklärung stellten US-Präsident Obama, EU-Kommissionspräsident Barroso und der Präsident des Europäischen Rats Van Rompuy am 13. Februar 2013 eine neue Transatlantische Partnerschaft für Handel und Investitionen vor. Schon bisher macht das Handelsvolumen zwischen der EU und den USA etwa die Hälfte des gesamten Welthandels aus. Nun sollen konkrete Schritte eingeleitet werden, um möglichst innerhalb von zwei Jahren ein umfassendes Freihandelsabkommen zu erarbeiten. Es wird erwartet, dass dadurch ein beachtliches Wirtschaftswachstum auf beiden Seiten des Atlantiks erreicht wird und zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

Auf Normungsebene wurden bei einem amerikanisch-europäischen Treffen in Dublin bereits die ersten Weichen für eine engere Zusammenarbeit gestellt. Beabsichtigt ist eine Vereinbarung der beteiligten Normungsorganisationen zur Unterstützung der handelspolitischen Initiativen. Probleme des Marktzugangs, die sich durch unterschiedliche Normen ergeben, sollen in Konsultationen diskutiert und gelöst werden. Eine erste konkrete Maßnahme ist ein Aktionsplan, um in bilateraler Zusammenarbeit zwischen dem Amerikanischen Verband der Maschinenbauingenieure (ASME: American Society of Mechanical Engineers) und CEN die bestehenden Unterschiede bei Normen zu Aufzügen abzubauen.

 

Ernst-Peter Ziethen
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