KANBrief 2/12

Ergonomie im Leitfaden zur Maschinenrichtlinie

Die ergonomische Gestaltung von Maschinen darf von Ingenieuren nicht als Extra empfunden werden, sondern muss ein selbstverständlicher Bestandteil der Konstruktion sein. Der Leitfaden KANBrief 3/2008 der Europäischen Kommission zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG wurde unlängst um einen Sonderteil ergänzt, der die ergonomischen Anforderungen ausführlicher erläutert.

 Ziel des Leitfadens ist es, die Anforderungen der Maschinenrichtlinie so allgemeinverständlich zu erläutern, dass für deren Umsetzung keine weiteren Quellen benötigt werden. Er richtet sich in erster Linie an Konstrukteure, Präventionsfachleute und Marktüberwacher. Da die neu gefasste Maschinenrichtlinie die Bedeutung der Ergonomie stärker hervorhebt, finden sich nun auch im Leitfaden ausführlichere Erläuterungen zur Umsetzung der Anforderungen aus Abschnitt 1.1.6 „Ergonomie“ der Richtlinie.

Im Rahmen eines 2008 von der KAN organisierten Workshops (www.ergomach.eu, KANBrief 1/2011) haben Repräsentanten der Europäischen Kommission, des CEN, der Sozialpartner sowie Wissenschaftler und Normungsexperten die Thematik erörtert und eine Arbeitsgruppe gebildet. Aus dieser hat sich später die Initiative ErgoMach entwickelt, die die Kommission bei der Formulierung des ergonomischen Teils des Leitfadens unterstützte.

Ergonomische Zusammenhänge verdeutlicht

Der neue Leitfaden untergliedert die in Abschnitt 1.1.6 der Richtlinie angesprochenen Aspekte der Ergonomie in zwei Gruppen: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind fünf Faktoren aufgezählt, die bei der Konstruktion von Maschinen berücksichtigt werden müssen. Die Auflistung soll die Aufmerksamkeit der Hersteller auf wichtige ergonomische Grundsätze lenken:

• Unterschiede der Bediener
• Bewegungsfreiraum
• Arbeitsrhythmus
• Aufmerksamkeit
• Schnittstelle Mensch/Maschine

Aus diesen Faktoren können beim Bediener körperliche und psychische Belastungen und in der Folge Unbehagen und Ermüdung entstehen. Diese können wiederum beispielsweise Muskel-Skelett-Erkrankungen verursachen oder die Unfallwahrscheinlichkeit erhöhen. Maschinenhersteller müssen diese negativen Auswirkungen so weit wie möglich verringern, indem sie ergonomische Faktoren angemessen berücksichtigen.

Der Leitfaden weist darüber hinaus darauf hin, dass auch 30 weitere grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Richtlinie wichtige Grundsätze der Ergonomie berühren. In Hauptabschnitt 1 für alle Maschinentypen betrifft dies vor allem Aspekte wie Beleuchtung (1.1.4), Bedienungsplätze (1.1.7, 1.1.8), Stellteile (1.2.2), Ausrutsch-, Stolper- und Sturzrisiko (1.5.15) oder den Zugang zu Bedienungsplätzen (1.6.2). Aber auch die zusätzlichen Anforderungen im Hinblick auf die Beweglichkeit von Maschinen, wie etwa an Fahrerplätze (3.2.1) oder Sitze (3.2.2), sowie für Hebearbeiten (Hauptabschnitt 4) und für das Heben von Personen (Hauptabschnitt 6) sind aus ergonomischer Sicht relevant.

Link auf weitergehende Erläuterungen

Die Kommission hat die Empfehlung von ErgoMach aufgegriffen, die unmittelbar im Leitfaden integrierten Hinweise zu den neun oben erwähnten zentralen Faktoren und Auswirkungen noch näher zu erläutern. Ein von der Internetseite der Kommission herunterladbares Dokument, das in der künftigen 3. Ausgabe des Leitfadens direkt verlinkt sein wird, stellt den Zusammenhang zwischen den ergonomischen Kernanforderungen mit den einschlägigen Normen her. Zudem werden die Anforderungen in jeweils 2- bis 3-seitigen Informationsblättern gezielt für Nichtergonomen erläutert und durch bebilderte Beispiele ergänzt.

Die europäischen Präventions- und Arbeitsschutzexperten von ErgoMach hoffen, mit der eingängigen Darstellung mithelfen zu können, ein breites Bewusstsein für ergonomische Zusammenhänge bei Maschinen zu schaffen und nicht zuletzt auch dafür, dass eine ergonomisch gute Gestaltung von Arbeitsmitteln für alle Beteiligten einen Gewinn bringt.

Corrado Mattiuzzo 
mattiuzzo@kan.de