KANBrief 2/16

Eine Bildungs- und Arbeitswelt für alle

In Gesellschaft und Politik hat sich in Bezug auf die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein Paradigmenwechsel vollzogen: Weg von einer wohlmeinenden Bevormundung, hin zum Recht auf Selbstbestimmung. Voraussetzung für die selbstbestimmte Teilhabe ist eine barrierefrei gestaltete Umwelt. Das DGUV-Sachgebiet „Barrierefreie Arbeitsgestaltung“ will mit Informationen und Praxishilfen für Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen hierzu einen Beitrag leisten.

„Eine Bildungs- und Arbeitswelt für alle“ – mit diesem Leitgedanken trägt das Sachgebiet „Barrierefreie Arbeitsgestaltung“ der Inklusion und damit dem zentralen Gedanken der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung. Ziel des Sachgebietes ist es, zur barrierefreien Gestaltung der Bildungs- und Arbeitswelt beizutragen – auch durch Umsetzung verschiedener Maßnahmen des DGUV-Aktionsplans. Dies betrifft nicht nur den baulichen Bereich, sondern auch Arbeitsmittel, Kommunikationsanlagen, Software oder Flucht- und Rettungskonzepte.

Praxishilfen

Aktuell steht die Erarbeitung verschiedener Praxishilfen im Mittelpunkt, die Betrieben helfen sollen, ihren eigenen Stand zur Barrierefreiheit zu beurteilen und geeignete Lösungen vorschlagen. Zentraler Baustein ist der Leitfaden „Barrierefreie Arbeitsgestaltung“:

  • Teil 1 „Grundlagen“ (2015) enthält gesetzliche und normative Grundlagen, beschreibt die Grundsätze einer barrierefreien Gestaltung und führt Fördermaßnahmen und Beratungsstellen auf.
  • Teil 2 „Grundsätzliche Anforderungen“ (Veröffentlichung Mitte 2016) enthält die wichtigsten baulichen Anforderungen etwa an Verkehrswege, Türen, Fenster, Aufzüge oder Bedienelemente.
  • Teil 3 „Branchenübergreifende Anforderungen“ (geplant für 2017) wird unter anderem die Gestaltung von Büro- und Sozialräumen sowie Fragen zur Flucht und Rettung behandeln.
  • Teil 4 „Branchenbezogene Anforderungen“ wird die barrierefreie Gestaltung branchenspezifischer Arbeitsplätze darstellen.

Mit der Broschüre „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsplätzen – Checkliste für die Praxis in Unternehmen“ (pdf) können insbesondere kleine und mittlere Unternehmen die eigene Barrierefreiheit ganz einfach einschätzen. Die enthaltenen Fragen und Informationen sind auf die wesentlichen Kernanforderungen begrenzt. Die Fragen und die nur beispielhaft aufgeführten Maßvorgaben sollen die Nutzer anregen, sich mit den im eigenen Unternehmen relevanten Bedürfnissen zu befassen.

Bis Mitte 2016 wird das neu strukturierte Internetportal des Sachgebietes verfügbar sein. Hier werden die vielfältigen Informationen, Aktivitäten und Praxishilfen der DGUV und der Unfallversicherungsträger gebündelt und allgemein zugänglich gemacht. Darüber hinaus bieten einzelne UV-Träger (z. B. Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)) und das Institut für Arbeit und Gesundheit (IAG) für Planer, Schwerbehindertenvertretungen und weitere Zielgruppen Seminare zur barrierefreien Gestaltung an.

Barrierefreiheit in Normen verankern

Die aktive Mitarbeit in der Normung ist ein elementarer Bestandteil der Sachgebietsarbeit, da nur so frühestmöglich auf die barrierefreie Gestaltung etwa von Arbeitsmitteln oder Software Einfluss genommen werden kann.

International konzentrierte sich die Mitarbeit auf Basisdokumente wie den ISO/IEC Guide 71:2014, „Leitfaden zur Berücksichtigung von Barrierefreiheit in Normen“, der in Europa als CEN-CENELEC Guide 6:2014 übernommen wurde. Er richtet sich an Normungsgremien und beschreibt, wie die Belange von älteren und behinderten Menschen in Normen für Produkte, Gebäude und Dienstleistungen berücksichtigt werden sollen.

Zur besseren Verständlichkeit der allgemeinen Festlegungen des ISO/IEC Guide 71 dient der Technische Bericht ISO/TR 22411:2008 („Ergonomische Daten und Leitlinien für die Anwendung des ISO/IEC Guide 71“ [derzeit in Überarbeitung]), der konkrete ergonomische Daten und Kenntnisse über menschliche Fähigkeiten für die barrierefreie Gestaltung enthält.

National ist aktuell die Überarbeitung des DIN Fachberichtes 124 „Gestaltung barrierefreier Produkte“ ein wichtiges Projekt. Die Mitglieder des Sachgebiets wirken bei der Aktualisierung der vorhandenen Daten zu menschlichen Anforderungen mit. Darüber hinaus sollen aus dem ISO/IEC Guide 71 und dem ISO/TR 22411 entfallene, aus nationaler Sicht jedoch wichtige Inhalte gesichert werden, um diese und neue Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt in die internationale Normung einzubringen.

Hans-Jürgen Penz                          Daniel Gruyters

hans-juergen.penz@vbg.de       daniel.gruyters@vbg.de