KANBrief 4/12

„Viel hilft viel“ – bei Notduschen nur eingeschränkt richtig

Die BG RCI (Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie) hat in einem Forschungsprojekt testen lassen, welche Auswirkungen verschiedene Volumenströme bei Körpernotduschen auf die Abspüleffizienz von Chemikalien haben. Die Ergebnisse wurden im Juni 2012 auf der ACHEMA (Internationaler  Ausstellungskongress für Chemische  Technik, Umweltschutz und  Biotechnologie) vorgestellt. Es zeigte sich, dass das Motto „Viel hilft viel“ in Bezug auf den erforderlichen Volumenstrom fehl am Platze ist – eine wichtige Erkenntnis für den geplanten weiteren Teil der europäischen Normenreihe „Sicherheitsnotduschen“.

Notduschen sollen bei Bränden oder Kontaminationen mit Chemikalien eine sofortige Überflutung des Körpers (bei Körperduschen) oder des Auges (bei Augenduschen) ermöglichen. Anforderungen an Sicherheitsnotduschen legt die europäische Normenreihe DIN EN 15154 fest, die inzwischen aus vier Teilen besteht:

• Körperduschen mit Wasseranschluss für Laboratorien (Teil 1),

• Augenduschen mit Wasseranschluss (Teil 2),

• Körperduschen ohne Wasseranschluss (Teil 3) sowie

• Augenduschen ohne Wasseranschluss (Teil 4).

Thematisch überschneidende nationale DINNormen wurden zurückgezogen, wobei Inhalte dieser DIN-Normen in die europäischen Normen eingeflossen sind. National übrig geblieben ist noch Teil 3 der DIN 12899 „Körperduschen für Betriebe und Umschlaganlagen“. Die Norm erfasst mit Umschlaganlagen auch Arbeitsbereiche, in denen große Mengen von Chemikalien zu Kontaminationen führen können, wie z.B. Raffinerien oder Hafenanlagen. Auf Initiative von Frankreich wird die Überführung dieser DIN 12899-3 in eine europäische Norm diskutiert.

Volumenstrom: Wie viel Wasser muss fließen?

Schon bei der Erarbeitung von Teil 1 der europäischen Normenreihe zu Notduschen für Laboratorien war der notwendige Volumenstrom des Wassers ein Diskussionsthema, das die Arbeitsschutzexperten bewegte. Der Arbeitsschutz konnte hier mit Unterstützung der KAN erreichen, dass entgegen den Vorstellungen einzelner anderer Länder der Volumenstrom nicht generell über 30 l/min hinaus in der Norm angehoben wurde. Die Erfahrungen hatten gezeigt, dass in Laboratorien mehr Wasser nicht gleich mehr Sicherheit, wohl aber hohe Kosten bedeuten würde, weil aufwändige Installations- oder Umbaumaßnahmen erforderlich wären (KANBrief 2/2005)

Untersuchungen der BG RCI zum Abspülverhalten

Die BG RCI hielt es in Vorbereitung der Überführung der DIN 12899-3 in eine europäische Norm für sinnvoll, eine Untersuchung zum Abspülverhalten von Duschen für potentiell sehr großflächige Kontaminationen in Auftrag zu geben. Das Forschungsinstitut Fraunhofer für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen hat als Projektnehmer die Ergebnisse der Öffentlichkeit zum ersten Mal auf der ACHEMA im Juni 2012 in Frankfurt vorgestellt.

Ziel der Studie war es, den Einfluss des Wasservolumenstroms auf den Dekontaminationserfolg an Versuchspuppen anhand verschiedener Substanzen sowie verschiedenartiger Duschköpfe systematisch zu untersuchen. Die Testströme lagen zwischen 20 und 110 l/min. Die gewählte Messmethode (Leitfähigkeitssensoren) ermöglichte es, die Abspülleistung für wasserlösliche Kontaminationen reproduzierbar zu erfassen.

Wenngleich die Sprühbilder der einzelnen Duschköpfe sich zum Teil deutlich unterschieden, konnte für die Gesamtheit der Duschköpfe kein systematischer Zusammenhang zwischen dem Volumenstrom des Wassers und der charakteristischen Abspülzeit ermittelt werden. Das legt nahe, dass bei solchen Körperduschen, die das Wasser über dem Kopf versprühen, ein höherer Wasservolumenstrom (> 30 l/min) nicht unbedingt die Abspülwirkung verbessert.

Außerdem wurden einige weitere Parameter entdeckt, die Einfluss auf die Dekontaminationszeit haben, z.B. die Art des Duschkopfs, die Bewegungen der kontaminierten Person während des Absprühens oder die Möglichkeit, den Duschkopf in die Hand zu nehmen. Bei den Duschköpfen, die in den Versuchen zu der kürzesten Abspülzeit führten und insofern aus Arbeitsschutzsicht empfehlenswert wären, entspricht das Sprühbild allerdings nicht den Anforderungen des Teils 1 der europäischen Normenreihe EN 15154 an die Wasserverteilung von Notduschen.

Die in der Studie gewonnen Erkenntnisse sollten bei der Überführung der DIN 12899-3 in eine europäische Norm berücksichtigt werden. Um dies sicherzustellen, arbeitet die BG RCI in den Normungsgremien sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene mit (Ansprechpartner: Dr. Brock, BG RCI  (BGRCI > Notdusche) .

Dr. Anja Vomberg
vomberg@kan.de