Jahresbericht 2021

1 Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN)

Die „Kommission Arbeitsschutz und Normung“ ist ein Projekt des Vereins zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e.V. (VFA) und wird finanziell durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert. Mitglieder des VFA sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.

1.1 Die KAN: Auftrag und Struktur

Die KAN setzt sich zusammen aus Vertretern der Arbeitgeber, Arbeitnehmer, des Bundes und der Länder, der gesetzlichen Unfallversicherung sowie DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.). Sie nutzen die KAN als gemeinsames Sprachrohr und profitieren vom Gewicht der gebündelten Position. Ausführliche Informationen zu Aufgaben, Struktur und Arbeitsgebiete der KAN enthält die Webseite der KAN.

Im Jahre 2021 fanden Vorstandssitzungen am 24. März und am 20. September sowie KAN-Sitzungen am 5./6. Mai und am 9./10. November statt – pandemiebedingt alle virtuell.

Organisation der KAN

Die 17 Mitglieder der KAN setzen sich wie folgt zusammen:
(Vorsitz Frühjahr 2020-2022: Kai Schweppe, Arbeitgeber)

1.2 Die Geschäftsstelle

Die Arbeit der KAN wird von ihrer Geschäftsstelle unterstützt. Sie ist für das operative Geschäft zuständig und in vier Fachbereiche aufgeteilt:

  • "Facharbeit" (zusammengeführt aus „Sicherheitstechnik“ und „Gesundheitsschutz und Ergonomie“),
  • „Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“,
  • „Europavertretung Brüssel“ und
  • "Verwaltung, Finanzen und Gremien".

Um eine unmittelbare Beteiligung der Sozialpartner auch im Sinne der europäischen Gesetzgebung sicherzustellen, sind in der Geschäftsstelle zwei Sozialpartnerbüros integriert. Diese strukturelle und faktische Einbindung ermöglicht schon frühzeitig eine sozialpolitisch abgestimmte Vorgehensweise. Zum 1. Januar 2022 fand ein Wechsel in der Leitung der KAN-Geschäftsstelle und der damit verbundenen Geschäftsführung der KAN statt.

Die wesentlichen Aufgaben der KAN sowie ihrer Geschäftsstelle sind unter anderem:

  • Bewertung von Normen nach den in den EU-Richtlinien vorgegebenen Schutzzielen und den deutschen Arbeitsschutzanforderungen,
  • Stellungnahmen zu Normungsvorhaben, Norm-Entwürfen und Normen,
  • Konzeption und Begleitung von Studien zur Analyse von Normungsfeldern,
  • Umsetzung der Ergebnisse der Studien,
  • Erhaltung des nationalen Gestaltungsfreiraums bei der Regelung des betrieblichen Arbeitsschutzes,
  • Meinungsbildung und -bündelung zu Fragen der arbeitsschutzbezogenen Normung,
  • Sicherstellung des Einflusses der Sozialpartner in der Normung,
  • Ausbau der KAN zur vernetzenden Plattform mit Fokus auf Wissensaustausch,
  • Erweiterung der Aktivitäten in der externen Kommunikation, um die Alleinstellungsmerkmale der KAN in der öffentlichen Wahrnehmung zu festigen,
  • verstärktes Engagement auf europäischer Ebene,
  • Verbreitung der Arbeitsergebnisse der KAN in geeigneter Form,
  • Vorbereitung und Durchführung von Fachveranstaltungen,
  • Beteiligung an Messen, Kongressen und sonstigen Fachveranstaltungen,
  • Einholen und Bereitstellen von Informationen zur Normungsarbeit für die Arbeitsschutzexperten.

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2 Europäische und internationale Handlungsfelder

2.1 Tätigkeitsbericht Europavertretung

Die Arbeit der Europavertretung im Jahr 2021 stand vor allem unter der Überschrift des Aufbaus der Bürostrukturen sowie der Integration der Europavertretung in die Abläufe und Aktivitäten der KAN-Geschäftsstelle.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit war die Identifizierung relevanter Themen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 sowie der Aufbau eines entsprechenden „Frühwarnsystems“ für die relevanten legislativen und nichtlegislativen Aktivitäten der EU-Institutionen. Die gewonnenen Informationen konnten der KAN-Geschäftsstelle als Arbeitsgrundlage bzw. Hintergrundinformationen sowie interessierten Kreisen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt werden.

Von besonderem Interesse für die Kommission Arbeitsschutz und Normung war dabei die Ankündigung einer europäischen Normungsstrategie. Die Europäische Kommission hatte Interessenvertretern anlässlich dieser Ankündigung die Möglichkeit der Stellungnahme zu ihrem Vorhaben eröffnet, was die Europavertretung dazu veranlasste, ein Feedback der KAN-Kreise zu initiieren. Die KAN-Geschäftsstelle erarbeitete auf Grundlage der eingeholten Arbeitsschutz-Positionen eine Rückmeldung an die EU-Kommission, in dem die folgenden drei Themen im Vordergrund standen: Die Zukunft des europäischen Normungssystems, die Dienstleistungsnormung sowie die Internationalisierung der EU-Normung. Mit einer Veröffentlichung der Normungsstrategie wird im Februar 2022 gerechnet.

Weitere wichtige Themen des Jahres 2021 waren die Überarbeitung der Maschinenrichtlinie, der Bauproduktenverordnung sowie die weltweit erste Rechtssetzung zur künstlichen Intelligenz. Anlässlich des Vorschlags der EU-Kommission über eine Maschinenprodukteverordnung initiierte die Europavertretung unter inhaltlicher Federführung des Fachbereichs die Erstellung eines Feedbacks an die EU-Kommission sowie ein Briefing für relevante Abgeordnete des Europäischen Parlaments mit Verbesserungsvorschlägen durch die Fachabteilung. Dank des Engagements und der Konsensorientierung der involvierten Kreise konnten letztlich einige Verbesserungsvorschläge in den Gesetzgebungsprozess eingebracht werden. Gleiches wird für die Verordnung über die künstliche Intelligenz angestrebt, falls eine Konsensfindung möglich ist.

Der Aufbau eines Netzwerkes der Europavertretung mit relevanten Entscheidungsträgern sowie Stakeholdern war stark geprägt durch die Pandemie. Dennoch konnte die Europavertretung relevante Multiplikatoren identifizieren und mehrere Gesprächstermine des Vorstandsvorsitzenden der KAN mit Abgeordneten des Europaparlaments, zuständig für die Themen Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Binnenmarkt, Produktsicherheit und Normung sitzen, organisieren. In den Gesprächen konnte das Projekt Kommission Arbeitsschutz und Normung vorgestellt werden.

Strategisches Beratungsgremium Arbeitsschutz bei CEN (SABOHS)
CEN/SABOHS hat die Aufgabe, das technische Lenkungsgremium von CEN (European Committee for Standardization) in Arbeitsschutzfragen zu beraten, den Informationsaustausch zu fördern und den betroffenen Technischen Komitees Hilfestellung bei der Erarbeitung von Normen mit Arbeitsschutzbezug zu bieten. Die KAN ist Mitglied bei SABOHS. In den vergangenen Jahren hat der KAN-Geschäftsführer den Vorsitz gestellt.

Das Gremium stößt auf reges Interesse, was sich an der steigenden Zahl von Teilnehmenden aus einer immer größer werdenden Anzahl von vertretenen Ländern und weiteren europäischen Institutionen zeigt. Schwerpunkte waren und sind die Umsetzung der CEN/SABOHS-Strategie und der Aufbau eines Frühinformationssystems für arbeitsschutzrelevante Normprojekte, welches auf dem KAN/DIN-Informationsverfahren gemäß BMAS-Grundsatzpapier basieren soll.

Durch die Coronapandemie bedingt fand im Jahr 2021 keine Sitzung statt. Zudem hat der Vorsitzende von SABOHS ruhestandsbedingt den Vorsitz niedergelegt. DIN hat als Nachfolge gegenüber CEN die neue KAN-Geschäftsführerin vorgeschlagen. Auch das SABOHS-Sekretariat wird neu vergeben, so dass die Aufgaben im Jahr 2022 unter neuem Vorsitz und neuem Sekretariat weitergeführt werden. DIN wird sich auf das Sekretariat bewerben.

2.2 EUROSHNET

Gemeinsam mit den Arbeitsschutzinstitutionen CIOP-PIB (Polen), DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V., Deutschland), EUROGIP (Frankreich), INRS (Frankreich) und INSST (Spanien) betreibt die KAN seit 2004 das Netzwerk EUROSHNET (European Occupational Safety and Health Network). Ziel ist es, Fachleute von Arbeitsschutzinstitutionen europaweit zu vernetzen und den Austausch zu Fragen von Normung, Prüfung und Zertifizierung zu fördern. Die engen persönlichen Kontakte erweisen sich immer wieder als hilfreich, um zu europäischen oder internationalen Normprojekten oder normungspolitischen Fragen aus anderen Ländern ein Stimmungsbild aus Arbeitsschutzsicht zu erhalten und sich wenn möglich auf eine gemeinsame Position zu verständigen.

2021 trat das finnische Arbeitsschutzinstitut FIOH mit dem Wunsch an EUROSHNET heran, sich wieder stärker im Netzwerk zu beteiligen. Das Gründungsmitglied hatte sich vor einigen Jahren aus EUROSHNET zurückgezogen. Für die künftige Zusammenarbeit hat FIOH bereits eine Vertreterin für den Lenkungsausschuss und die Arbeitsgruppe benannt. Um die Vernetzung auch über den Kreis der EUROSHNET-Träger hinaus zu fördern, organisiert das Netzwerk regelmäßig europäische Konferenzen. Während die ersten sechs Veranstaltungen über drei Tage ein breites Themenspektrum aus Normung, Prüfung und Zertifizierung im Arbeitsschutz abdeckten, setzt EUROSHNET künftig auf kürzere, aber dafür häufigere Konferenzen zu einem enger begrenzten Thema.

Aufgrund der Covid-19-Pandemie beschloss der EUROSHNET-Lenkungsausschuss, die ursprünglich für Oktober 2021 in Paris geplante 7. EUROSHNET-Konferenz auf den 20. Oktober 2022 zu verschieben. Unter dem Titel "Artificial intelligence meets safety and health at work" werden Vortragende aus Arbeitsschutz, Normung, Prüfung, Zertifizierung und Regelsetzung aktuelle Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz vorstellen und sich mit den Teilnehmenden über die Chancen und Risiken aus Sicht des Arbeitsschutzes austauschen. Die Konferenzwebsite EUROSHNET Conference 2022 wurde vorbereitet und wird Anfang 2022 freigeschaltet. Erste Ankündigungen der Konferenz wurden bereits über die Social-Media Kanäle Twitter und LinkedIn verbreitet.

3 Normungspolitik

3.1 TBINK-Arbeitskreis zur Beratung von Anträgen auf Verzicht der deutschen Sprachfassung bei Normen

Zwischen DIN und DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE-Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) Geschäftsführung wurde im Jahr 2011 folgende Vorgehensweise zum Verzicht auf die deutsche Sprachfassung von Normen festgelegt:

Zu Beginn des Jahres 2012 wurde ein TBINK (Technischer Beirat Internationale und Nationale Koordinierung der DKE) Arbeitskreis zur Beratung der Anträge auf Verzicht der deutschen Sprachfassung eingerichtet. In dem Gremium ist neben dem BMAS und dem BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) auch die KAN-Geschäftsstelle vertreten. Die Zustimmung der Vertreter der öffentlichen Hand ist grundsätzlich zwingend erforderlich. In Bereichen, in denen Normen im Bezug zu Rechtvorschriften stehen, kann nicht auf die deutsche Sprachfassung verzichtet werden.

Nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen (u.a. kein Bezug zu europäischem oder nationalem Recht, klar begrenzter Anwenderkreis mit gesichertem englischem Fachwortschatz, Gefahr von Übersetzungsfehlern von Protokollen der Informationsund Kommunikationstechnik) stimmt die KAN zu. Ihre Aufgabe in dem Arbeitskreis der DKE ist, in jedem Einzelfall diese engen Kriterien zu überprüfen und erforderlichenfalls gegenüber der Normung einzufordern.

Im Jahr 2021 hat die KAN in Abstimmung mit dem BMAS bei 33 Normungsprojekten einem Verzicht auf Erstellung der deutschen Sprachfassung zugestimmt. Bei einem Normungsprojekt wurde der Antrag abgelehnt.

3.2 DIN-Sonderausschuss für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Der 2018 konstituierte Sonderausschuss „Beratungsgremium für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ spiegelt die Arbeiten des strategischen Beratungsgremiums für Arbeitsschutz bei CEN (CEN/SABOHS). Dazu gehören folgende Aufgaben: 

  • Informationen zu Rechtsgrundlagen und politischen Entwicklungen bereitstellen und deren Auswirkungen auf die Normung beleuchten,
  • das europäische und internationale Normungsgeschehen verfolgen,
  • Positionen zu Normentwürfen aus Sicht des Arbeitsschutzes abgeben,
  • Auswirkungen neuer Entwicklungen auf den Arbeitsschutz bewerten.

2021 hat eine online durchgeführte Sitzung des Sonderausschusses stattgefunden. Gespiegelt wurden darin aktuelle Diskussionen in einigen für den Arbeitsschutz besonders wichtigen Gremien, wie etwa dem Strategic Advisory Board for OH&S von CEN oder dem ISO/TC 283 „Arbeitsschutz-Managementsysteme“, sowie der aktuelle Stand bei der Überarbeitung der Maschinen-Richtlinie. Ein Vertreter der KAN-Geschäftsstelle wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

3.3 Unterstützung des Normungskoordinators des BMAS

In Folge des normungspolitischen Konzeptes der Bundesregierung hat das federführende BMWK die betroffenen Ministerien aufgefordert, Normungskoordinatoren zu benennen. Die KAN -Geschäftsstelle unterstützte den Normungskoordinator des BMAS bei der Auswertung von Dokumenten z.B. bei der Kommentierung eines Vorschlags zur Evaluation des New Legislative Framework (NLF), welcher seitens der Fit for Future-Plattform der EU-Kommission vorgelegt wurde.

3.4 Normungspolitik: Überarbeitung der DIN 820-1

Die Normenreihe DIN 820 "Normungsarbeit" enthält alle wesentlichen Spielregeln der Normungsarbeit in Deutschland. Es handelt sich gewissermaßen um eine Norm für die Normung. Eine dementsprechende Bedeutung hat diese Normenreihe daher nicht nur für den Arbeitsschutz, sondern für die Normung insgesamt. Der zuständige Normenausschuss ist der NAGLN (DIN-Normenausschuss Grundlagen der Normungsarbeit).

2020 begann die turnusgemäße Überarbeitung der DIN 820-1 "Normungsarbeit - Teil 1: Grundsätze", welche dann im Berichtsjahr intensiviert wurde. Ausgehend von einer tiefgehenden Diskussion über die Wirkungen und Konsequenzen, auch der zivil- und strafrechtlichen Folgen, wurde entschieden, dass das Kapitel 7, Erarbeiten von Normen, einer Umgestaltung bedarf. Besonders der darin enthaltene Abschnitt über die Grenzen der Normung ist völlig neu. Diese Entwicklung wurde von Seiten der KAN begrüßt, da der Bedarf zur Klärung der Grenzen der Normung bereits vor längerer Zeit festgestellt wurde. Die KAN-Geschäftsstelle hat sich deswegen im Hinblick auf die Arbeitsschutzrelevanz umfänglich an der Überarbeitung beteiligt und inhaltliche Vorschläge im Normungsgremium eingereicht.

Das Resultat ist eine deutliche Umstrukturierung des Kapitel 7 im Normentwurf, bei dem die Grenzen der Normung als zweiter Abschnitt direkt am Anfang des Kapitels stehen. Dabei werden nun explizit die für den Arbeitsschutz so wichtige Verzahnung zur Gesetzgebung, der Gestaltungsbereich der Sozialpartner, sowie ethischen und religiösen Werte, als Bereiche gekennzeichnet, in denen keine Normung stattfinden sollte. Der Normentwurf wird Anfang 2022 in die öffentliche Umfrage gehen.

3.5 Vorbereitungen zur KAN-Arbeitsgruppe Normung und technische Regelsetzung

Das BMAS hat in einer internen Projektgruppe ein Dokument für staatliche Ausschüsse erarbeitet, welches diesen die Anwendungsmöglichkeiten des Grundsatzpapiers zur Rolle der Normung im betrieblichen Arbeitsschutz, insbesondere des Teils 2, aufzeigen soll. Dieses Dokument wurde der KAN im Rahmen der KAN-Sitzung 01/21 vorgestellt. Da hierzu weiterer Diskussionsbedarf bestand, wurde die KAN-Geschäftsstelle per Beschluss mit der Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema „Normung und technische Regelsetzung“ beauftragt. Daraufhin wurden die Kreise der KAN von der Geschäftsstelle um Benennung der Arbeitsgruppenmitglieder gebeten und die erste Sitzung vorbereitet.

Die Arbeitsgruppe, der 15 Arbeitsgruppenmitglieder, sowie 4 Stellvertreter angehören, nimmt ihre Arbeit mit der ersten Sitzung am 20. Januar 2022 auf. Dabei werden zunächst die Vorsitzenden bestimmt und der Arbeitsgegenstand der Arbeitsgruppe festgelegt. Im Laufe des Jahres 2022 werden voraussichtlich weitere Sitzungen folgen.

3.6 Vereinbarungen der KAN zu DIN SPEC und VDE SPEC

Die 2020 verabschiedete Vereinbarung zwischen DIN und KAN zu DIN SPEC PAS, in denen DIN der KAN bei der Erstellung von DIN SPEC verschiedene Einflussmöglichkeiten einräumt, wurde 2021 weiter erprobt. Die Anträge für DIN SPEC PAS werden der KAN dafür sehr frühzeitig zur Stellungnahme vorgelegt.

Die weitaus größten Anteile entfielen auf Themen, die keine Arbeitsschutzrelevanz haben. Bei Themen, die mittelbar den Arbeitsschutz betreffen, konnten Experten aus den Kreisen der KAN bzw. Referenten oder Referentinnen der KANGeschäftsstelle beratend auf das Konsortium einwirken, indem sie als Gäste oder zur Kenntnis geführt wurden. In den wenigen Fällen, in denen die KAN-Geschäftsstelle Arbeitsschutzbelange unmittelbar berührt sah, hat DIN den Antrag nicht angenommen bzw. wurde der Antrag von den Antragstellenden nicht weiterverfolgt. Teilnahmekosten sind der KAN und auch anderen Arbeitsschutzvertretern bisher nicht entstanden.

Im Jahr 2021 haben der VDE und die KAN eine vergleichbare Vorgehensweise für das Pendant VDE SPEC vereinbart.

Mit der Etablierung der DIN SPEC-Vereinbarung sowie Änderungen in den Verfahren zu Spezifikationen auf nationaler und europäischer Ebene ist es notwendig geworden, die noch bestehende KAN-Position von 2013 zur Regelung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzaspekten in Spezifikationen an den aktuellen Stand anzupassen. Dieser Schritt ist für 2022 geplant.

3.7 Organisation des Arbeitsschutzes

Auch im Berichtsjahr begleitete die KAN die Arbeiten des ISO/TC 283 „Occupational health and safety management“ und dessen nationale Spiegelung im DIN-Normenausschuss NA 175-00-02 AA „Management für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“.

Erstes Ergebnis dieser auf internationaler Ebene initiierten Normungsarbeit war die Anfang 2018 veröffentlichte Norm DIN ISO 45001 „Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“. Diese Norm wurde erst 2021 in einer aktuellen Umfrage unter den Mitgliedern der ISO (International Organization for Standardization) bestätigt. Trotz dieses Votums für eine Bestätigung und gegen eine Revision dieser Norm, wurde auf ISO Ebene beschlossen, unterhalb des TC 283 bereits in 2022 eine Arbeitsgruppe 1 (WG 1, Working Group) einzurichten, die sich mit einer möglichen Überarbeitung beschäftigen soll.

Die KAN hatte sich gegen eine Revision ausgesprochen und diese Haltung auch im nationalen Normungsgremium vertreten, damit die Unternehmen mehr Erfahrungen mit der Anwendung der Norm sammeln können, bevor diese wieder verändert wird. Außerdem endete erst im Herbst die Übergangsfrist von der BSI 18001 zur DIN ISO 45001.

Diese Managementsystemnorm folgt, wie bereits beispielsweise die ISO 9001 und ISO 14001, der sogenannten Harmonized Structure (HS), vormals High Level Structure (HLS). Dadurch wird die Umsetzung integrierter Managementsysteme sowie die Einbindung der ISO 45001 in bereits bestehende Managementsysteme in der Praxis wesentlich erleichtert.

Im Zusammenhang mit der DIN ISO 45001 wird die ISO 45002 „Occupational health and safety management – General guidelines for the implementation of ISO 45001:2018” befindet sich als Draft International Standard (DIS) in der internationalen Umfrage. Die Veröffentlichung ist für das Jahr 2022 geplant. Die Übernahme als deutsche Norm DIN ISO 45002 „Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Allgemeine Leitlinien für die Implementierung von ISO 45001:2018“ wurde im NA175-00-02 AA beschlossen.

Darüber hinaus befinden sich die folgenden beiden Normen in der Erarbeitung:

  • ISO 45004 Occupational health and safety management – Performance Evaluation
    Dieser Norm, bei dem es um Indikatoren, Kennzahlen und Bewertung der Arbeitsschutzleistung in Organisationen geht, befindet sich im Stadium eines Arbeitsentwurfs (Working Draft). Seine Veröffentlichung ist für das Jahr 2024 vorgesehen.
  • ISO 45006 Occupational health and safety management – Preventing and managing infectious diseases at work – guidelines for organizations
    Auch diese Norm befindet sich noch im Status eines Arbeitsentwurfs. Grundlage hierfür ist die im Dezember 2020 veröffentlichte ISO/PAS 45005 „Occupational health and safety management – Safe working during the COVID-19 pandemic”. Der DIS ist für das Jahr 2022 geplant und die Veröffentlichung soll noch vor dem Jahr 2024 erfolgen.

In 2021 wurde darüber hinaus folgende Norm von ISO veröffentlicht: ISO 45003:2021-06 Occupational health and safety management - Psychological health and safety at work - Guidelines for managing psychosocial risks. Dieser Leitfaden behandelt das Management von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mit dem Schwerpunkt Psychische Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

3.8 DIN SPECs im Personalmanagement

DIN SPEC sind keine Normen, sondern sogenannte Konsortialstandards, die nicht im Konsensverfahren erarbeitet werden müssen (siehe Abschnitt 3.6). Nicht immer ist dabei eine Vereinbarkeit mit den für den Arbeitsschutz getroffenen Grundsätzen gegeben. Dies ist oftmals der Fall, wenn die DIN SPEC Themen des Personalmanagements behandeln und es um die innerbetriebliche Organisation des Arbeitsschutzes geht.

Im Berichtsjahr wurden zwei Projekte, die dem Bereich des Personalmanagements zuzuordnen sind, von der KAN-Geschäftsstelle abgelehnt. Dabei handelt es sich zum einen um DIN SPEC 91463 "Leitfaden zur Entwicklung, Optimierung und Implementierung von Sicherheitskulturen in Organisationen". Mit dieser Spezifikation sollten Unternehmen die Möglichkeiten verhaltensorientierter Maßnahmen für die Arbeitssicherheit aufgezeigt werden. Zum anderen betraf es DIN SPEC 91470 "Digitale Führung". In dieser Spezifikation hätten laut Projektantrag u.a. die Schnittstellen des Mensch-Technik-Organisations-Dreiecks neugestaltet werden sollen. Beide Projektanträge wurden letztlich zurückgezogen.

4 Facharbeit

4.1 Sicherheitstechnik

4.1.1 Ausschuss für Produktsicherheit (AfPS)

Gemäß §33 Absatz 3 des deutschen Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) ist die KAN im Ausschuss für Produktsicherheit (AfPS) vertreten. Der Ausschuss hat die Aufgaben, die Bundesregierung in Fragen der Produktsicherheit zu beraten, Normen und andere technische Spezifikationen zu ermitteln, die für die Zuerkennung des GS-Zeichens anzuwendenden Spezifikationen zu ermitteln und Empfehlungen hinsichtlich der Eignung eines Produkts für die Zuerkennung des GS-Zeichens auszusprechen. Der Vertreter der KAN-Geschäftsstelle nimmt auch am Koordinierungsgremium des AfPS teil.

4.1.2 Sicherheit von Leitern

Abstürze von Leitern sind häufige Arbeitsunfälle am Bau und bei Gebäude- und Glasreinigern. Besonders oft treten beispielsweise Fersenbeinbrüche auf. Daher sind Leitern nur unter bestimmten Bedingungen als Verkehrsweg oder als Arbeitsplatz geeignet. Auch um Arbeitgeber zu unterstützen, diese Bedingungen zu ermitteln, wurde Ende 2018 die Technische Regel zur Betriebssicherheitsverordnung (TRBS) 2121 Teil 2 verabschiedet.

Bei DIN wurde 2021 die Bearbeitung der nationalen Normenreihe DIN 4567 „Leitern für den besonderen beruflichen Gebrauch“ abgeschlossen. Aus Sicht des Arbeitsschutzes und der Benutzerfreundlichkeit ist wichtig, dass die Festlegungen dieser Normen kohärent mit den Regeln der neuen TRBS sind. Insbesondere bei einer rein nationalen Norm heißt das: Ihre Anforderungen an Beschaffenheit und Gebrauchsanleitung muss es den Anwendern von künftig in Verkehr gebrachten Leitern erleichtern, die Anwendungsregeln der TRBS möglichst problemlos umzusetzen.

Die KAN unterstützte die BG BAU (Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft) im Normungsgremium beim Abgleich der Normentexte mit der TRBS. Insbesondere der Normenteil für Glasreinigerleitern und die Forderung nach Stufen statt Sprossen wurde heftig und mit unvereinbaren Standpunkten innerhalb des zuständigen Normenausschusses diskutiert. Das Projekt wurde eingestellt und auf die europäische Ebene verlagert. Auf Initiative der Arbeitnehmerbank der KAN wurde daraufhin über ETUC (Europäischer Gewerkschaftsbund) ein Experte für die Mitarbeit im europäischen Normungsgremium mandatiert, der dort die Arbeitnehmerinteressen im Sinne des Arbeitsschutzes vertritt. Insbesondere wird versucht, die Normanforderungen so zu gestalten, dass Leitern nach den europäischen Normen in Deutschland im Sinn der TRBS eingesetzt werden können.

4.1.3 Zugangsöffnungen in Behältern

Die Betriebssicherheitsverordnung verlangt vom Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass Personen bei einem Notfall unverzüglich gerettet werden können. Dies schließt die Bereitstellung geeigneter Zugänge zu den Arbeitsmitteln und in diese ein. Die Zugangsöffnungen von Tanks und Behältern sind jedoch wegen der einschlägigen Normanforderungen herstellerseitig teilweise sehr klein. Der Einstieg mag zwar mit Mühe noch gelingen, aber eine Rettung einer bewusstlosen Person durch diese Öffnung ist nicht in jedem Fall möglich. Im Regelwerk der gesetzlichen Unfallversicherung werden Mindestmaße empfohlen, die ausreichend groß sind, um Personen retten zu können. Diese Empfehlungen richten sich aber nicht an Hersteller, sondern können Betreibern lediglich als Auswahlhilfe beim Kauf von Behältern dienen. Betreiber erkennen möglicherweise nicht, dass sie zwar einen normgerechten Behälter erwerben, dieser ihnen aber zukünftig Probleme bereiten kann.

Zusammen mit dem zuständigen Sachgebiet der DGUV „Behälter, Silos und enge Räume“ und europäischen Partnern setzt sich die KAN dafür ein, die zugrundeliegenden Europäischen Normen zu verbessern. Hersteller, Betreiber und Überwachungsstellen sind daher zunehmend für die Problematik der Rettung aus zu engen Durchgangsöffnungen sensibilisiert. Rückmeldungen zeigen, dass Hersteller größere Zugänge anbieten, wenn die Betreiber dies frühzeitig einfordern. Weitere Fortschritte sind, dass Normen größere Zugänge vorsehen. So wurde DIN 28125 „Klappverschlüsse“ um die Nennweiten 700 mm und 800 mm erweitert. Dabei sind manchmal die Widerstände der Hersteller erheblich, so dass auch das Festlegen von größeren Nennweiten von wenigen Zentimetern eine Verbesserung darstellt. 2021 wurde DIN EN 13732 „Nahrungsmittelmaschinen — Behältermilchkühlanlagen für Milcherzeugerbetriebe — Anforderungen für Leistung, Sicherheit und Hygiene“ überarbeitet. Hier werden statt der bisherigen Nennweite einer elliptischen Öffnung von 350 mm x 450 mmm eine Nennweite von mindestens 400 mm x 480 mm festlegt. Weitere Normen werden auf nationaler und europäischer Ebene überprüft.

4.1.4 Chlorgasdosieranlagen

Die im Januar 2020 erschienene DIN 19606 „Chlorgasdosieranlagen zur Wasseraufbereitung - Technische Anforderungen an den Anlagenaufbau und Betrieb“ enthält eine Anforderung zum Einsatz von Atemschutzmasken, die in Bezug auf den Partikelschutz eine andere Filterqualität aufweisen, als dies in der aktuellen DGUV Regel 107-001 ‚Betrieb von Bädern‘ und der DGUV Information 203-086 „Chlorung von Trinkwasser“ vorgesehen ist.

Unter Hinweis auf die Vorgaben des Grundsatzpapiers zur Rolle der Normung im betrieblichen Arbeitsschutz und in enger Zusammenarbeit mit dem DGUVSachgebiet Bäder hat die KAN-Geschäftsstelle den Dialog zwischen dem Obmann des Normengremiums und dem Sachgebiet erneut angestoßen. Nach mehreren Gesprächen hat die KAN am 20. Juli.2021 einen erneuten Einspruch eingereicht.

4.1.5 Therapieliegen

Fast jeder lag bereits auf einer höhenverstellbaren Liege, sei es in einer Physiotherapiepraxis oder in einem Krankenhaus. In der Vergangenheit kam es durch elektrische Höhenverstellungen zu Quetschungen, Frakturen und sogar zum Tod von Beschäftigten.

Die KAN brachte 2019 und 2020 die beteiligten Kreise (Unfallversicherungsträger, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bund, Länder, Betreiber, Sozialpartner, Normung) in zwei Fachgesprächen zusammen. Die Teilnehmenden diskutierten über Wege hin zu sichereren Liegen. Es wurden viele Aktivitäten angestoßen und bereits einige Hürden bewältigt. Als ein Ergebnis der Fachgespräche haben die für Medizinprodukte zuständigen Obersten Landesbehörden und das BfArM im Dezember 2020 ein neues Dokument mit Informationen und Anforderungen zur Sicherheit von Therapieliegen veröffentlicht. Das Dokument enthält Informationen für Hersteller und Betreiber von Liegen.

Aus den Fachgesprächen und darüber hinaus geführten Gesprächen wurde deutlich, dass eine starke Verunsicherung auf dem Markt herrscht. Daher wurden verschiedene Informationen für Betreiber und Hersteller veröffentlicht oder werden noch vorbereitet, koordiniert über eine extra eingerichtete Arbeitsgruppe „Öffentlichkeitsarbeit“:

  • Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat zusammen mit dem Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) eine Mustergefährdungsbeurteilung veröffentlicht, die dem Betreiber bei der Gefährdungsbeurteilung zu den Liegen helfen soll.
  • Die BGW stellt Betreibern Mustererklärungen für neue Liegen und Nachrüstungen zur Verfügung. Mit diesen bestätigt der Hersteller die Einhaltung der BfArM-Empfehlung.
  • Das IFA erarbeitet eine Praxishilfe für Hersteller, die dabei unterstützen soll, mögliche technische Lösungen zu bewerten.
  • Eine FAQ-Liste wurde veröffentlicht, die die wichtigsten Fragen aus Sicht von Herstellern und Betreibern beantworten soll. 

Als ein weiteres Ergebnis der Fachgespräche wurde eine Vornorm zu Liegen angestoßen. Die KAN hat die Arbeiten an dieser Vornorm zusammen mit der BGW und dem IFA eng begleitet und die Inhalte mit den übrigen Arbeitsschutzkreisen abgestimmt. Die DIN VDE V 0750-2-52-2:2021-10 „Medizinische elektrische Geräte – Teil 2-52-2: Besondere Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale von Liegen“ wurde veröffentlicht und kann über die DKE bezogen werden.

Diese nationale Vornorm ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit. Das Ziel ist aber eine europäisch harmonisierte Norm. Diese würde europaweit gelten und die Vermutungswirkung gegenüber den relevanten Anforderungen der entsprechenden europäischen Verordnungen entfalten. Auch den Weg zu einer europäisch harmonisierten Norm wird die KAN weiter eng begleiten.

Detailliertere Informationen und die Links zu den genannten Veröffentlichungen wurden auf der BGW-Seite zusammengetragen.

4.1.6 Hubladebühnen: Defizite in Neufassung der DIN EN 1756-1

Die Dekra hat die KAN auf Anforderungen in der 2021 neu erschienenen EN 1756-1 „Hubladebühnen – Plattformlifte für die Anbringung an Radfahrzeugen – Sicherheitsanforderungen – Teil 1: Hubladebühnen für Güter“ aufmerksam gemacht, die nicht mit dem Anspruch der Prävention vereinbar sind.

Eine Arbeitsgruppe der KAN mit Experten der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), BG Verkehr, BAuA und der Dekra hat die Sachlage im Zuge mehrerer Online-Besprechungen analysiert. Die daraus abgeleiteten, konkreten Änderungsvorschläge wurden in der KAN abgestimmt und dem Normenausschuss Maschinenbau zugeleitet. Ziel ist, schnellstmöglich eine Änderung der Norm vorzunehmen, um die Anforderungen an den Schutz vor Quetschen und Scheren von Gliedmaßen kohärent und im Einklang mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zu formulieren.

4.1.7 Gelenkwellen in der Land- und Forstwirtschaft

Gelenkwellen werden in der Landwirtschaft zur Übertragung einer Kraft / Rotation von einer Motoreinheit (z. B. einem Traktor) auf verschiedene Maschineneinheiten eingesetzt. Zugängliche drehende Teile bergen durch die hohe Drehzahl und das hohe Drehmoment die Gefahr, dass Kleidung sich daran aufwickelt und es so zu schweren Unfällen kommt. Nicht mitdrehende Schutzeinrichtungen sollen diese Art von Unfällen verhindern und sind in der Europäischen Union Stand der Wissenschaft und Technik. Dennoch ereignet sich in Deutschland durchschnittlich alle zwei Jahre ein tödlicher Unfall mit Gelenkwellen. In Italien sind noch höhere Unfallzahlen bekannt, hier spielt vermutlich der Altbestand eine größere Rolle.

Die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung wie z. B. keine Befestigung der Drehsicherung der Schutzeinrichtung, kein Ersatz von defekten Schutzeinrichtungen, Beseitigung von Schutzeinrichtungen maschinenseitig kann vermutlich durch technische Maßnahmen reduziert werden.

Eine Fehlanwendung durch wissentliche Manipulationen an den Gelenkwellen kann auch durch eine Verbesserung der technischen Schutzmaßnahmen nicht vollständig ausgeschlossen werden.

In der Land- und Forstwirtschaft bestehen harte Einsatzbedingungen und oft werden defekte Schutzeinrichtungen sowohl an den Gelenkwellen als auch antriebs- und maschinenseitig nicht ersetzt. Ein Hemmnis kann hier der Montageaufwand oder auch die Ersatzteilbeschaffung sein. Die Kraftübertragung, d. h. die gewünschte Wirkung, funktioniert auch ohne Schutzeinrichtung. Aus der industriellen Praxis bekannte Konzepte wie nicht trennende Schutzeinrichtungen oder Verriegelungslösungen sind kaum umsetzbar.

Ab 2022 sollen Normen zu Gelenkwellen auf ISO-Ebene überarbeitet werden. Auch für die europäische Norm zu Gelenkwellen wurde von Italien ein Überarbeitungsvorschlag eingebracht. In der Vorbereitung hierzu hat die KAN 2021 ein Gutachten in Auftrag gegeben, um eine europaweite Übersicht zum Stand von Wissenschaft und Technik bei Gelenkwellen und deren Schutzeinrichtungen zu erhalten.

Das Gutachten wurde von den Professuren für Arbeitswissenschaften und Agrarsystemtechnik der TU Dresden durchgeführt. Eine Analyse vorhandener Gelenkwellen hat an einigen Stellen Verbesserungspotential für die Normung ergeben. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden Ende 2021 bei einem KANFachgespräch mit Vertretern der Hersteller, Normung und des Arbeitsschutzes diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussion werden 2022 von der KANGeschäftsstelle aufbereitet und sollen dann in die Normung eingebracht werden.

4.1.8 Funktionale Sicherheit von Forstmaschinen

Um Maschinensteuerungen sicher zu gestalten wird meistens die Typ-B Norm EN ISO 13849-1 zur funktionalen Sicherheit herangezogen. Einige Sektoren haben davon abweichend eigene, spezifischere Normen entwickelt, vor Allem aufgrund der besonderen Einsatzbedingungen für mobile Maschinen der Bau- und Landwirtschaft. Seit die USA und Australien 2020 anregten, die neue Normenreihe ISO 19014 zur funktionalen Sicherheit von Erdbaumaschinen auch für Forstmaschinen anzuwenden, begleitet die KAN - gemeinsam mit der SVLFG und unterstützt durch das IFA - die laufenden Aktivitäten. Ziel ist nicht nur, die Grundprinzipien der EN ISO 13849-1 nicht zu verwässern. Es soll zudem auch in Zukunft eindeutig sein, welche Norm die Konformitätsvermutung für die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auslöst: Ein Referenzieren beider sicherheitstechnisch unterschiedlicher Ansätze in der Typ C-Norm für Forstmaschinen wäre keine sinnvolle Lösung.

4.1.9 Sicherheit beim Betrieb additiver Fertigungsverfahren

Fertigungsanlagen werden häufig in kleinen oder gar kleinsten Betrieben eingesetzt. Gleichzeitig erfordern die eingesetzten Materialien, beispielsweise Metallpulver oder Polymere, und die verwendeten Verfahren, wie Laserstrahlschmelzen oder Sintern, eine nicht triviale Gefährdungsbeurteilung und weitreichende Schutzmaßnahmen. Das ISO/TC 261 „Additive Manufacturing“ hat in seiner WG (Working Group - Arbeitsgruppe) 6 „Environment, health & safety“ gemeinsam mit ASTM einen ersten Norm-Entwurf zum betrieblichen Arbeitsschutz, die E DIN EN ISO/ASTM 52931, der Öffentlichkeit zur Kommentierung vorgelegt. Zudem wurde die Arbeit an einem ersten Entwurf für eine Serie von Typ C-Normen zur Maschinensicherheit sehr weit vorangetrieben.

Es ist davon auszugehen, dass die geplanten internationalen Normen im Rahmen des Wiener Abkommens dann sofort auch als EN erscheinen. Dies bedeutet, dass die Normen zum betrieblichen Arbeitsschutz unverändert ins deutsche Normenwerk übernommen werden müssen, und die Typ C-Normen die Konformitätsvermutung nach der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auslösen sollen.

Daher hat sich die KAN intensiv am Erarbeitungsprozess dieser Normen auf nationaler und internationaler Ebene beteiligt. Gleichzeitig bemüht sich die KAN, aus den in ihr vertretenen Kreisen Experten zu finden, die die nationale und internationale Normungsarbeit aufgrund ihrer Erfahrungen aus der Arbeitsschutzpraxis mit additiven Fertigungsverfahren bereichern könnten.

4.1.10 Exoskelette

Exoskelette sind am Körper getragene Assistenzsysteme, die mechanisch auf den Körper einwirken. Damit können Kräfte, die zum Beispiel durch das Heben von Lasten auf den Körper wirken, in andere, belastbarere Körperregionen oder in den Boden abgeleitet werden. Die Tragenden werden so weniger belastet und Gesundheitsgefahren werden verringert. Der Einsatz von Exoskeletten an Arbeitsplätzen ist noch nicht sehr verbreitet. Tests von Prototypen im industriellen Kontext werden aber weiterhin durchgeführt. Die KAN-Geschäftsstelle arbeitet zu diesem Thema eng mit dem DGUV-Sachgebiet „Physische Belastungen“ zusammen. Es gilt, die Chancen und Risiken dieser Produkte für den Einsatz am Arbeitsplatz besser einschätzen zu können. Die KAN-Geschäftsstelle ist Mitglied im Begleitkreis des DGUV-Projekts Exo@work, das von der BGHW geleitet wird. Das Forschungsprojekt wurde Ende 2021 abgeschlossen. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2022 bereitstehen. Dazu gehört auch ein Leitfaden mit einer Handlungsanleitung zum Einsatz von Exoskeletten in der betrieblichen Praxis. Neben Vorschlägen zur Messung der Wirksamkeit von Exoskeletten werden mögliche Gefährdungen der Sicherheit und Gesundheit und Langzeitfolgen durch die Nutzung weitere Ergebnisse sein.

Noch gibt es keine speziellen Normen zu Exoskeletten. Nach vorbereitenden Workshops 2018 und 2019 unterstützte die KAN-Geschäftsstelle gemeinsam mit der BGHW und dem Projektnehmer von Exo@work DIN bei der Einrichtung eines nationalen Normenausschusses, der Anfang 2021 die Arbeit aufnahm. In Arbeitsgruppen werden derzeit übergreifende Themen wie Terminologie und Klassifikation bearbeitet, Wirksamkeit und Vergleichbarkeit von Exoskeletten besprochen und Anforderungen an die physischen Schnittstellen zwischen Exoskelett und Mensch diskutiert. Mittelfristig ist es das Ziel, mit diesen Vorarbeiten die Normungsarbeit auf europäischer Ebene zu starten.

4.1.11 Pelletlagerung

Pelletlagerräume müssen nach der Befüllung entstehendes CO zuverlässig abführen und mit Warnhinweisen zu Restrisiken ausgestattet sein. Zu diesem Thema bestehen in Deutschland zwei normative Regelungen, die inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und an deren Erstellung die KAN-Geschäftsstelle beteiligt war:

  • 2015 publizierte der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) die Richtlinie 3464 „Lagerung von Holzpellets beim Verbraucher, Anforderungen an Lager sowie Herstellung und Anlieferung der Pellets unter Gesundheits- und Sicherheitsaspekten“.
  • 2019 wurde die DIN EN ISO 20023 „Biogene Festbrennstoffe - Sicherheit von biogenen Festbrennstoffen - Sicherer Umgang und Lagerung von Holzpellets in häuslichen und anderen kleinen Feuerstätten“ herausgegeben.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung der ISO 20023 wurden die Arbeiten an der VDI 3464 wieder aufgenommen. Die Richtlinie soll die Anforderungen der ISO 20023 wiederspiegeln und zusätzlich die Besonderheiten des deutschen staatlichen Regelwerkes aufführen. In den Abstimmungen der Jahre 2020 und 2021 zur VDI-Richtlinie standen vor allem Themen im Vordergrund, für die gegenüber der DIN EN ISO 20023 weiterer Konkretisierungsbedarf angezeigt wurde. Dies betraf insbesondere

  • Anforderungen an Aufstellräume für luftdurchlässige Gewebesilos,
  • die Betrachtung von Aufstellungsraum der Heizung und Lagerraum im Raumluftverbund,
  • Anforderungen an die Zugangsöffnungen von Gewebesilos,
  • die Ergänzung eines Abnahmeverfahrens für das Pelletlager und den Aufstellraum im Zuge der in Deutschland verbindlichen Feuerstättenschau.

Im Einzelnen wurde zur besseren Klärung der CO-Belastung im Raumluftverbund und auf Anregung der KAN 2020 eine konkrete Nachberechnung durchgeführt. Die Frage der CO-Belastung bei Gewebesacklagerung wurde Anfang 2021 in einem gesonderten Modellversuch genauer betrachtet. Hieraus konnten dann Anforderungen für die Begehbarkeit der entsprechenden Aufstellräume abgeleitet werden. An der Versuchsplanung war auch die BG Holz und Metall beteiligt. Mit einem Abschluss der Arbeiten an der VDI 3464 ist 2022 zu rechnen.

4.1.12 Bauprodukte

Die EU-Bauprodukteverordnung (EU-BauPVO) des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 9. März 2011 legt harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten in der Europäischen Union fest. Obwohl sie erst seit wenigen Jahren in Kraft ist, sind seit einigen Jahren Bemühungen der Europäischen Kommission im Gange, die Verordnung zu reformieren und besser an die aktuellen Bedürfnisse des Marktes anzupassen.

Als Grundlage für die Überlegungen hatte die europäische Kommission Anfang 2020 ein Optionenpapier (Refined indicative options for the review of the construction products regulation) veröffentlicht, in dem sehr unterschiedliche Szenarien (Abschaffung der Normung im Baubereich – Beibehaltung – verstärkter Einsatz staatlicher regulativer Instrumentarien) zur Diskussion gestellt werden. Die Produktsicherheit wird in den einzelnen Szenarien unterschiedlich behandelt. Hier setzt sich die KAN für diejenige Variante ein, die einen Ausbau des Themas in der EU-BauPVO vorsieht.

An der nachfolgenden offenen Konsultation hat sich die KAN-Geschäftsstelle im Dezember 2020 mit einer schriftlichen Stellungnahme und 2021 mit der Teilnahme an der Abschlussdiskussion beteiligt. In dieser Veranstaltung sprachen sich (nur) etwa die Hälfte der Teilnehmer für eine Berücksichtigung der Produktsicherheit auch in der neuen Verordnung aus. Auffällig war, dass in der schriftlichen Stellungnahme insbesondere die EU-Mitgliedstaaten größere Zurückhaltung äußerten, da Interferenzen mit dem national geregelten Baurecht befürchtet wurden.

Die EU-Kommission ist derzeit dabei, diese und weitere Anregungen in einen ersten Verordnungsentwurf einzuarbeiten, der für das erste Quartal 2022 erwartet wird. Auch auf Seiten des Europäischen Parlamentes wurde die EUBauprodukteverordnung behandelt.

Der IMCO (Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz) hat am 3. Februar 2021 einen Initiativbericht zur EU-BauPVO vorgelegt. In Abs. 17 wird die Sicherheit von Bauprodukten angesprochen:

Calls on the Commission to consider and thoroughly assess the possibility to gradually enhance [the] CPR by including therein additional information obligations and product performance requirements with regard to health, safety and environmental aspects … .

Im Vorfeld hat die KAN sich bei allen größeren Fraktionen (Linke/Nordische Grüne Linke, Grüne/Freie Europäische Allianz, S&D/Sozialdemokraten, Europäische Volkspartei) mit einer ausführlichen Stellungnahme, einem Argumentationspapier und persönlichen Gesprächen mit den Büros der Berichterstatter in die Diskussion eingebracht. Ein abschließendes Gespräch wurde am 10. Mai 2021 mit dem Berichterstatter geführt. Die Europavertretung der KAN in Brüssel hat diesen Prozess aktiv begleitet.

Gleichzeitig wurde auch auf nationaler Ebene die Frage der Produktsicherheit in der EU- BauPVO 2001/95/EC diskutiert. Die für das Thema Produktsicherheit federführende Bundesebene (BMI) unterstützt die Position des BMAS und der KAN ohne Vorbehalt.

In Vorbereitung der für 2022 geplanten Arbeiten der EU-Kommission am AcquisProzess, der unter anderem die Aktualisierung der Normungsaufträge zum Ziel hat, setzt sich die KAN-Geschäftsstelle beim BMAS und den zuständigen Bundesministerien dafür ein, dass die Produktsicherheit auch in diesem Verfahren Berücksichtigung findet.

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4.1.13 Informationsaustausch Bau

Die Lieferkette eines Bauproduktes reicht von der Herstellung im Werk bis zum Arbeitnehmer auf der Baustelle. Auf diesem Wege findet ein kaufmännischer und technischer Datenfluss statt, der aufgrund der unterschiedlichen Partner über mehrere Schnittstellen und Datensysteme abläuft. Parallel existieren auch noch die klassischen, oftmals fehleranfälligen und papierlastigen Prozesse.

Ziel der 2021 ins Leben gerufenen DIN SPEC 91454-Reihe „Informationsaustausch der Liefer- und Wertschöpfungskette von Bauprodukten“ ist es, die Inhalte und Formate des Informationsaustauschs in der Liefer- und Wertschöpfungskette von ausgewählten Bauprodukten festzulegen. Diese sollen in einen modernen Planungs-, Bestell-, Liefer-, Verarbeitungs- und Einbauprozess, der auch die Qualitätssicherung und Wareneingangskontrolle berücksichtigt, überführt werden.

Die Anforderung der EU-Bauproduktenverordnung, dass Hersteller, Händler und Importeure ihren Produkten alle erforderlichen Unterlagen, Anleitungen und Sicherheitsinformationen beigelegen müssen, muss zukünftig auch Eingang in die neuen Formen des elektronischen Austausches finden. Die KAN-Geschäftsstelle hat sich daher in die Entwicklung der Dokumente eingebracht und erreicht, dass in Teil 2 der Normenreihe (Beton) nun die Datenfelder ‚GISCODE‘, ‚UFI-Code‘ (Rezepturidentifikator), ‚Sicherheitsdatenblatt‘ und ‚Gebrauchsanleitung‘ mitgeführt werden.

Derzeit ist eine weitere Spezifikation für Asphalt in Bearbeitung. Hierzu wird die BG Bau kurzfristig einen GISCODE anlegen, der dann ebenfalls Eingang in das Dokument finden kann.

4.1.14 Künstliche Intelligenz (KI)

Es ist gegenwärtig weder aus rechtlicher noch aus Normungssicht klar, welche Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) unter welchen Bedingungen angeboten und verwendet werden dürfen. In den betroffenen Normenausschüssen arbeitet die KAN gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Unfallversicherungsträger daran, Antworten auf diese Fragen zu finden. Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat die KAN in einem Artikel die Erwartungen der Prävention für die Verwendung von künstlicher Intelligenz im Zusammenhang mit der Sicherheit von Maschinen dargestellt.

Die EU-Kommission hat ihrerseits am 21. April 2021 einen Vorschlag für eine Verordnung zur künstlichen Intelligenz vorgelegt. Sie versucht damit, mehrere nicht leicht miteinander vereinbare Ziele gleichzeitig zu erreichen:

  • zu definieren, welche Methoden und Konzepte überhaupt unter den Begriff der künstlichen Intelligenz fallen,
  • zu vermeiden, dass aufgrund unterschiedlicher nationaler Vorschriften Handelshemmnisse innerhalb der Europäischen Union entstehen,
  • möglichst viel Spielraum für Innovationen zu lassen – schließlich befindet sich die EU mit den USA und China im Wettbewerb,
  • und all dies, ohne die europäischen Grundrechte zu beeinträchtigen. 

Aus Sicht der KAN ist besonders bedeutsam, dass hier künftig Anforderungen an sicherheitsrelevante Systeme definiert werden könnten, deren Verhalten u.U. nicht vollends vorhersehbar ist. Die KAN hat den Verordnungsvorschlag analysiert, um ggf. mit den in ihr vertretenen Kreisen eine Positionierung gegenüber dem europäischen Rechtssetzer vorzubereiten. Um dies abzuklären werden Anfang 2022 Sondierungsgespräche mit Vertretern der in der KAN vertretenen Kreisen geführt.

4.1.15 Gasverbrauchseinrichtungen - Grills

Gasgrills nach DIN EN 498:2012 "Festlegungen für Flüssiggasgeräte – Grillgeräte zur Verwendung im Freien einschließlich Kontaktgrillgeräte" werden nicht nur von Verbrauchern, sondern als Migrationsprodukte auch gewerblich verwendet. Aufgrund nicht selten recht langer Garzeiten werden der Grill und das Gargut nicht permanent von einer Person überwacht. Falls der Brenner dieses Gasgerätes unbemerkt verlöscht, könnte beim erneuten Zünden des dann angesammelten, unverbrannten Gas-Luft-Gemisches eine Stichflamme entstehen und in der Nähe stehende Personen verletzen. Experten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) und die deutschen Marktüberwachungsbehörden sind der Auffassung, dass nur durch eine eingebaute Flammenüberwachungseinrichtung dieses Risiko auf ein vertretbares Maß verringert und die Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/426 über Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe erfüllt werden. Die KAN unterstützt die Präventionsexperten dabei, diese Auffassung in den zuständigen nationalen und europäischen Normenausschüssen durchzusetzen und erforderlichenfalls einen formellen Einwand vorzubereiten.

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4.2 Persönliche Schutzausrüstung

4.2.1 Normung von Infektionsschutzmasken

Während der COVID-19-Pandemie mussten für den Infektionsschutz bereits vorhandene Masken eingesetzt werden, vor allem FFP2-Masken und medizinische Masken, beide teilweise mit dem Ziel des gleichzeitigen Fremd- und Eigenschutzes. FFP2-Masken fallen unter die Verordnung (EU) 2016/425 für Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und sind gemäß der harmonisierten Norm DIN EN 149 für den Eigenschutz vor Partikeln konstruiert. Medizinische Masken fallen unter die Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 und sind gemäß der harmonisierten Norm DIN EN 14683 vorwiegend für den Fremdschutz vor luftübertragbaren Infektionserregern konstruiert.

Bei DIN wurden Anträge für eine Norm gestellt, die Anforderungen an Masken speziell für ein Infektionsgeschehen, also insbesondere zum Schutz gegen Viren und Bakterien, definieren soll. Dieses Vorhaben wurde zunächst national angenommen. Anschließend wurde ein europäischer Normungsantrag gestellt, der auch bereits angenommen wurde. Die Arbeiten an dem europäischen Normungsprojekt haben 2021 begonnen.

Das neue Normungsvorhaben soll u. a. folgende Aspekte abdecken:

  • Anforderungen an den Eigen- und Fremdschutz während eines Infektionsgeschehens, inklusive Testverfahren,
  • Erfüllung der Medizinprodukteverordnung und der PSA-Verordnung,
  • abgestufte, risikoangepasste Leistungsklassen (sowohl für den Einsatz durch die Bevölkerung im Alltag als auch den Einsatz für Beschäftigte bei der Arbeit),leichtere risikoangepasste Auswahl der passenden Maske über eine klare Kennzeichnung auf den Masken,
  • verschiedene Größen, auch Kindergrößen und Berücksichtigung weiterer spezieller Nutzergruppen,
  • Gebrauchstauglichkeit (Ergonomie, Atemwiderstand).

Da die Infektionsschutzmasken auch zum Schutz von Beschäftigten eingesetzt werden könnten, ist das Normungsvorhaben für die Arbeitsschutzkreise von großem Interesse. Die KAN hat die Diskussionen zwischen den Arbeitsschutzkreisen zum Normungsvorhaben moderiert. Die Ergebnisse der Diskussionen hat die KANGeschäftsstelle in das Normungsgremium eingebracht.

Die reine Erarbeitung einer europäischen Norm für Infektionsschutzmasken heißt nicht automatisch, dass die Masken auch später am Arbeitsplatz eingesetzt werden müssen. Die zukünftige Norm und die Produkte werden zunächst von den nationalen Regelsetzern auf deren Eignung hinsichtlich des Schutzniveaus geprüft. Besteht der neue Maskentyp diese Prüfung, könnte die Norm auch im nationalen Regelwerk des Arbeitsschutzes in Bezug genommen werden und würde dann an Arbeitsplätzen zum Einsatz kommen.

Im nationalen sowie im europäischen Normungsausschuss arbeiten Fachleute der Arbeitsschutzkreise mit. Die KAN wird deren Arbeiten unterstützen und das Normungsvorhaben weiterhin begleiten, um die Belange des Arbeitsschutzes bestmöglich einzubringen.

4.2.2 Aktiv leuchtende Warnkleidung

Nachfolgend zu einem von DIN veranstalteten Workshop zu smarter PSA wurde 2018 bei DIN ein Gemeinschaftsarbeitskreis eingerichtet, der eine Vornorm zu aktiv leuchtender Warnkleidung schaffen soll. Solche Warnkleidung ist zwar keine smarte PSA, stellt aber einen ersten Schritt in diese Richtung dar. Das Normprojekt fungiert damit als eine Art Pfadfinder für künftige Normen zu smarter PSA. Die KAN-Geschäftsstelle arbeitet seit Einrichtung aktiv an diesem Projekt mit und unterstützt Arbeitsschutzexperten der BG Verkehr und des IFA.

Aktiv leuchtende Warnkleidung ist „normale“ Warnkleidung nach den Normen EN 17353 „Schutzkleidung — Ausstattung zur erhöhten Sichtbarkeit für mittlere Risikosituationen“ oder EN ISO 20471 „Hochsichtbare Warnkleidung“, deren Auffälligkeit durch zusätzliche Leuchtmittel, z. B. LEDs, ergänzt wird. Damit soll in Situationen, in denen die retroreflektierenden Elemente der Warnkleidung nicht funktionieren, da keine externe Lichtquelle vorhanden ist, dennoch die Sicherheit für die Tragenden der PSA gegeben sein. Herausforderungen bestehen unter anderem in den Anforderungen nach Waschbarkeit der nun mit elektrischen Komponenten ausgerüsteten Textilien, in der Anforderung, dass die Leuchtmittel weder Träger noch Dritte blenden dürfen und in der Beherrschung der elektromagnetischen Belastung der Tragenden der PSA. Weiterhin drängt der Arbeitsschutz auch hier auf Umsetzung der etablierten und erfolgreichen Strategie, dass die Warnkleidung eine Rundumsichtbarkeit der Tragenden ermöglichen muss. All diese Punkte wurden im Gremium sehr kontrovers diskutiert. Die Präsenz der Arbeitsschutzexperten war nötig, um die hohen Standards bei Warnkleidung zu verteidigen.

Nach der öffentlichen Umfrage und nachfolgenden Diskussionen zu den Einsprüchen wurde die Erarbeitung der Vornorm mit der Veröffentlichung der DIN/TS 91418:2021-07 "Aktiv leuchtende Warnkleidung in Ergänzung zu DIN EN ISO 20471 und DIN EN 17353 – Ausstattung aktiv leuchtender Warnkleidung – Prüfverfahren und Anforderungen" abgeschlossen. Wie im Gremium vereinbart, arbeitet DIN derzeit daran, das Thema mit der Vornorm als Basis in die europäische Normung einzubringen. Erste Beratungen in der relevanten Arbeitsgruppe bei CEN/TC 162 haben schon stattgefunden.

4.2.3 Smarte PSA – Herausforderung für Entwicklung, Normung und Prüfung

Smarte PSA interagiert mit der Umgebung und erzeugt dadurch eine höhere Schutzwirkung. Manche Lösungen versprechen erhöhten Tragekomfort. Ein prägnantes Beispiel ist smarte PSA für Feuerwehrleute. Sensoren, Auswerteelektronik, Datenübertragungsmodule sind neben notwendigen Kabeln und Stromversorgung in die „klassische“ Feuerwehrjacke eingebaut und nehmen Daten der Umgebung ebenso auf wie biometrische Werte des oder der Tragenden, werten diese aus und geben Signale direkt an die Trägerin beziehungsweise den Träger oder eine zentrale Stelle weiter. Damit kann die Einsatzsituation besser eingeschätzt und auch der körperliche Zustand des Personals bewertet werden. Die Entscheidungen für das nötige Equipment oder ob und wann das Personal gewechselt werden muss, kann auf der Basis dieser Daten getroffen werden. Interessant für Nutzerinnen und Nutzer ist auch die Möglichkeit, Informationen über den Zustand der Schutzkleidung zu sammeln, womit sich Reinigung und Wartung nach dem Einsatz verbessern lassen. All das sind Schritte, um den Schutz der Feuerwehrleute zu optimieren.

Smarte PSA stellt eine deutliche Umstellung für den Sektor dar. Die meisten Entwicklungen von smarter PSA verwenden elektronische Bauteile als intelligente Elemente. Und Elektrik und Elektronik haben im PSA-Bereich bisher nur eine kleine Rolle gespielt. Damit stehen alle Beteiligten – Hersteller, Prüfstellen, Behörden und auch Anwendende – vor der Aufgabe „Elektronik zu lernen“. Wichtig ist zu verstehen, dass die smarte PSA die fertiggestellte Kombination aller Bestandteile ist. Und diese Kombination muss gemäß der PSA-Gesetzgebung bewertet und geprüft werden. Neben den klassischen PSA-Tests gehören dazu auch Prüfungen der elektrischen Bestandteile und des Zusammenwirkens aller Komponenten wie Oberflächentemperatur und Batteriesicherheit oder Auswirkungen elektromagnetischer Felder. Die KAN-Geschäftsstelle beobachtet diese Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Normung, die noch am Anfang steht.

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4.3 Ergonomie

4.3.1 Nichtvisuelle Wirkungen von Licht

Die nichtvisuellen Wirkungen von Licht werden zwar über Rezeptoren im Auge vermittelt, haben aber mit dem Sehvorgang selbst nicht viel zu tun, sondern wirken unter anderem auf den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Aufmerksamkeit.

Die KAN-Geschäftsstelle beschäftigt sich seit einigen Jahren mit den nichtvisuellen Wirkungen von Licht. Auslöser war die DIN SPEC (Fachbericht) 67600 „Biologisch wirksame Beleuchtung – Planungsempfehlungen“ (2013). Das Dokument enthält detaillierte Planungsempfehlungen zu den nichtvisuellen Wirkungen von Licht auch für Arbeitsstätten. Die KAN reagierte 2015 (aktuellste Version von 2019) mit einem Positionspapier, da die wissenschaftlichen Erkenntnisse für so detaillierte Anwendungsempfehlungen nicht vorhanden sind und der betriebliche Arbeitsschutz betroffen ist.

Der Fachbericht wurde überarbeitet, um ihn an die aktuellen Erkenntnisse anzupassen. Die KAN-Geschäftsstelle hat sich im Zuge dieser Überarbeitung mit weiteren Arbeitsschutzkreisen und dem Normungsgremium zum betrieblichen Arbeitsschutz ausgetauscht. Die Kreise haben sich darauf geeinigt, das Dokument so anzupassen, dass darin zukünftig keine Anforderungen mehr an den betrieblichen Arbeitsschutz aufgestellt werden. Statt Empfehlungen sollten dann Dosis-Wirkungs-Beziehungen beschrieben werden.

Bei der Überarbeitung des Dokuments hat die KAN-Geschäftsstelle die im Gremium mitarbeitenden Arbeitsschützer unterstützt. Im Jahr 2021 erfolgte die öffentliche Umfrage als Technische Spezifikation: DIN/TS 67600 „Ergänzende Kriterien für die Lichtplanung und Lichtanwendung in Hinblick auf nichtvisuelle Wirkungen von Licht" Oktober 2021. Kleinere Anmerkungen wurden von der KAN als Stellungnahme eingebracht. Die fertige Technische Spezifikation wird voraussichtlich 2022 veröffentlicht. In diesem Zuge muss dann auch das KAN-Positionspapier überprüft werden.

4.3.2 Revision der DIN EN ISO 10075-2 „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“

Die Ad-Hoc Gruppe „Revision DIN EN ISO 10075-2“ des DIN-Normenausschusses Ergonomie (NAErg) hat ihre Arbeiten unter erheblicher Beteiligung der Sozialpartner 2021 fortgesetzt. 

Durch die bereits vollzogene Revision der DIN EN ISO 10075-1 hatte sich Überarbeitungsbedarf in einer Reihe von Punkten ergeben. Durch die Arbeitsgruppen des nationalen Spiegelgremiums wurden aktuelle Befunde zusammengetragen, die den letzten Stand der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse widerspiegeln. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den Aspekten der digitalisierten Mensch-Maschine-Interaktion und der Berücksichtigung emotionsintensiver Tätigkeitsformen – Stichwort „Interaktions-/Emotionsarbeit“. Der Revisionsprozess wird mit erhöhter Sitzungsintensität 2022 weiterverfolgt.

4.3.3 Nutzergewicht in Normung und Regelwerk

Die KAN ist in Normen und technischem Regelwerk vermehrt auf Werte von 75 kg als durchschnittlichem Personengewicht (einschließlich Kleidung, Ausrüstung, etc.) gestoßen. Da diese Werte in der Regel sicherheitsrelevant sind, müssen sie aus Sicht des Arbeitsschutzes an aktuelle vorliegende anthropometrische Daten angepasst werden. Das ist deshalb nötig, weil in den letzten Jahrzehnten sowohl das Durchschnittsgewicht als auch das Gewicht der Gruppe von Personen mit höherem Körpergewicht stark zugenommen haben.

Als erster Schritt sollte hierzu eine Bestandsaufnahme erfolgen. Die im Auftrag der KAN von der DIN Software GmbH durchgeführte Recherche innerhalb des Normenwerks und der EU-Gesetzgebung wurde von der KAN-Geschäftsstelle weiter ausgewertet und die für den Arbeitsschutz relevanten Treffer mit Angaben zum Nutzergewicht wurden identifiziert.

2021 wurde ein KAN-Fachgespräch mit Vertreterinnen und Vertretern

  • aus DIN-Normenausschüssen aus den Bereichen Fahrzeuge, Maschinen, Möbel, Persönliche Schutzausrüstung, Rettungsdienst, Feuerwehren und Sport,
  • aus dem IFA,
  • der Arbeitnehmer
  • der Arbeitgeber und
  • der Unfallversicherungsträger durchgeführt.

Vorrangiges Ziel des KAN-Fachgespräch war es, über die Ergebnisse der Recherche der KAN zu informieren.

Langfristiges Ziel beim Thema Nutzergewicht generell ist es, praxisgerechte Lösungen in Normen und Regelwerk finden, so dass die Produkte, die nach den Vorgaben hergestellt werden, für möglichst viele Menschen sicher sind. 

Im KAN-Fachgespräch wurde klar, dass es bei dem Thema Nutzergewicht immer eine Bewertung für den Einzelfall oder eine Produktgruppe geben muss und es nicht möglich ist, pauschal Werte für die Normung vorzugeben.

Die KAN wird die Ergebnisse der DIN Software-Recherche 2022 aktualisieren lassen und dann den entsprechenden Normenausschüssen bei DIN zur Verfügung stellen, damit diese von den zuständigen Fachleuten auf ihre Aktualität und Richtigkeit überprüft werden können.

4.3.4 Krankentragesysteme

Krankentragen müssen im modernen Rettungsdienst nicht nur hohen Ansprüchen an die Robustheit des Materials, sondern auch an die Sicherheit der Patienten und des Pflegepersonals genügen. Sie verfügen in der Regel über ein abnehmbares Fahrgestell, welches die Fortbewegung der Trage durch nur einen Helfer ermöglicht. Zum Transport über Treppen oder in unwegsamem Gelände sind mehrere Personen nötig. Zur Versorgung des Patienten werden an Tragen häufig zusätzlich medizinische Geräte angebracht.

Krankentragesysteme werden in der Normenreihe DIN EN 1865 geregelt. Anforderungen an Tragen werden in der Regel mit Blick auf bestehende Festlegungen in der Norm für Krankenkraftwagen (DIN EN 1789) erstellt, da beide Systeme nahtlos zueinander kompatible sein müssen.

2021 wurde der Normteil DIN EN 1865-2 (Kraftunterstützte Krankentragen) überarbeitet. Die KAN-Geschäftsstelle hat sich dafür eingesetzt, dass diese Tragen entsprechend den Vorgaben der EU-Medizinprodukteverordnung zukünftig ein Schild erhalten, auf denen das höchstmögliche Nutzgewicht (Patient einschließlich Zusatzgeräte) angegeben wird. Zudem wurde eine Formulierung in die Norm aufgenommen, derzufolge das Ladesystem die Rettungskräfte so unterstützen muss, dass im normalen Betrieb keinen manuellen Hebevorgänge bei der Beladung des Krankenkraftwagens erfolgen müssen.

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4.4 Arbeitsstätten

4.4.1 Normung von Laboren

Bereits 2019 hatte das nationale chinesische Normungsinstitut SAC (Standardization Administration of China) einen ersten Antrag zur Gründung eines neuen technischen Komitees (TC) „Laboratory Design“ gestellt. Dieses gehört zur aktuellen chinesischen Normungsstrategie, bei der das nationale chinesische Normungsinstitut SAC ebenfalls beteiligt ist. Zur Strategie gehört unter anderem eine stetig wachsende Anzahl von Normungsanträgen durch China bei den internationalen Normungsorganisationen ISO und IEC. So wurde auch dieser Vorstoß im Bereich der Normung von Laboren gemacht –inklusive des Antrags auf Gründung eines neuen technischen Komitees bei ISO. Diese werden dann neu gegründet, wenn ein Themenfeld nicht durch bisherige Komitees in der Normung abgedeckt ist.

Aus Arbeitsschutzsicht konnte der Antrag nicht befürwortet werden, da der geplante Anwendungsbereich sehr umfassend ist und auch Belange des betrieblichen Arbeitsschutzes einschließt. So geht es nicht nur darum, für alle Arten von Laboratorien Grundlagen für Planung und Bau zu normen (z.B. Standortwahl, Grundrisse, Energieversorgung etc.), sondern auch den Betrieb zu standardisieren. Inklusive vieler Aspekte, die die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im Labor betreffen. Hierzu gibt es in Deutschland u.a. mit der Biostoffverordnung, der Gefahrstoffverordnung, deren untergeordneten technischen Regelwerken sowie der DGUV Information 213-850 „Sicheres Arbeiten in Laboratorien" ein gut ausgearbeitetes Vorschriften– und Regelwerk. Auch Regelwerke wie die Strahlenschutzverordnung oder die Bauordnung bzw. Landesbauordnungen der Bundesländer sind für Labore relevant. Je nachdem, wie bei den Normungsarbeiten der Begriff „Labore“ ausgelegt werden wird, sind auch weitere Regelwerke zu berücksichtigen (wenn beispielsweise auf ISO-Ebene auch Prüflabore für elektrische Prüfungen oder gar Einrichtungen wie Labore für die Schlafforschung einbezogen werden).

Nach der Ablehnung des Antrags aus dem Jahr 2019 folgten weitere Anträge durch SAC, sodass nach einigem Widerstand – auch Deutschland hatte sich mehrfach gegen die Gründung ausgesprochen –2021 durch das Entscheidungsgremium bei ISO die Gründung des ISO/TC 336 „Laboratory Design“ beschlossen wurde. Deutschland beteiligt sich als stimmberechtigtes Mitglied (P-Member) im neuen ISO/TC.

Es ist zu befürchten, dass in den neu entstehenden ISO-Normen auch diese in Deutschland bereits gut geregelten Inhalte behandelt und abweichend genormt werden. Deshalb ist eine Mitarbeit von deutschen Fachleuten im Normungsgremium dringend erforderlich. Für die nationale Spiegelung von ISO/TC 336 wurde der Gemeinschaftsausschuss NA 055-02-05 GA „Planen, Bauen und Betreiben von Laborgebäuden“ innerhalb des DIN-Normenausschusses „Laborgeräte und Laboreinrichtungen“ eingerichtet. Die KAN-Geschäftsstelle ist sowohl im nationalen Gremium als auch in der deutschen Delegation für die internationalen Arbeiten beteiligt.

4.4.2 Schulbau

Ende 2019 wurde von DIN die Überarbeitung der DIN 58125 „Schulbau“ angestoßen. Beim ersten Entwurf des Dokumentes handelte es sich um eine textnahe Übernahme der inzwischen zurückgezogenen DGUV Vorschrift 81 (Unfallverhütungsvorschrift Schulen).

Die DIN 58125 enthält auch Regelungen über die baulichen Voraussetzungen für den betrieblichen Arbeitsschutz (allgemeine Gestaltungsgrundsätze zu Böden, Treppen, Türen, Rettungswegen und Außenanlagen etc.). Daher hat die KAN 2020 angeregt, die betrieblich relevanten Teile der Norm in eine neue DGUV Regel zu überführen. Dieser Vorschlag befindet sich noch in der Beratung der zuständigen Gremien im DGUV-Sachgebiet Schulbau. Die KAN-Geschäftsstelle strebt hier eine Abstimmung an.

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4.5 Gefährdungen

4.5.1 Wiederholte Einzelstöße

Es gibt Arbeitsmittel, die bei ihrem Einsatz sich wiederholende Einzelstöße (diskrete Stöße) auf den Nutzer übertragen. Darunter fallen z.B. Druckluftnagler und Bolzensetzer. Diese Einzelstöße können sich negativ auf die Gesundheit der Nutzer auswirken. Um diese Gefährdung genauer einschätzen und reduzieren zu können, wird ein standardisiertes Messverfahren zur Bestimmung der Exposition benötigt, welches es jedoch bisher nicht gibt.

Da insbesondere auf europäischer Ebene verschiedene Positionen zu einer Messnorm für Einzelstöße vorlagen, hat das IFA die KAN-Geschäftsstelle um Unterstützung bei der Ermittlung einer deutschen Position zur Erarbeitung einer nationalen Messnorm sowie weiterer notwendiger Aktivitäten gebeten. Die KAN-Geschäftsstelle hat Ende 2020 Vibrationsexperten verschiedener Kreise Deutschlands (Forschung, Unfallversicherungsträger, Arbeitnehmer, Hersteller, Prüflabore, Länder, Normung) zusammengebracht, um u. a. den Bedarf eines einheitlichen Messverfahrens zu diskutieren.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass eine Messnorm zur Ermittlung der Exposition durch Einzelstöße erarbeitet werden soll. Zudem sollen die hierfür notwendigen Begriffe in einer Norm definiert werden. Die KAN-Geschäftsstelle hat 2021 einen entsprechenden Normungsantrag für eine nationale Messnorm bei DIN eingereicht. Der Antrag wurde von DIN angenommen, die Arbeiten an dem Normungsprojekt werden 2022 beginnen.

Mit dieser neuen Norm soll zukünftig ein vergleichbares Messverfahren zur Verfügung stehen. Mit diesem Messverfahren und Richtwerten können wiederholte Einzelstöße in Gefährdungsbeurteilungen angemessen berücksichtigt und Präventionsmaßnahmen ermittelt werden. Ziel ist es die Anwender vor einer möglichen Gefährdung durch Einzelstöße zu schützen.

4.5.2 Biologische Gefährdungen

4.5.2.1 Gremienarbeit im staatlichen Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS)

Die KAN-Geschäftsstelle ist personell als stellvertretendes Mitglied im ABAS vertreten und hat auch den Vorsitz im ABAS UA1 "Grundsatzfragen und neue Entwicklungen". Im ABAS und dem zugehörigen Adhoc-Arbeitskreis Covid standen 2021 die Gefährdungen durch SARS-CoV-2 im Vordergrund. Die KAN-Geschäftsstelle hat hierbei u.a. auch in diesen Gremien die Inhalte der KAN-Position zum Normungsvorhaben „Infektionsschutzmasken“ vorgestellt und diskutiert.

4.5.2.2 Normung im Zuge der Pandemie: DIN SPEC 91448

2021 wurde DIN SPEC 91448 „Leitfaden für den Betrieb eines Gaststätten- und Hotelgewerbes in Vorbereitung sowie im Zuge eines Pandemiefalls“ veröffentlicht.

Die KAN-Geschäftsstelle hatte das Dokument bis dahin im Arbeitskreis mit Gaststatus begleitet, da kein anderer Vertreter des Arbeitsschutzes für eine Mitarbeit gewonnen werden konnte. Das Dokument hat den Schutz des Gastes im Fokus. Da aber viele Arbeitsschutzmaßnahmen auch gleichzeitig den Gast von Gaststätten und Hotels schützen und vielen Mitarbeitenden bei der Erarbeitung der DIN SPEC nicht klar war, welche Dokumente den Arbeitsschutz regeln, wurde hier vor allem eine beratende Funktion wahrgenommen. So konnte an mehreren Stellen auf vorhandene (Arbeitsschutz-) Dokumente verwiesen und eine möglicherweise abweichende Regelung vermieden werden. Bei der aktuellen Entwicklung der Pandemie und der ständig notwendigen Anpassung der zugehörigen Maßnahmen wird das Dokument jedoch vermutlich bald wieder in die Überarbeitung gehen müssen.

4.5.2.3 Fachkunde im Bereich Biostoffe

2019 wurde damit begonnen, das CEN Workshop Agreement CWA 16335 „Biosafety Professional Competence“ von 2011 in eine ISO-Norm zu überführen. Der deutsche Arbeitsschutz sieht keinen Bedarf für ein solches Dokument, da die Biostoffverordnung und das untergeordnete Regelwerk – insbesondere TRBA 200 (Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) zur Fachkunde – die Anforderungen klar definiert. Die KAN-Geschäftsstelle hat das Dokument auch auf internationaler Ebene bis Ende 2021 begleitet. Da die meisten Anforderungen in den ersten Entwürfen der ISO-Norm nun sehr allgemein gehalten sind und es dadurch auch keine wesentlichen Überschneidungen oder Widersprüche zur TRBA 200 "Anforderungen an die Fachkunde nach Biostoffverordnung" gibt, wurde die Mitarbeit im Gremium nun beendet.

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4.5.3 Chemische Gefährdungen

4.5.3.1 Laborabzüge: Auslaufmodell Prüfgas SF 6

DIN EN 14175-3 „Abzüge – Teil 3: Baumusterprüfverfahren“ (2019) beschreibt verschiedene Baumusterprüfverfahren zur Charakterisierung von Laborabzügen. Die erforderliche Prüfgasmischung enthält mit Schwefelhexafluorid (SF6) ein ungiftiges, aber stark klimaschädliches Gas mit einem etwa 30.000-fach höheren Treibhauspotential als CO₂ (Kohlenstoffdioxid). Da SF₆ in einigen Ländern schon verboten ist, ist eine Alternative nötig. Die Alternative darf aus Arbeitsschutzsicht keine Gefährdung für Beschäftigte darstellen.

Der Ersatz von SF₆ durch ein neues Prüfgas erfordert hohen Forschungsaufwand zur Optimierung und Anpassung des Prüfverfahrens. Vor allem Lachgas (N₂O) wurde seit längerem als Ersatz diskutiert, welches allerdings wegen der Toxizität aus Arbeitsschutzsicht nicht unproblematisch ist. Für Vor-Ort-Prüfungen ist N₂O als Prüfgas in der Regel nicht einsetzbar, da nicht auszuschließen ist, dass Abzüge ein signifikantes Leck aufweisen und die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentration für anwesende Personen überschritten wird. Die KAN-Geschäftsstelle begleitet die Arbeiten im zuständigen Arbeitsausschuss NA 055-02-01 AA "Abzüge und Laborlufttechnik". 2021 wurde nun im Ausschuss kommuniziert, dass nach den anhaltenden Widerständen Lachgas als Ersatz für SF6 europäisch "vom Tisch" ist. Ein anderer direkter Ersatz 1:1 hat sich technisch bisher als nicht möglich erwiesen, so dass noch viele weitere Forschung erforderlich ist.

4.5.3.2 Permethrin in PSA

Permethrin ist ein biozider Wirkstoff, der zum Schutz gegen Parasiten eingesetzt wird, insbesondere gegen Zecken. Wird Kleidung im Herstellungsprozess mit Permethrin imprägniert, wird sie zu einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Zecken. Das Biozid wird durch Spraybehandlung, Tauchbäder in wässrigen Emulsionen, Polymerbeschichtung der Fasern während der Herstellung oder Mikround Nanoverkapselung auf die Kleidung aufgetragen. Personen, die in der Jagd-, Forstwirtschaft oder anderweitig im Wald arbeiten, aber auch Beschäftigte von Straßenmeistereien und der Bundeswehr, können präventiv Arbeitskleidung mit Zeckenschutzmitteln wie Permethrin als PSA tragen. Allerdings kann der Wirkstoff bei Hautkontakt aus der Kleidung freigesetzt und über die Haut aufgenommen werden.

Bereits im März 2020 wurde der erste Norm-Entwurf zu dieser Thematik veröffentlicht: E DIN EN 17487 „Schutzkleidung – Mit Permethrin behandelte Schutzkleidungsstücke zum Schutz gegen Zeckenstiche“. Das Dokument beschreibt Anforderungen und Prüfungen von mit Permethrin behandelter Kleidung, damit der Schutz gegen Zeckenstiche (auch nach einer definierten Anzahl von Waschgängen unter bestimmten Waschbedingungen) gegeben ist. Gleichzeitig erhebt der NormEntwurf den Anspruch, dass die dort beschriebene Kleidung für die Menschen, die sie tragen, „unschädlich“ ist.

Deutschland hat sich in der öffentlichen Umfrage 2020 gegen den im Normentwurf enthaltenen hohen Permethrin-Wert (1 600 mg/m2 Textil) ausgesprochen. Dieser entspricht nicht den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO für Permethrin und ist aus Arbeitsschutzsicht zu hoch. Als feststand, dass der Wert im nächsten Normentwurf (August 2021) trotzdem wieder enthalten war, wurde die KAN von der SVLFG um Unterstützung gebeten. Die KAN-Geschäftsstelle hat daraufhin eine sehr umfangreiche Stellungnahme zum Normentwurf erstellt, da neben dem hohen Permethrin-Gehalt auch an vielen anderen Stellen des Normentwurfs Verbesserungsbedarf gesehen wurde. Außerdem wurde Unterstützung auf europäischer Ebene gesucht. Über das Arbeitnehmerbüro der KAN wurde der ETUC eingebunden, der die Durchsetzung der Kommentare bei CEN aktiv unterstützt hat.

So konnte erreicht werden, dass der Permethrin-Wert gemäß der Forderung des Arbeitsschutzes abgesenkt wurde. Auch viele weitere Punkte wurden umgesetzt, so dass Deutschland bei der Schlussabstimmung zugestimmt hat. Allerdings wird nach wie vor der Bedarf für weitere Forschung zum Verhalten von Permethrin in Kleidung gesehen. Das betrifft vor allem die Unterschiede hinsichtlich der Freisetzung von Permethrin nach Anwendung verschiedener Imprägnierverfahren sowie die Faktoren, die die Aufnahme unter verschiedenen Praxisbedingungen beeinflussen (z. B. körperliche Belastung). Der Forschungsbedarf wird mit dem europäischen Normungsgremium diskutiert, um mögliche Aktivitäten über CEN europäisch auf mehrere Schultern zu verteilen und somit eine breite europäische Akzeptanz zu generieren. Dabei könnte Deutschland anbieten, einen Baustein zu übernehmen.

Erst wenn die Imprägnierverfahren standardisiert sind und klar ist, inwiefern diese auf die Freisetzungsrate und damit die Aufnahme durch den Menschen unter verschiedenen Bedingungen Einfluss haben, ist eine Risikobeurteilung wirklich möglich.

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4.6 Forschungskoordination

4.6.1 Arbeitskreis Forschungskoordination der DGUV

Der Arbeitskreis Forschungskoordination der DGUV setzt sich aus Vertretern und Vertreterinnen der DGUV-Institute IAG (Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV), IFA (Institut für Arbeitsschutz) und IPA (Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV), der DGUV Forschungsförderung sowie den DGUV Hauptabteilungen Sicherheit und Gesundheit (SiGe) und Versicherung und Leistungen (VL) sowie der KAN-Geschäftsstelle zusammen. Im Arbeitskreis koordinieren die Mitglieder ihre Forschungsarbeiten. Einige der Forschungsarbeiten der DGUV-Institute sind von großer Bedeutung für Arbeitsschutzaspekte in der nationalen, europäischen und internationalen Normung und damit ein sehr wichtiger Präventionsbeitrag. Die normungsbegleitende Forschung ist im "Positionspapier für die Forschung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung“ als ein Beispiel für den Schwerpunkt der nationalen, europäischen und internationalen Initiativen aufgeführt.

Die KAN-Geschäftsstelle berichtet über geplante und laufende Studien und Projekte der KAN. Sie macht auch auf im Normungsprozess identifizierte Forschungsbedarfe aufmerksam, damit die Interessen des Arbeitsschutzes möglichst frühzeitig in die Regelerstellung einfließen. Zudem wird sie bei der Bewertung von Forschungsanträgen mit Auswirkungen auf die Normung bei Bedarf mit ihrer Expertise hinzugezogen und wirkt in spezifischen Arbeitsgruppen des Arbeitskreises mit.

5 Öffentlichkeitsarbeit

Der Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit wurde als eigenständige Organisationseinheit im Mai 2020 neu zusammengestellt, womit alle Aktivitäten in diesem Bereich zentral zusammengeführt wurden. Die KAN-Geschäftsstelle unterstützt damit das 2018 verabschiedete Entwicklungsziel, die Bekanntheit zu steigern und damit ihre Schlagkraft als Institution zu verstärken.

Dazu setzt der neu geschaffene Bereich auf eine klare Positionierung als Wiedererkennungsfaktor: Die KAN versteht sich als Forum, in dem verschiedene Akteure auf Augenhöhe kommunizieren. Ihre Neutralität ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Thematisch ist sie die Interessenvertretung des Arbeitsschutzes in der Normung. Normung ist ein wichtiges Werkzeug zur Unterstützung des Arbeitsschutzes.

Der Schwerpunkt der Kommunikationsaktivitäten liegt auf der Fachkommunikation mit etablierten Formaten wie der Website, Messestandaktivitäten oder weiteren Veranstaltungen sowie dem KANBrief. Hinzu kommen neu implementierte Formate wie Podcasts, eine intensivere Pressearbeit in Richtung Fachmedien und Nachrichten zu Fachthemen aus den Bereichen Arbeitsschutz und Normung sowie zu Aktivitäten der KAN. Ergänzt wird diese Fachkommunikation um Aktivitäten in sozialen Medien. Nachfolgend werden diese Handlungsfelder und Maßnahmen auszugsweise skizziert.

5.1 KANBrief

Die kostenlose Informationsschrift KANBrief informiert viermal pro Jahr über Arbeitsergebnisse und Positionen der KAN und beleuchtet nationale, europäische und internationale Themen und Entwicklungen im Bereich Arbeitsschutz und Normung.

Der KANBrief erscheint in einer dreisprachigen Druckfassung auf Deutsch, Englisch und Französisch, im Internet zusätzlich auf Italienisch und Polnisch. Aufgrund der Mehrsprachigkeit spricht der KANBrief nicht nur Arbeitsschutzfachleute in Deutschland, sondern auch auf europäischer und internationaler Ebene an.

Die behandelten Themen und Schwerpunkte der vier Ausgaben 2021 sind in der Übersicht der Vorträge und Veröffentlichungen aufgeführt.

Neues Layout

Seit der Ausgabe 1/21 erscheint der KANBrief in einem neu gestalteten Layout. Mit einer neuen Gestaltung und veränderten redaktionellen Formaten wird die Attraktivität für die (potentielle) Leserschaft erhöht. Zugleich wurden mit der Neugestaltung die Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit von PDFDokumenten umgesetzt.

Verbreitung

Mit durchschnittlich rund 5.800 Exemplaren (für knapp 5.300 Abonnenten) ist die Druckauflage 2021 gegenüber dem Vorjahr um etwa 4 Prozent gesunken. Gleichzeitig hat jedoch die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger der elektronischen Version weiter zugenommen.

Der KANBrief wird aktuell in 60 Länder versandt. 30 Prozent der Printexemplare jeder Ausgabe gehen ins Ausland. Dabei stellen die EU-Mitgliedstaaten mit 21 Prozent den größten Anteil. In der Rubrik „Europa Rest“ sind das Vereinigte Königreich, die Schweiz, die Russische Föderation, die Türkei und Norwegen am stärksten vertreten.

Mit 46 Prozent aller Print-Exemplare stellen Unternehmen und Wirtschaftsverbände die größte Empfängergruppe dar. 13 Prozent erreichen die für die Regelsetzung besonders wichtigen Ministerien/Behörden, mehr als ein Drittel davon im Ausland. Weitere größere Abonnentengruppen sind Unfallversicherungsträger, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie Normungsinstitutionen.

KANBrief elektronisch

Knapp 2.200 Personen – etwa 100 mehr als im Vorjahr – werden per KANMail über das Erscheinen jeder neuen KANBrief-Ausgabe informiert. Sie können in der gewünschten Sprache unmittelbar auf die PDF-Gesamtdatei oder gezielt auf einzelne Artikel auf der KAN-Website zugreifen.

Online gab es 2021 rund 70.000 Zugriffe auf die KANBrief-Seiten und damit rund 5.000 mehr als im Vorjahr. Die Hälfte davon entfiel auf deutsche Artikel, 18 Prozent auf französische, 16 Prozent auf polnische, 10 Prozent auf englische und 6 Prozent auf italienische Seiten. Wie im Jahr 2020 wurden 2.000 Mal vollständige KANBriefAusgaben als PDF-Datei heruntergeladen.

Neben den aktuellen Ausgaben verzeichneten auch ältere Artikel teils mehrere hundert Zugriffe. Dies gilt vor allem für Artikel, die grundlegende Informationen vermitteln (z.B. Normenreihe DIN EN ISO 10075 zu psychischer Belastung, Ergonomie, Normungsverfahren, Vermutungswirkung, PSA, Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen), aber auch für Arbeitsschutzthemen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben (z.B. Exoskelette, Industrie 4.0, künstliche Intelligenz).

Kooperation mit anderen Publikationen

Die Zeitschrift „Hygiène et sécurité du travail (HST)“ des INRS und das Magazin „tema“ des Bundesverbandes höherer Berufe der Technik, Wirtschaft und Gestaltung übernehmen seit mehreren Jahren in jeder Ausgabe einen Artikel aus dem KANBrief. Auch von verschiedenen anderen Printmedien erhielt die KANBrief-Redaktion 2021 Anfragen zum Nachdruck einzelner Artikel. Besonders gefragt waren die Themen Künstliche Intelligenz, Nutzergewicht in Normen und Permethrin in PSA zum Schutz vor Zeckenstichen.

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5.2 Messestandaktivitäten

Bei regionalen und internationalen Fachveranstaltungen mit begleitender Ausstellung stellt die KAN-Geschäftsstelle die Arbeit der KAN unterschiedlichen Kreisen vor. Die Recherche nach Auftrittsmöglichkeiten erfolgt vor allem zielgruppenorientiert. In der Rubrik „KAN unterwegs“ im Servicebereich der KAN-Homepage sind alle kommenden und vergangenen Messestandaktivitäten gelistet.

Pandemiebedingt zeigten sich auch in 2021 Organisatoren von Fachveranstaltungen zurückhaltend und zögerten die Planung ihrer Aktivitäten bis auf Weiteres hinaus. Dennoch zeigte sich die KAN-Geschäftsstelle im Oktober bei drei Messeeinsätzen:

  • 12. bis 14. Oktober: Maschinenbautage Köln mit Maschinenrechtstag und Konferenz Maschinenrichtlinie: Auf großes Interesse stießen vor allem die KANPraxis-Angebote sowie der KANBrief.
  • 26. Oktober: Betriebsleitertagung der Südwestmetall e.V. in Stuttgart: KAN-Infostand.
  • 26. bis 29. Oktober: A+A 2021 Düsseldorf: Auf der weltweit größten Fachmesse im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit war die KAN mit einer Anlaufstelle auf dem Gemeinschaftsstand der DGUV vertreten. Die Aktivitäten der KAN umfassten u.a. eine Expertenrunde zu den nichtvisuellen Wirkungen von Licht und Kurzinterviews zu unterschiedlichsten Themen. 

Aus zahlreichen Gesprächen mit interessierten Messebesuchern zu unterschiedlichsten Fachthemen zieht die KAN-Geschäftsstelle eine durchweg positive Bilanz. Diese Auftritte unterstreichen eindrücklich den Wert des persönlichen Austauschs. Alternative Maßnahmen wie ein Online-Messestand sind vielmehr eine Ergänzung als ein adäquater Ersatz. Sowohl die Reichweite als auch die Qualität des Austausches ist in Präsenz deutlich höher.

5.3 KAN-Webseite www.kan.de

Im Berichtszeitraum wurden gut 77.000 Besuche mit mehr als 142.000 Seitenaufrufen auf www.kan.de registriert. Das entspricht einer Steigerung von über 11% zum Vorjahr. Gut ein Drittel der Seitenaufrufe waren Zugriffe auf die übersetzten Versionen, wie in der Grafik zu sehen ist.

Die Vollversion der deutschen KAN-Website steht ungekürzt in Englisch zur Verfügung. In Französisch werden der KANBrief sowie die aktuellen Nachrichten angeboten. Darüber hinaus sind die KAN-Studien abrufbar, da diese jeweils eine französische Kurzfassung beinhalten. In den Sprachen Italienisch und Polnisch steht der KANBrief als PDF zum Download bereit.

KAN-Publikationen und weitere externe Dokumente werden im PDF-Format zum Herunterladen angeboten. Im Berichtszeitraum nutzten die User diese Angebote rund 5.200 Mal. Wie in den Jahren zuvor wurden die Publikationsseiten am häufigsten besucht – deutlich angeführt vom KANBrief.

Der Fokus bei den KAN-Studien lag 2021 wieder auf der Literaturstudie „Gesicherte arbeitsschutzrelevante Erkenntnisse über die nichtvisuelle Wirkung von Licht auf den Menschen“, die im August 2018 veröffentlicht wurde. Am zweithäufigsten wurde die Studie „Rechtsprechung zu technischen Normen und normenähnlichen Dokumenten hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheit und Gesundheitsschutz“ von 2016 nachgefragt.

Seit Ende des Jahres ist ein datenschutzkonformer Cookie-Banner im Einsatz. Darüber hinaus finden sich auf den neu eingerichteten Presse-Seiten unter dem Hauptmenüpunt "KAN: Das Projekt" Informationen für und Kontaktdaten für Medienvertreter.

Das Content-Management-System, mit der die Seite gepflegt wird, wurde aktualisiert und auf einen aktuellen technischen Stand gebracht. Damit wird unter anderem die Kompatibilität mit aktuellen Hosting-Umgebungen sichergestellt. Im Zuge dieses Upgrades wurde auch das Layout des Internetauftritts modernisiert.

5.4 Nachrichten

Die Rubrik „Nachrichten“ auf der Startseite der KAN-Homepage informiert regelmäßig über aktuelle Themen aus den Bereichen Arbeitsschutz und Normung, aber auch aus den verschiedenen Arbeitsgebieten und Schwerpunkten aus der Arbeit der KAN-Geschäftsstelle. Seit 2020 wurden die Aktivitäten in diesem Bereich deutlich intensiviert. In 2021 wurden insgesamt 134 Nachrichten veröffentlicht (2020:70).

Die Zugriffszahlen auf die Nachrichtenseiten haben sich mit über 15.500 Zugriffen im Vergleich zum Vorjahr (2020: 7.700 Zugriffe) mehr als verdoppelt, wie die statistische Auswertung zeigt. Mit fast 1100 Zugriffen stieß die Nachricht vom 21. Januar 2021 zur "beschlossenen Corona Arbeitsschutzverordnung" auf besonderes Interesse. Der Nachrichtenbereich ist damit ein wesentlicher Informationskanal für die Zielgruppen der KAN.

Seit Oktober 2021 wird die KANMail als Newsletter versendet und greift im etwa sechswöchigen Rhythmus - neben den Themen des aktuellen KANBrief - Nachrichten der KAN-Homepage auf. Insbesondere Themen aus der Arbeit der KAN, neue Veröffentlichungen und Berichte von Veranstaltungen erfahren in diesem Zusammenhang eine weitere Verbreitung.

5.5 Podcast

Nachdem die KAN in 2020 mit dem neuen Podcast-Format gestartet ist, sind 2021 vier weitere Folgen zu den Themen Ergonomie, Schulranzen, digitalisierte Landwirtschaft und Schutzkleidung gegen Zecken erschienen.

In 2021 wurde der Podcast der KAN etwa 1.700 Mal heruntergeladen oder gestreamt. Es gab mehr als tausend Hörerinnen und Hörer und der Kanal hat mehr als 650 Abonnentinnen und Abonnenten bei den verschiedenen Podcast-Plattformen.

Unter dem Motto "Arbeitsschutz, Normung und Regelsetzung verständlich erklärt" widmet sich der Podcast verschiedensten Themen aus dem Umfeld der KAN-Arbeit. Der Podcast wird in allen relevanten Portalen für Podcasts und auf der KAN-Internetseite angeboten.

5.6 Pressearbeit

Um die Reichweite und öffentliche Wahrnehmung weiter zu steigern und den Multiplikatoreneffekt von Medien noch effektiver und zielgerichteter zu nutzen, intensiviert der Bereich Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit seine Aktivitäten in der Pressearbeit. Dazu wurden bereits 2020 wichtige Zielmedien unter anderem aus Bereichen, die den Arbeitsschutz und die Normung betreffen, identifiziert und ein entsprechender Presseverteiler erstellt. Seitdem gab es zahlreiche Gespräche mit Journalisten und das Netzwerk wird kontinuierlich erweitert. Ziel ist es, die KAN als wichtigen Impulsgeber in den Bereichen Arbeitsschutz und Normung zu etablieren und als gefragter Gesprächspartner für Journalisten regelmäßig in der Berichterstattung vertreten zu sein. In 2021 trug die Ausweitung der Aktivitäten in der Pressearbeit bereits Früchte: Aktuelle Fachthemen und Arbeitsergebnisse aus der KAN-Arbeit wurden in relevanten Fachmedien platziert.

5.7 Social Media

Ende 2020 startete die KAN ihre Aktivitäten auf verschiedenen Social-MediaPlattformen. Neben dem KAN-Twitter-Kanal, den es bereits seit 2011 gibt, ist die KAN nun auch bei Instagram aktiv. Zudem wird das Netzwerk LinkedIn über die Unternehmensseite der KAN nun mit aktuellen Informationen gespeist.

Auf Twitter hat die KAN mehr als 700, auf LinkedIn mehr als 270 und auf Instagram bisher circa 140 Follower. Themen auf Social-Media sind Arbeitsschutz, Normung und Regelsetzung, die den Followern auf einfache Art und Weise präsentiert werden. Während über den LinkedIn-Auftritt und das Twitter-Profil vor allem die bestehende Community erreicht wird, sollen auch vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen durch Instagram perspektivisch neue Zielgruppen erschlossen werden. Ein Großteil wird dabei durch in der KAN-Geschäftsstelle erstellte Inhalte (Bilder, Grafiken, Videoclips) abgedeckt. Ziel ist unter anderem, Arbeitsschutz und Normung und auch die KAN selbst verstärkt in den Fokus zu rücken.

5.8 Bewegtbild

Bewegtbild ist als etablierte Darstellungsform aus der professionellen Kommunikation kaum mehr wegzudenken. Daher hat die KAN-Geschäftsstelle ihre Aktivitäten in diesem Bereich deutlich ausgeweitet. Kurze Videoclips erlauben durch ihre vielfältigen und anschaulichen Darstellungsmöglichkeiten einen niedrigschwelligen Einstieg in die mitunter komplexen Themen der KAN. Zudem können hiermit neue Zielgruppen erschlossen und an die KAN gebunden werden. Neben einem im Sommer 2021 veröffentlichten Erklärfilm, der die KAN an sich vorstellt, befinden sich weitere Clips aus Bereichen der KAN-Facharbeit in der Produktion. Das Bewegtbild-Format fügt sich nahtlos ein in die intensivierten SocialMedia-Aktivitäten der KAN-Geschäftsstelle

5.9 Veranstaltungen

Bei der internationalen Konferenz „HCI International 2021“ (Human-Computer Interaction) hat die KAN-Geschäftsstelle eine eigene virtuelle Session zum Thema „Artificial intelligence: Opportunities and challenges for occupational safety and health“ organisiert. Die Veranstaltung bot Gelegenheit, Fachleute für die Mensch-Computer-Interaktion aus der internationalen Forschung und Wissenschaft für die Bedeutung von Arbeitsschutz und Normung im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz zu sensibilisieren.

5.10 Relaunch der Internetseite der Normen-Recherche Arbeitsschutz (NoRA)

Die Internetseite der Normen-Recherche Arbeitsschutz wurde 2021 komplett neu aufgesetzt. Die bisherige Seite war technisch veraltet, so dass auch aus Sicherheitsgründen ein Relaunch nötig war.

Das Design der Seite NoRA orientiert sich an den anderen Internetauftritten der KAN. Der Versand des monatlichen Newsletters NoRA-Ticker wurde professionalisiert und ein Abonnement ist nun auch auf der englischsprachigen Seite möglich.

Neu ist das auf der Startseite zentral platzierte Suchfeld, dass den Einstieg in die Normenrecherche erleichtern soll.

Wie die alte Seite von NoRA ist auch der neue Auftritt an das Präventionsforum+ angegliedert, so dass bei Suchen über diese Plattform auch Ergebnisse aus der NoRA-Datenbank angezeigt werden

5.11 Weiterbildung im Bereich Arbeitsschutz und Normung

Die KAN hat im Jahr 2021 verschiedene Weiterbildungsformate durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks wurde eine dreitägige Workshop-Reihe online durchgeführt. Unter dem Titel "Normung und Arbeitsschutz praktisch: Wissen. Finden. Anwenden." erhielten die ca. 30 Teilnehmenden Einblicke in die Normung und tauschten sich zu praktischen Anwendungsfällen aus. Auch normungspolitische Themen wurden behandelt.

Das Seminar "Grundlagen der Normungsarbeit im Arbeitsschutz" in Zusammenarbeit mit dem IAG fand 2021 erneut online statt. Durch die interaktive Gestaltung der Seminarinhalte hatten die Teilnehmenden ein abwechslungsreiches Seminar mit guten Lernerfolgen.

Für eine Gruppe von Teilnehmenden des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration bzw. der zugehörigen Regierungspräsidien hat die KAN-Geschäftsstelle 2021 eine eintägige Online-Schulungsveranstaltung angeboten. Themen waren der Normungsprozess, die Einflussmöglichkeiten des Arbeitsschutzes aber auch die Rolle der Normung in Europa.

Weiterhin wurde wieder ein Lehrauftrag im Studiengang „Management Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ an der Dresden International University (DIU) angenommen. Die Studierenden erwerben in dem berufsbegleitenden Studiengang den Abschluss „Master of Science“. Das Thema „Normung“ ist Bestandteil des Moduls „Organisation von Sicherheit und Gesundheit“. Die Vorlesung wurde zum zweiten Mal online durchgeführt und von den 30 Teilnehmenden sehr gut angenommen.

Die KAN-Geschäftsstelle wurde eingeladen, im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des VDRI - Verein der Aufsichtspersonen und anderen Präventionsexperten in Deutschland e.V. über "Entscheidungswege in der Europäischen Union" zu informieren. Den Teilnehmenden wurden die politischen und Verwaltungsstrukturen der Europäischen Union erläutert und am Beispiel der laufenden Überarbeitung des Rechtsaktes zu Maschinen der Ablauf des europäischen Gesetzgebungsverfahrens dargestellt.

Im Rahmen des Lehrgangs "Geprüfter Fachberater für Persönliche Schutzausrüstungen" des Verbandes Technischer Handel (VTH) unterrichtete die KAN-Geschäftsstelle die Teilnehmenden über Normung. Der Stellenwert der Normung im europäischen Kontext, der Normungsprozess und die Einflussmöglichkeiten auf die Normerstellung wurden erläutert. Ein Fokus lag auf der Struktur der Normungsorganisationen im Bereich Persönlicher Schutzausrüstungen.